Leitsatz (amtlich)

Ein Augenarzt handelt grundsätzlich nicht unlauter, wenn er im Einzelfall einem Patienten, der nach dem Ergebnis der von ihm durchgeführten Untersuchung ein Brille benötigt, ermöglicht, sich aus einem in der Praxis vorhandenen Bestand von Musterbrillenfassungen eines Augenoptikunternehmens ein Brillengestell auszusuchen, wenn er anschließend dem Augenoptikunternehmen die augenärztliche Verordnung sowie die Werte der Pupillendistanz, des Hornhaut-Scheitel-Abstands und des Abstands zwischen Brillenscharnier und Ohrmuschel mitteilt, und die Brillenlieferung des Augenoptikunternehmens an den Patienten vermittelt.

 

Normenkette

UWG §§ 3, 4 Nr. 11; NdsBOA § 3 Abs. 2, § 34 Abs. 5

 

Verfahrensgang

LG Hannover (Urteil vom 16.05.2006; Aktenzeichen 26 O 130/05)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 09.07.2009; Aktenzeichen I ZR 13/07)

 

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das Teilanerkenntnis- und Schlussurteil des LG Hannover vom 16.5.2006 geändert und die Klage abgewiesen, soweit der Beklagte verurteilt worden ist, es bei Meidung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs

Patienten im Zusammenhang mit einer von ihm durchgeführten Refraktion den Abschluss eines Liefervertrages über eine Brille der J. und S. D. Optik GbR zu vermitteln und/oder die Brillenanpassung selbst oder durch eine seiner Arzthelferinnen durchzuführen und die von der J. und S. D. Optik GbR angefertigte Brille an den Patienten abzugeben.

Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz haben der Kläger 2/3 und der Beklagte 1/3 zu tragen. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger allein zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Jede Partei darf die Vollstreckung der anderen Partei im Hinblick auf die Kostenentscheidung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht jeweils die vollstreckende Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Der Streitwert wird für das erstinstanzliche Verfahren in Abänderung des Beschlusses des LG vom 30.5.2006 auf 45.000 EUR, für die Berufungsinstanz auf 30.000 EUR festgesetzt.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Der Beklagte ist niedergelassener Augenarzt. Er bietet Patienten, die nach dem Ergebnis der von ihm durchgeführten augenärztlichen Untersuchung eine Brille benötigen, an, sich aus einem in seiner Praxis vorhandenen Bestand von ca. 60 Musterbrillenfassungen der D. Optik GbR eine Fassung auszusuchen. Nach Auswahl der Fassung misst der Beklagte selbst oder eine Arzthelferin den Abstand zwischen Brillenscharnier und Ohrmuschel. Das Ergebnis der Messung teilt der Beklagte zusammen mit der augenärztlichen Verordnung sowie der von ihm ermittelten Werte der Pupillendistanz und des Hornhaut-Scheitel-Abstands der D. Optik GbR mit. Diese wählt die Brillengläser aus, fertigt die Brille an und übersendet die Brille direkt an den Patienten, auf Wunsch des Patienten auch in die Praxis des Beklagten, wo der Sitz der Brille kontrolliert und ggf. korrigiert wird.

Die Klägerin ist die Z. z.B. u. W.. Sie hat beanstandet, dass in dem Vorgehen des Beklagten eine nach § 34 Abs. 5 der Musterberufsordnung für Ärztinnen und Ärzte (MBO) unlässiges Verweisen der Patienten an das Augenoptik-Unternehmen liege. Außerdem verstoße der Beklagte gegen § 3 Abs. 2 MBO, wonach es im Zusammenhang mit der Ausübung der ärztlichen Tätigkeit untersagt ist, Waren und andere Gegenstände abzugeben oder unter Mitwirkung des Arztes abgeben zu lassen sowie gewerbliche Dienstleistungen zu erbringen oder erbringen zu lassen soweit nicht die Abgabe des Produkts wegen dessen Besonderheit notwendiger Bestandteil der ärztlichen Therapie ist. Ferner führe der Beklagte, indem er die Brillenanpassung selbst durchführe und die Brille abgebe, wesentliche Tätigkeiten des Augenoptikerhandwerks aus, ohne in die Handwerksrolle eingetragen zu sein. Aufgrund dieser Verstöße handele er zugleich wettbewerbswidrig (§§ 3, 4 Nr. 11 UWG). Zugleich verstoße der Beklagte gegen das Irreführungsverbot (§ 5 UWG), soweit er wesentliche Tätigkeiten des Augenoptikerhandwerks ausübe, ohne in die Handwerksrolle eingetragen zu sein.

Der Kläger hat, soweit dies Gegenstand des Berufungsverfahrens ist, beantragt, den Beklagten unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu verurteilen, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs Patienten im Zusammenhang mit einer von ihm durchgeführten Refraktion zum Abschluss eines Liefervertrages über eine Brille der J. und S. D. Optik GbR zu vermitteln und/oder die Brillenanpassung selbst oder durch eine seiner Arzthelferinnen durchzuführen und die von der J. und S. D. Optik GbR angefertigte Brille an den Patienten abzugeben.

Der Beklagte ist diesen Klageanträgen entgegengetreten. Er hat erwidert: Er unterbreite das Angebot, eine Brillenlieferung durch die D. Optik GbR zu vermitteln, nur in Fällen, in denen er es im Sinne der bestmöglichen und gesicher...

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