Leitsatz (amtlich)
Im Bauprozess ist die auf Feststellung des Bestehens von Mängeln gerichtete Klage in der Regel mangels Rechtsschutzinteresses unzulässig, weil durch die Fesstellung von Mängeln und deren Beseitigungspflicht eine Leistungsklage nicht unvermeidbar wird.
Verfahrensgang
LG Hannover (Urteil vom 22.02.2006; Aktenzeichen 12 O 16/05) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 22.2.2006 verkündete Urteil der 12. Zivilkammer des LG Hannover aufgehoben.
Der Rechtsstreit wird an das LG zurückverwiesen, das auch über die Kosten des Berufungsverfahrens zu entscheiden hat.
Gründe
I. Die inzwischen insolvent gewordene Klägerin hat einen Restwerklohn von 394.712 DM eingeklagt, die Beklagten als Besteller haben knapp 80 Mängel geltend gemacht, die sich aus der Anlage B 4 in Verbindung mit dem Tatbestand (S. 2) des angefochtenen Urteils ergeben und für jeden einzelnen Mangel die Beseitigungskosten bzw. angemessene Minderungsbeträge geschätzt, die sich auf deutlich mehr als 200.000 EUR belaufen. Im Anschluss an die Klageerwiderung - nachdem die Beklagten der von ihnen beauftragten Architektin zunächst den Streit verkündet hatten (Bl. 68) -, haben sie auf Auflage des Gerichts (Bl. 356) im November 2001 (Bl. 385 ff.) diejenigen Mängel zusammengefasst, die ihrer Auffassung nach zum damaligen Zeitpunkt noch vorlagen und dazu teilweise die Beseitigungskosten geschätzt.
Nachdem das LG im September 2002 (Bl. 421 ff.) einen Beweisbeschluss darüber erlassen hatte, welche Leistungen noch zu vergüten seien, hat es durch Beschluss vom Februar 2003 (Bl. 496) eine Beweisaufnahme über die Mängel angeordnet und insgesamt fünf verschiedene Gutachter beauftragt. Die angeforderten Vorschüsse betrugen über 25.000 EUR. Im Dezember 2004 haben die Beklagten dann Widerklage gegen den Werkunternehmer und Drittwiderklage gegen die von ihnen beauftragte Architektin mit dem Antrag erhoben, wegen fast 80 verschiedener im Antrag im Einzelnen bezeichneter Mängel (Bl. 781, 870) festzustellen, dass die Drittwiderbeklagte (Architektin) als Gesamtschuldnerin verpflichtet sei, ihnen sämtliche Schäden zu ersetzen, die durch die Beseitigung der näher bezeichneten Mängel entstehen, verbunden mit dem Vorwurf mangelnder Objektüberwachung.
Der Wert des Streitgegenstandes für die Drittwiderklage ist auf 162.000 EUR festgesetzt, bereits mit Schreiben vom 5.1.2005 ist auf die Bedenken gegen die Zulässigkeit der Feststellungsklage vom LG hingewiesen worden (Bl. 843).
Die Beklagten meinen, der Umstand, dass die Existenz von Mängeln und deren Ursachen sowie die Beseitigungskosten erst durch Sachverständigengutachten festgestellt werden müssten, rechtfertige es, nur eine Feststellungsklage zu erheben.
Das LG hat die Feststellungsklage mangels eines Rechtsschutzbedürfnisses nach einem Hinweis auf eine mögliche Leistungsklage abgewiesen.
Mit ihrer Berufung machen die Beklagten weiterhin geltend, eine Leistungsklage sei ihnen wegen der Unkenntnis über die Ursachen der Mängel und die daraus folgenden Beseitigungskosten unzumutbar, im Übrigen würden sie nach der Feststellung der Ursachen auf eine Leistungsklage übergehen (Bl. 940). Diese Unzumutbarkeit ergebe sich im Übrigen auch aus dem Kostenrisiko bei einer Zuvielforderung (§ 92 ZPO) sowie dem Umstand, dass eine Teilklage die Verjährung nicht insgesamt unterbreche und sie dementsprechend, wenn sie zu wenig verlangt hätten, den Rest später nicht mehr geltend machen könnten.
Nachdem die Beklagten zunächst nur eine Feststellungsklage angekündigt hatten (Bl. 912), der Senat jedoch ebenfalls auf Bedenken gegen die Zulässigkeit der Feststellungsklage hingewiesen hat, beantragen die Beklagten nunmehr,
1. unter Abänderung des Teil-Urteils des LG Hannover vom 22.2.2006 festzustellen, dass die Drittwiderbeklagte verpflichtet ist, ihnen sämtliche Schäden zu ersetzen, die durch die Beseitigung der in Anlage B 4 zu Ziff. 1 bis 10, 12, 14, 16 bis 23, 25 bis 43, 45 bis 61, 63, 65 bis 70, 72 bis 79, 81, 83, 84, 86 bis 90 bezeichneten Mängel entstehen,
2. hilfsweise unter Aufhebung des Teilurteils des LG Hannover vom 22.2.2006 und des Verfahrens die Sache an das LG Hannover zurückzuverweisen,
3. weiter hilfsweise, unter Abänderung des Teilurteils des LG Hannover vom 22.2.2006 die Drittwiderbeklagte zu verurteilen, an sie 79 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Zustellung dieses Schriftsatzes zu zahlen und im Übrigen festzustellen, dass die Drittwiderbeklagte verpflichtet ist, ihnen sämtliche darüber hinausgehenden Schäden zu ersetzen, die durch die Beseitigung der in Anlage B 4 zu Ziff. 1 bis 10, 12, 14, 16 bis 23, 25 bis 43, 45 bis 61, 63, 65 bis 70, 72 bis 79, 81, 83, 84, 86 bis 90 bezeichneten Mängel entstehen.
Dazu tragen sie vor, dass die Kosten zur Beseitigung dieser Mängel mindestens 1 EUR pro Mangel betrügen.
Die Drittwiderbeklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung und erklärt mit der Vergütungsforderung der Klägerin i.H.v. 201.813,29 EUR nebs...