Leitsatz (amtlich)
Ein Mitverschulden des Mandanten liegt noch nicht darin, dass er einen Hinweis seines Steuerberaters nicht umsetzt, wenn zum Mandat des Steuerberaters gerade gehörte, den begangenen Fehler zu entdecken und zu vermeiden.
Normenkette
BGB § 254
Verfahrensgang
LG Hannover (Urteil vom 16.01.2008; Aktenzeichen 12 O 259/07) |
Tenor
1. Auf die Berufung des Klägers und unter Zurückweisung der Anschlussberufung des Beklagten wird das am 16.1.2008 verkündete Urteil des Einzelrichters der 12. Zivilkammer des LG Hannover teilweise dahingehend geändert, dass der Beklagte verurteilt wird, an den Kläger weitere 2.658 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.8.2007 zu zahlen.
2. Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger macht restliche Schadensersatzansprüche gegen den Beklagten als früheres Mitglied der Rechtsanwalts- und Steuerberatersozietät L. in H. geltend.
Der Kläger ist selbständiger Architekt. Bei ihm fand eine Betriebsprüfung für die Zeiträume bis einschließlich 1999 statt, anlässlich derer der Beklagte im ersten Quartal 2001 feststellte, dass es in der Rechnungslegung des Klägers zum doppelten Ausweis von Umsatzsteuer kam, nämlich zuerst in den Abschlagsrechnungen und dann nochmals in der Schlussrechnungslegung hinsichtlich der Gesamtrechnungssumme.
Im Anschluss an die Betriebsprüfung übertrug der Kläger der Sozietät auch die Erstellung seiner Buchführung, die er bis dahin im eigenen Betrieb hatte erstellen lassen.
Mit Schreiben vom 10.5.2001 (Anlage K 1, Anlagensonderheft) teilte die Mitarbeiterin der Sozietät, Frau H., einer Mitarbeiterin des Klägers mit:
"Außerdem füge ich eine korrigierte Kopie einer Ihrer Schlussrechnungen bei mit der Bitte, die Schlussrechnung in Zukunft in der von mir dargestellten Form zu schreiben. Dies hat folgenden Hintergrund: So wie Sie bisher die Rechnungen schreiben, weisen Sie in der Abschlagsrechnung die Umsatzsteuer auf den Abschlagsbetrag aus, in der Schlussrechnung die Umsatzsteuer auf den Gesamtbetrag. Im Sinne des Umsatzsteuergesetzes weisen Sie damit die Umsatzsteuer auf den Abschlagsbetrag doppelt aus und müssten ihn auch doppelt an's Finanzamt abführen. Am besten wir telefonieren darüber nochmal."
Im Zuge einer neuerlichen Betriebsprüfung durch das Finanzamt H. in den Jahren 2005/2006 für die Steuerjahre 2000-2002 ergab sich, dass der Kläger für das Jahr 2000 128.990,41 DM und für das Jahr 2001 237.392,71 DM Umsatzsteuer doppelt ausgewiesen hatte. Ungeachtet des Hinweises von Frau H. war dem Büro des Klägers der Fehler der doppelten Ausweisung im Laufe des Jahres 2001 noch in 15 Fällen unterlaufen, bevor er abgestellt wurde.
Es kam zwar letztlich in keinem Fall zu einer dauerhaften Doppelvereinnahmung der Steuer. Ein Schaden entstand dem Kläger aber dadurch, dass er für die Dauer des doppelten steuerlichen Ausweises Zinsen i.H.v. 0,5 % p.m. an das Finanzamt zahlen musste. Einen Antrag des Klägers auf Erlass dieser Zinszahlungen lehnte das Finanzamt H. mit Bescheid vom 23.4.2007 (K 4, Anlagensonderheft) ab.
Der Beklagte bzw. dessen Haftpflichtversicherer zahlten an den Kläger im August 2007 80.693 EUR. Streitig blieb zwischen den Parteien nur derjenige Schadensbetrag, welcher auf Rechnungsvorgänge entfällt, die zeitlich nach dem Hinweis der Zeugin H. vom 10.5.2001 liegen.
Der Kläger hat gemeint, mit dem bloßen Hinweis der Zeugin H. sei der Beklagte seinen Pflichten nicht nachgekommen. Er hat vor dem LG zuletzt beantragt, den Beklagten zu verurteilen,
1. an ihn 13.290 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 16.8.2007 zu zahlen,
2. ihn hinsichtlich der außergerichtlich entstandenen Kosten i.H.v. 1.312,20 EUR netto aus der Rechnung vom 27.6.2007 gegenüber seinen Prozessbevollmächtigten freizustellen.
Der Beklagte hat Klagabweisung begehrt und dem entgegengehalten, dass er nach einem erteilten Hinweis nicht verpflichtet sei, zu kontrollieren, ob der Mandant diesen auch beherzige.
Das LG hat der Klage überwiegend stattgegeben.
Den Beklagten treffe ein doppeltes Fehlverhalten. Weder habe er darauf hingewirkt, dass der Kläger sein Rechnungswesen dauerhaft umstelle noch habe er darüber belehrt, dass im Falle einer sofortigen Richtigstellung fehlerhafte Umsatzsteuerausweisungen und Zinsschäden vermieden werden könnten. Auf den drohenden Zinsverlust weise auch das Schreiben vom 10.5.2001 nicht hin. Außerdem hätte der Beklagte im Rahmen des Buchführungsmandats in Kenntnis der betroffenen Rechnungsschriften sofort darauf hinwirken müssen, dass diese zur Vermeidung eines Zinsschadens neu gefasst würden.
Den Kläger treffe aber in Höhe eines Anteils von 20 % an der Entstehung der Schäden ein Mitverschulden, indem er es unterlassen habe, bei dem Beklagten nachzufragen, welche Nachteile ihm aus seiner fehlerhaften Rechnungsstellung drohten. Dass der Kläger keine Anstrengungen unternommen habe, Bescheide des Finanzamts anzugreifen, ste...