Leitsatz (amtlich)
1. Der Versicherer kann sich nach Treu und Glauben nicht auf den Fristablauf nach § § 12 Abs. 3 VVG berufen, wenn er im Zeitpunkt des mit der Fristbelehrung verbundenen Ablehnungsschreibens bereits wissen musste, dass der Versicherungsnehmer kurz zuvor irrig Klage gegen den mit den Regulierungsverhandlungen beauftragten Versicherungsagenten bzw. Makler erhoben hat, gleichwohl einen Hinweis auf sich als richtigen Versicherer unterlässt und sich im Prozess erst nach erfolgtem Parteiwechsel und Ablauf der Frist des § 12 Abs. 3 VVG auf diese beruft.
2. Zur Frage, ob dem Versicherer wegen seines Verhaltens nach Klagerhebung unter dem Gesichtspunkt von § 242 BGB das Berufen auf den Fristablauf des § 12 Abs. 3 VVG versagt werden kann, wird die Revision zugelassen.
3. Der Versicherer ist nicht nach § 61 VVG leistungsfrei, wenn der Versicherungsnehmer an Bord seines in einem Hafen liegenden Schiffes zwar die Netzschlüssel für die Elektrik hat stecken und die Motorenschlüssel in einem nicht verschlossenen Fach hat liegen lassen, aber nicht festgestellt werden kann, ob das Schiff überhaupt mit Hilfe dieser Schlüssel gestartet oder ob es durch ein anderes Schiff aus dem Hafen geschleppt wurde.
Verfahrensgang
LG Hannover (Urteil vom 14.01.2003; Aktenzeichen 17 O 229/02) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das am 14.1.2003 verkündete Urteil der 17. Zivilkammer des LG Hannover abgeändert und festgestellt, dass die Beklagte zu 2) aufgrund des zwischen den Parteien bestehenden Versicherungsvertrages (Versicherungsscheinnummer …) verpflichtet ist, ihm den Schaden, abzgl. des vereinbarten Selbstbehaltes, zu ersetzen, der dem Kläger aus dem in der Nacht vom 27.3. zum 28.3.2001 in …, …, erfolgten Diebstahl der M. „…”, Typ …, Baujahr 1989, entstanden ist.
Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz trägt der Kläger die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1) sowie die Gerichtskosten, die durch die Anrufung der unzuständigen Gerichte (AG Hannover – 537 C 17929/01, LG Hannover – 17 O 36/02 und LG Heilbronn – 4 O 61/02 Hf) entstanden sind. Die übrigen Gerichtskosten sowie die außergerichtlichen Kosten des Klägers im Verfahren vor dem LG Hannover, Urteil vom 14.1.2003 – 17 O 229/02 trägt die Beklagte zu 2). Im Übrigen findet eine Kostenerstattung nicht statt.
Die Kosten des Berufungsverfahrens zzgl. der außergerichtlichen Kosten des Streithelfers des Klägers trägt die Beklagte zu 2).
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien können die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, sofern nicht die jeweils andere Partei oder der Streithelfer vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger macht gegen die Beklagte zu 2) Ansprüche wegen des Diebstahls seiner Yacht „…”, Typ …, Baujahr 1989, geltend. Im Juni 1998 erwarb der Kläger das Boot zum Preis von 346.240 DM (Bl. 10 – 12 d.A.). Ausweislich des Vertrages vom 3.5.2000 war die Yacht bei der Beklagten zu 2) mit einer Summe von 295.000 DM bei einer Selbstbeteiligung von 2.000 DM kaskoversichert (Bl. 13 – 17 d.A.). Dem Vertrag liegen die AVB Wassersportfahrzeuge 1993 zugrunde (Bl. 18 – 21 d.A.). Am Ende des Deckblatts des Versicherungsscheins heißt es (Bl. 13 d.A.):
„In Vollmacht des Versicherers
…
…
Wassersport Versicherungen”.
Die Motoryacht wurde in der Nacht vom 27. auf den 28.3.2001 aus dem Hafen von … in … entwendet. Das Boot war am 27.3.2001 vom Personal des Hafens vom Landliegeplatz im Hafengelände zu Wasser gelassen worden, um es am 28.3.2001 auf den vom Kläger angemieteten Liegeplatz in den Hafen zu verbringen (Bl. 3 d.A.; vgl. ferner Bericht des Havariekommissariats … vom 10.4.2001, Bl. 188 – 192 d.A.). Der Kläger meldete den Schadensfall zunächst der Beklagten zu 1), die mit Einverständnis der Beklagten zu 2) zunächst die Regulierungsverhandlungen führte. Das von dieser eingeschaltete Sachverständigenbüro … übersandte dem Kläger mit Schreiben vom 4.4.2001 eine Niederschrift über die vom Kläger gemachten Angaben und bat um deren schriftliche Bestätigung, die der Kläger am 17.5.2001 abgab (Bl. 126 – 130 d.A.). Dort es heißt es u.a.:
„h 2) Der Zugang in die Yacht erfolgt durch eine Tür von Deck in den Salon, die mit einem Sicherheitsschloss versehen ist. Zu diesem Schloss gibt es zwei Schlüssel, einer wurde uns von Ihnen überlassen, ein weiterer befindet sich noch im Hafenbüro bei „…”.
h 3) Für den Motorstart benötigt man je Motor einen Zündschlüssel, diese befanden sich in zweifacher Ausfertigung in einer abgedeckten Ablage unterhalb des Fahrstandes an Bord.
h 4) Zur Inbetriebnahme der elektrischen Einrichtung gab es drei abschließbare Hauptschalter … im Schalt und Sicherungskasten. Die Hauptschalter wurden von Ihnen regelmäßig benutzt, die Schlüssel blieben üblicherweise auf den Schlössern stecken.”
Mit weiterem Schreiben vom...