Leitsatz (amtlich)
1. Von der Ausschlussklausel für "Gesundheitsschäden durch Heilmaßnahmen und Eingriffe" werden alle Akte erfasst, die den Eingriff vorbereiten bzw. begleiten. Erfasst werden auch Unfälle, zu denen es nach Heilmaßnahmen und Eingriffen kommt, soweit der innere Zusammenhang reicht (hier: Sturz während der Narkoseeinleitung).
2. Die Ausschlussklausel für "Gesundheitsschäden durch Heilmaßnahmen und Eingriffe" ist weder unklar noch mehrdeutig. Sie hält einer Inhaltskontrolle stand.
Normenkette
BGB §§ 305c, 307; AUB 200 Nr. 2.1.1.1; AUB 2000 Nr. 5.2.3
Verfahrensgang
LG Hannover (Urteil vom 21.04.2009; Aktenzeichen 2 O 176/08) |
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das am 21.4.2009 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des LG Hannover wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird gestattet, die Vollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe eines die vollstreckbare Forderung um 10 % übersteigenden Betrages abzuwenden, soweit nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
A. Der Kläger unterhält bei der Beklagten eine Unfallversicherung, der die Allgemeinen Unfallversicherungs-Bedingungen der ... Gesellschaften - ... AUB 2000 (Bl. 9 ff. d.A.) - zugrunde liegen.
Der Kläger befand sich in stationärer Behandlung im Krankenhaus ..., wo er am 14.12.2006 an der HWS und der Schilddrüse operiert wurde.
Nach dem Vortrag des Klägers wurde er bei der Narkoseeinleitung vor der Operation vom Pflegepersonal auf den Fußboden fallen gelassen. Ein Krankenpfleger, der ihn von vorn unter dem Brustkorb habe hochheben wollen - wohl zwecks Umbettung - habe ihn nicht mehr halten können, so dass er vornüber vom Bett herunter gegen einen metallischen Gegenstand gefallen sei und sich dabei verletzt habe (Einzelheiten S. 4 der Klagschrift).
Mit Schreiben vom 27.2.2007 (Bl. 18 d.A.) bestätigte die Beklagte den Eingang einer Unfallschilderung des Klägers, wies auf fehlende Unterlagen zur behaupteten Verletzung und weiter darauf hin, dass nach Ziff. 5.2.3 der AUB Gesundheitsschäden durch Heilmaßnahmen sowie durch Eingriffe, unabhängig von ihrem Zweck, am Körper der versicherten Person vom Versicherungsschutz ausgeschlossen seien. Es bestehe daher kein Anspruch auf Leistungen. Diese Ablehnung wiederholte sie mit Schreiben vom 7.3.2008 (Bl. 34 d.A.). Anlass für das letztgenannte Schreiben der Beklagten war ein Schreiben des Klägers vom 2.3.2008 (Bl. 51 d.A.), worin er der Beklagten kurz und ohne weitere Angaben oder Anlagen mitgeteilt hatte, ein Invaliditätsfall sei eingetreten. Gegenüber seiner weiteren privaten Unfallversicherung, der ... Versicherungen, belegte der Kläger eine Invalidität durch ärztliche Bescheinigungen von März und April 2008 (Bl. 56 f.). Mit Schreiben vom 30.4.2008 (Bl. 35 d.A.) antwortete die Beklagte auf ein Anwaltsschreiben des Klägers und erklärte darin, dass zur Prüfung, ob möglicherweise Versicherungsschutz bestehe, noch weitere Informationen benötigt würden.
Der Kläger hat gemeint, ihm stünde der Anspruch in der geltend gemachten Höhe zu. Die unfallbedingt eingetretene Invalidität betrage 30 % bei einer Invaliditätssumme i.H.v. 76.000 EUR (Bl. 8 d.A.). Er habe den streitgegenständlichen Unfall fristgemäß angezeigt. Die Berufung der Beklagten auf die Versäumung der Frist zur ärztlichen Feststellung sei treuwidrig. Die Beklagte sei verpflichtet gewesen, den Kläger auf die 15-monatige Feststellungsfrist gem. Ziff. 2.1.1.1 AUB 2000 hinzuweisen. Wenn der Versicherungsnehmer wie vorliegend der Kläger selbst mit seinem Schreiben vom 2.3.2008 auf einen unfallbedingten Dauerschaden hinweise, dürfe er darauf vertrauen, dass der Versicherer alles Weitere in die Wege leiten werde. Ein Berufen auf den Fristablauf scheide auch aus, wenn der Versicherer bereits vor Fristablauf seine Leistungspflicht verneint habe.
Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, eine Haftung sei gem. Ziff. 5.2.3 AUB ausgeschlossen. Die Gesundheitsbeeinträchtigung sei adäquat kausal auf den Eingriff beim Kläger zurückzuführen. Eine Invalidität sei nicht fristgemäß ärztlich festgestellt worden; dabei habe eine Belehrungspflicht nicht bestanden, auch deshalb nicht, weil der Kläger aufgrund früherer Vorfälle mit den Gepflogenheiten aus der Unfallversicherung vertraut gewesen sei. Das Schreiben des Klägers vom 15.2.2008 (Bl. 80 d.A.), in dem der Kläger ein Formular für eine ärztliche Bescheinigung anfordert und gleichzeitig auf ärztliche Angaben in einer Anlage verweist, kenne sie nicht.
Das LG hat mit Beschlüssen vom 29.9. und 18.11.2008 Hinweise erteilt und darin darauf hingewiesen, dass die Anspruchsvoraussetzung der fristgerechten ärztlichen Feststellung nicht als gegeben angesehen werden könne. Es hat sodann mit Urteil vom 21.4.2009 die Klage abgewiesen. Es fehle an der Anspruchsvoraussetzung der fristgerechten ärztlichen Feststellung der...