Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertrag zugunsten Dritter auf den Todesfall
Leitsatz (redaktionell)
1. Dem „Verzicht” auf den Widerruf einer Willenserklärung kann nur mit den Mitteln des Schuldrechts Wirkung verholfen werden, d. h. nur entweder dadurch, dass der Begünstigte sich mit der Verpflichtung des anderen, den Widerruf zu unterlassen, einverstanden erklärt (Vertrag zwischen den Beteiligten), oder indem dem Begünstigten durch Vertrag anderer Personen zu seinen Gunsten ein Anspruch auf Unterlassen des Widerrufs zugewandt wird (Vertrag zugunsten Dritter).
2. Zur Frage, ob ein Verzicht auf den Widerruf eines Schenkungsversprechens auch gegenüber den Erben des Versprechenden Wirkung entfaltet.
Normenkette
BGB § 241 S. 1, §§ 305, 328, 1967
Verfahrensgang
LG Verden (Aller) (Teilurteil vom 01.10.1991; Aktenzeichen 7 O 107/91) |
Tenor
Die Berufung der Kläger gegen das am 1. Oktober 1991 verkündete Teil-Urteil der 7. Zivilkammer des Landgerichts Verden wird zurückgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen die Kläger die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 70,07 %, die übrigen Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten der Kläger der Beklagte zu 1 zu 23,47 % und die Beklagte zu 2 zu 6,46 %, die übrigen außergerichtlichen Kosten jede Partei selbst. Die Kläger tragen die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 10.000 DM, die der Kläger der Beklagte zu 1 durch Sicherheitsleistung in Höhe von 1.500 DM, die Beklagte zu 2 durch solche in Höhe von 400 DM abwenden, wenn nicht der jeweils andere Teil vor der Vollstreckung Sicherheit in entsprechender Höhe leistet. Alle Parteien dürfen die Sicherheit durch unbedingte, unbefristete und selbstschuldnerische Bürgschaft einer deutschen Großbank, Sparkasse oder Volksbank leisten.
Beschwer: 66.814,62 DM.
Tatbestand
Die Kläger verlangen von den Beklagten Zustimmung zur Auszahlung zweier Sparguthaben.
Der Landwirt … (im folgenden: Erblasser) und die Volksbank …, deren Rechtsnachfolgerin die Volksbank … ist, schlossen am 13. Juni 1986 einen Sparvertrag über die Sparkonten Nr. … und …. Alle Rechte aus diesen Konten sollten mit dem Tode des Erblassers, ohne daß sie in dessen Nachlaß fielen, auf die Kläger übergehen. Zu Nummer 5 des Vertrages heißt es unter anderem:
„Für den Fall des Rechtsübergangs durch Tod verzichtet der Kunde auf das Recht zum Widerruf des Schenkungsangebots, das diesem Vertrag zugrunde liegt, und erteilt der Bank den unwiderruflichen Auftrag, dieses Angebot nach Kenntnis von dem Rechtsübergang durch seinen Tod, an die letzte, der Bank bekannt gewordene Adresse des Begünstigten/… zu übermitteln; …”
Durch Testament vom 2. Oktober 1986 setzte der Erblasser die Beklagten als seine Erben ein. Nach dem Tode des Erblassers widerriefen die Beklagten durch Anwalts schreiben vom 13. November 1990 gegenüber den Klägern das diesen von dem Erblasser gemachte Schenkungsangebot. Die Kläger nahmen das Schenkungsangebot durch Schreiben ihrer Anwälte vom 16. November 1990 an die Volksbank … an. Dieses teilten sie den Anwälten der Beklagten durch Anwalts schreiben vom 19. November 1990 mit, welchem das an die Bank gerichtete Schreiben vom 16. November 1990 beigefügt war. Die zu den Konten gehörenden Sparbücher werden inzwischen von der Bank verwahrt.
Die Kläger haben Zustimmung zur Auszahlung der Sparguthaben begehrt und Teil-Anerkenntnisurteil bezüglich Auskunft der Stände beider und zweier weiterer Konten beim Tode des Erblassers erwirkt. – Die Beklagten haben Klagabweisung und widerklagend ihrerseits Zustimmung zur Auszahlung der Guthaben erstrebt, der Beklagte zu 1 vorab wegen eines Betrages von 100.000 DM, beide Beklagten wegen des Restes (ausweislich Schreibens des Genossenschaftsverbandes … e.V. vom 3. Dezember 1990 bei einem Aktivsaldo von 281,96 DM auf dem Girokonto nochmals 12.596,58 DM). Sie haben die Ansicht vertreten, sie hatten das Schenkungsangebot des Erblassers an die Kläger wirksam widerrufen.
Das Landgericht hat durch Teil-Urteil die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt, der Erblasser habe das Widerrufsrecht, das er selbst gehabt habe, den Erben außer durch letztwillige Verfügung entsprechenden Inhalts, an der es fehle, nicht nehmen können; das Widerrufsrecht des Erblassers folge daraus, daß er berechtigt gewesen sei, die Konten aufzulösen, was praktisch einem Widerruf gleichstehe. – Nach diesem Urteil haben die Beklagten die Widerklage zurückgenommen.
Gegen dieses Urteil, auf dessen Tatbestand und Entscheidungsgründe zur näheren Sachdarstellung Bezug genommen wird, wenden die Kläger sich mit der Berufung, mit der sie das vorbezeichnete Klagziel weiterverfolgen und darauf verweisen, daß der Erblasser, wie die Formulierung „verzichtet der Kunde” zeige, das Recht zum Widerruf des Schenkungsangebots schon für sich selbst, nicht erst für seine Erben vertraglich ausgeschlossen ...