Entscheidungsstichwort (Thema)
Anwaltspflichten gegenüber rechtsschutzversicherten Mandanten
Leitsatz (amtlich)
Die dreijährige Verjährungsfrist der §§ 195, 199 BGB beginnt in dem Fall, das ein Rechtsanwalt pflichtwidrig Klage erhebt, bevor die Rechtsschutzversicherung eine Kostendeckungszusage erteilt, nicht zwangsläufig mit Eingang der Klage bei Gericht zu laufen. Ihr Beginn hängt vielmehr von dem Zeitpunkt der Schadensentstehung ab. Der Schaden tritt aber bei einer im Übrigen nicht von vornherein aussichtlosen Klage regelmäßig frühestens dann ein, wenn sich der Verlust des Prozesses konkret abzeichnet.
Normenkette
BGB §§ 195, § 199 ff., § 280 Abs. 1; VVG § 12 Abs. 3
Verfahrensgang
LG Hannover (Urteil vom 17.09.2007; Aktenzeichen 20 O 88/07) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers und unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels wird das am 17.9.2007 verkündete Urteil der 20. Zivilkammer des LG Hannover teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst.
Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 7.195,50 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.3.2007 sowie weitere 837,52 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 430,66 EUR seit dem 30.3.2007 und aus weiteren 406,86 EUR seit dem 15.12.2007 zu zahlen sowie den Kläger hinsichtlich der Rückforderung von Versicherungsleistungen durch die X-Rechtsschutz-Schadensservice GmbH gem. Schreiben vom 4.10.2006 i.H.v. 754,28 EUR freizustellen.
Zug um Zug gegen Abtretung etwaiger Ansprüche des Klägers gegen die X-Rechtsschutz-Schadensservice GmbH zu Schaden Nr../03 betreffend den Rechtsstreit gegen die Y-Lebensversicherung AG.
Es wird festgestellt, dass den Beklagten Forderungen ggü. dem Kläger aus der Gebührenrechnung Nr. 20060062 vom 6.7.2006 i.H.v. weiteren 1.106,06 EUR nicht zustehen. Der weitergehende Feststellungsantrag wird als unzulässig verworfen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits haben die Beklagten als Gesamtschuldner zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger nimmt die Beklagten, die Beklagte zu 1 war seine frühere Rechtsanwältin, als Gesamtschuldner auf Schadensersatz bzw. Freistellung in Anspruch bzw. begehrt die Feststellung, dass den Beklagten ihm gegenüber keine Forderungen mehr zustehen.
Der Kläger beauftragte die in Sozietät verbundenen Beklagten Anfang 2003 zunächst mit der außergerichtlichen Geltendmachung von Versicherungsleistungen aus einer Berufsunfähigkeitszusatzversicherung ggü. der Y-Lebensversicherung AG mit der Begründung, er sei seit März 2002 voraussichtlich dauernd zumindest 50 % außer Stande, seinen bisherigen Beruf auszuüben, wohingegen der Versicherer von einer Berufsunfähigkeit von nur 20 % ausging, die zu Versicherungsleistungen nicht verpflichtete. Die Beklagte zu 1 nahm - nach Rücksprache mit der Rechtsschutzversicherung des Klägers - die Versicherung zunächst - erfolglos - außergerichtlich in Anspruch. Anlass für das Tätigwerden der Beklagten zu 1 war dabei ein Schreiben der Y-Versicherung AG vom 7.2.2003, wonach diese eine Ausschlussfrist gem. § 6 der Bedingungen für die Berufsunfähigkeitszusatzversicherung i.V.m. § 12 VVG in Gang gesetzt hatte, die zunächst am 7.8.2003 ablaufen sollte, später aber noch einmal bis 7.10.2003 verlängert wurde.
Da eine außergerichtliche Einigung mit der Y-Lebensversicherung AG nicht zustande kam, fertigte die Beklagte zu 1 vor Ablauf der vorstehend genannten Ausschlussfrist unter dem 2.10.2003 die als Anlage K 2 (Bl. 10 ff. d.A.) zu den Akten gereichte Klagschrift und reichte sie am selben Tag bei Gericht ein (vgl. Beiakten 20 O 272/03), worüber sie sowohl den Kläger als auch dessen Rechtsschutzversicherung in Kenntnis setzte. Die Klagschrift enthielt den Antrag, die Y-Lebensversicherung AG zu verurteilen, an den Kläger 20.540 EUR nebst Zinsen zu zahlen, sowie ab dem 1.11.2003 monatliche Rentenzahlungen i.H.v. 2.050,04 EUR zu erbringen. Das LG setzte mit Beschluss vom 31.10.2003 den Streitwert auf insgesamt 106.641,68 EUR (20.540 EUR für den Antrag zu 1 und 86.101,68 EUR für den Antrag zu 2, Bl. 25d. BA) fest. Mit Schreiben vom 6.10.2003 (Anlage B 5) und 12.11.2003 (Anlage B 6) lehnte der Rechtsschutzversicherer indes eine Deckungszusage für den auf zukünftige Rentenzahlung gerichteten Klagantrag zu 2 ab. Hierüber informierte die Beklagte zu 1 den Kläger mit Schreiben vom 17.11.2003 (Anlage B 7) und empfahl, insoweit Deckungsklage zu erheben. Dieser Anregung kam der Kläger nicht nach, sondern wandte sich (unterstützt von der Beklagten zu 1) - bereits mit Schreiben vom 11.11.2003 (Anlage B 8) - an den Versicherungsombudsmann e.V., um auf diese Weise eine Deckungszusage zu erreichen. Dieses Verfahren hatte jedoch ebenfalls keinen Erfolg. Mit Schreiben vom 13.5.2004 (Anlage K 3, Bl. 18 f. d.A.) wies der Versicherungsombudsmann e.V. die Beschwerde des Klägers zurück.
Das LG wies die Klage - nach Beweisaufnahme u.a. durch Einh...