Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtskraft und Zwangsvollstreckungsgegenklage
Verfahrensgang
LG Stade (Urteil vom 02.07.2004; Aktenzeichen 2 O 226/03) |
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das am 2.7.2004 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des LG Stade geändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits aus beiden Rechtszügen hat die Klägerin zu tragen.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf die Zwangsvollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger verkaufte der Beklagten mit Kaufvertrag vom 14.4.2000 (UR-Nr. 99/2000 des Notars S. in B.) ein in der F.-Straße in B.-W. gelegenes Hausgrundstück. In dem Vorprozess LG Stade 4 O 178/01 hat der Beklagte die Klägerin auf Zahlung des Kaufpreises in Anspruch genommen. Die Klägerin hat die Kaufpreiszahlung mit der Begründung verweigert, dass der Kaufvertrag wegen einer Schwarzgeldabrede unwirksam sei. Außerdem hat sie die Anfechtung des Kaufvertrages mit der Begründung erklärt, dass verborgene Mängel am Haus vorlägen, vor allem an der Elektrik und der Wasserleitung. Das LG hat der Klage mit Urteil vom 2.5.2002 entsprochen. Die hiergegen gerichtete Berufung der Klägerin hat der Senat mit Urteil vom 16.1.2003 (OLG Celle, Urt. v. 16.1.2003 - 4 U 120/02) zurückgewiesen. Die Revision der Klägerin blieb erfolglos.
Mit der vorliegenden Klage wendet sich die Klägerin gegen die Zulässigkeit der Zwangsvollstreckung aus den vorbezeichneten Urteilen des LG und OLG. Sie macht geltend, dass der von ihr beauftragte Dipl.-Ing. W. beim zuständigen Bauordnungsamt nachgeforscht und dabei festgestellt und ihr mit Schreiben vom 29.10.2003 (Bl. 74 ff. d.A.) auch mitgeteilt habe, dass die Dachgeschoss- und Kellerwohnung am verkauften Haus nicht genehmigt und zumindest die Kellergeschosswohnung auch nicht genehmigungsfähig seien. Die Klägerin ließ deshalb mit anwaltlichem Schreiben vom 11.11.2003 erneut die Anfechtung ihrer kaufvertraglichen Erklärungen wegen arglistiger Täuschung und Irrtums aussprechen. Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Vortrages der Parteien sowie der erstinstanzlich gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des Urteils des LG (S. 2-3, Bl. 228-229 d.A.) Bezug genommen.
Das LG hat der Klage nach Vernehmung von zwei Zeugen stattgegeben. Nach dem Schreiben des Dipl.-Ing. W. vom 29.10.2003 stehe fest, dass für die Wohnung im Dach- und Kellergeschoss keine Genehmigung vorliege und für den Keller wegen der zu geringen Raumhöhen auch nicht zu erlangen sei. Damit sei die von dem Beklagten in § 4 des notariellen Kaufvertrages der Parteien vom 14.4.2000 gegebene Zusicherung, wonach der Beklagte am Kaufobjekt keine baulichen Veränderungen vorgenommen habe, ohne dass dafür die erforderlichen behördlichen Genehmigungen vorgelegen hätten, unrichtig gewesen. Den Aussagen der vor der Kammer vernommenen Zeugen B. sei auch zu entnehmen, dass in der Zeit, zu der noch Mieter im Gebäude gewesen seien, ein solcher Ausbau des Kellers zu einer Wohnung nicht stattgefunden habe, was nur den Schluss zulasse, dass der Beklagte anschließend die im Keller vorhandene Wohnung selbst installiert habe. Das begründe zwar kein Anfechtungsrecht der Beklagten, wohl aber einen Sachmängelvorwurf, wobei nach der Lebenserfahrung auch anzunehmen sei, dass der Beklagte als Verkäufer es gebilligt habe, dass die Klägerin als Käuferin diesen Mangel nicht kenne und bei Kenntnis den Vertrag nicht oder nicht so geschlossen hätte. Bei dieser Sachlage stehe der Klägerin eine nach § 767 ZPO zulässige Einwendung zu. Denn dadurch, dass der Kläger um die unrichtige Zusicherung in § 4 des Kaufvertrages gewusst, dies aber nicht offenbart habe, habe er die Klägerin in Bezug auf das Fehlen baulicher genehmigungspflichtiger Änderungen in Sicherheit gewogen und auch von entsprechenden Recherchen abgehalten. Damit erhalte das Erwirken und Vorgehen aus den Titeln im Sinne der Vorschrift des § 826 BGB jedoch ein sittenwidriges Gepräge, das vorliegend ausreiche, die Rechtskraft der Titel aus dem Vorprozess zu durchbrechen.
Gegen dieses Urteil wendet sich die frist- und formgerecht eingelegte sowie begründete Berufung des Beklagten. Der Beklagte ist der im Einzelnen vertiefend begründeten Ansicht, dass die Rechtskraft der im Vorprozess ergangenen Urteile im vorliegenden Fall nicht in Anwendung von § 826 BGB durchbrochen werden dürfe. Das LG habe damit eine unzulässige Ausweitung der nur in engen Grenzen anerkannten Fälle der Rechtskraftdurchbrechung vorgenommen.
Darüber hinaus habe das LG auch § 4 des Kaufvertrages falsch ausgelegt, weil unter baulichen Veränderungen im Sinne des Vertrages nur solche zu verstehen seien, die eine Baugenehmigung wegen Eingriffs beispielsweise in die Gebäudesubstanz erforderten und nicht den hier vorliegenden Fa...