Leitsatz (amtlich)
Der Erlass eines Teilurteils, mit dem ein Teil der vom Werkunternehmer geltend gemachten Werklohnforderung abgewiesen wird, ist unzulässig, wenn der Bauherr mit einer die gesamte Klageforderung überstei-genden Gegenforderung aufgerechnet hat und beide Forderungen der Höhe nach streitig sind.
Normenkette
ZPO § 301
Verfahrensgang
LG Verden (Aller) (Teilurteil vom 27.06.2001; Aktenzeichen 8 O 196/98) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 27.6.2001 verkündete Teilurteil der 8. Zivilkammer des LG Verden aufgehoben und der Rechtsstreit, soweit das LG ihn durch das Teilurteil entschieden hatte, zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LG Verden zurückverwiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin macht gegen das … (im Folgenden: Beklagte) Ansprüche auf restlichen Werklohn aus abgetretenem Recht aus einem Bauvertrag der … GmbH & Co KG mit der Beklagten vom 30.5.1994 nebst Ergänzungen bezüglich der Errichtung eines standfesten Speicherbehälters, Altlast …, geltend.
Am 11.4.1997 erteilte die Firma … nach Durchführung der Arbeiten ihre Schlussrechnung über 7.436.143,94 DM (Bl. 36–89 SH I), auf welche die Beklagte 4.846.143,94 DM zahlte. Abzüglich akzeptierter Kürzungen sowie der Sicherheitsleistung und zuzüglich eines Teuerungszuschlages hat die Klägerin eine restliche Forderung von 1.997.561,37 DM geltend gemacht.
Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie 1.997.561,37 DM nebst 11 % Zinsen von 1.855.978,76 DM seit 27.4.1998 (Klagzustellung) und von weiteren 141.582,61 DM seit dem 9.10.1998 (Zustellung des Schriftsatzes vom 5.10.1998) zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie hat nur eine rechnerische Restforderung von 742.868,31 DM anerkannt (Bd. I d.A. Bl. 61) und i.Ü. wegen behaupteter Mängel und Bauverzögerungen die Aufrechnung mit behaupteten Gegenansprüchen i.H.v. ca. 2,3 Mio. DM erklärt (Bd. I d.A. Bl. 61–94).
Das LG hat in der mündlichen Verhandlung vom 8.5.1999 angekündigt, zunächst die Höhe der Klageforderung zu klären (Bd. I d. A. Bl. 112) und hierzu gem. Beweisbeschlüssen vom 30.6.1999 (Bd. II d.A. Bl. 146–149) und 11.1.2001 (Bd. III d.A. Bl. 81 f.) Beweis durch Vernehmung von Zeugen und Einholung eines Sachverständigengutachtens erhoben. Mit Teilurteil vom 27.6.2001 hat das LG die Klage i.H.v. 991.460,01 DM abgewiesen (Bd. III d. A. Bl. 138–153). Zur Begründung hat es ausgeführt, unabhängig von der weiter vorzunehmenden Sachaufklärung sei die Klage nach der durchgeführten Beweisaufnahme jedenfalls in der aus dem Urteilstenor ersichtlichen Höhe nicht begründet. Am Ende der Entscheidungsgründe hat es ferner darauf hingewiesen, wegen der geltend gemachten Gegenansprüche sei weitere Sachaufklärung erforderlich. Insoweit sei ein weiterer Auflagen- und Beweisbeschluss zu erlassen. Hierbei gehe das Gericht davon aus, dass die Parteien damit einverstanden seien, dass ein solcher erst nach Rechtskraft dieses Teilurteils ergehe (LGU 16 = Bd. III d.A. Bl. 153).
Dagegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung. Sie vertritt die Ansicht, das erlassene Teilurteil sei unzulässig. Ferner behauptet sie, die Kürzung ihrer Werklohnforderung durch das LG sei zu Unrecht erfolgt. Außerdem hat sie die Klage um einen Betrag von 347.542,87 DM erhöht.
Die Klägerin beantragt, das angefochtene Urteil abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an sie 2.345.104,24 DM nebst Zinsen i.H.v. 1 % über dem Zinssatz der Spitzen-Finanzierungsfazilität der … Zentralbank zu zahlen, und zwar auf 1.855.978,76 DM seit Klagzustellung, auf weitere 141.582,61 DM seit Zustellung des Schriftsatzes vom 5.10.1998 sowie auf weitere 347.542,87 DM seit Zustellung der Berufungsbegründung (15.11.2001).
Hilfsweise regt die Klägerin an, das angefochtene Urteil aufzuheben und den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LG Verden zurückzuverweisen.
Die Klägerin beantragt ferner, durch Versäumnisurteil zu entscheiden.
Die Beklagte ist zu Händen ihres erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten am 15.11.2001 zum Termin zur mündlichen Verhandlung am 5.3.2002 geladen worden (Bd. IV d. A. Bl. 213).
Entscheidungsgründe
Die Berufung ist begründet.
Das angefochtene Urteil ist aufzuheben und der Rechtsstreit wegen eines wesentlichen Verfahrensmangels an das LG zur erneuten Entscheidung zurückzuverweisen (§ 539 ZPO a.F.).
Das vom LG erlassene Teilurteil ist gem. § 301 Abs. 1 ZPO unzulässig, weil der entschiedene Teil nicht unabhängig vom restlichen Streitstoff ist. Ein Teilurteil darf nur erlassen werden, wenn es von der Entscheidung über den Rest des Anspruchs unabhängig ist, wenn also die Gefahr widersprechender Entscheidungen, auch infolge einer abweichenden Beurteilung durch das Rechtsmittelgericht, ausgeschlossen ist (BGH v. 26.4.1989 – IVb ZR 48/88, BGHZ 107, 236 [242] = MDR 1989, 895; v. 8.12.1992 – VI ZR 349/91, BGHZ 120, 376 [380] = MDR 1993, 425; v. 27.10.1999 – VIII ZR 184/98, NJW 2000, 958 [960] = MDR 2000, 225; v. 4.2.1997 – VI ZR 69/96, NJW 1997, 1709...