Leitsatz (amtlich)
Zur Unzulässigkeit der sog. „Kerosin-Klausel” in Reisebedingungen, wenn der Verbraucher den neuen Reisepreis nicht errechnen kann.
Normenkette
BGB §§ 307, 651a Abs. 4; UKlaG §§ 1-2, 9
Verfahrensgang
LG Hannover (Aktenzeichen 14 O 2251/00) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 14. Zivilkammer des LG Hannover vom 16.10.2001 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Damit bleibt es der Beklagten untersagt, bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu 250.000 Euro, ersatzweise Ordnungshaft von bis zu zwei Jahren, letztere zu vollziehen am Geschäftsführer der Beklagten, die nachfolgende sowie inhaltsgleiche Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen in Bezug auf Reiseverträge (insbesondere Pauschalreiseverträge) zu verwenden sowie sich auf diese Bestimmungen bei der Abwicklung derartiger, nach dem 1.4.1997 abgeschlossener Verträge zu berufen, soweit das nicht gegenüber einem Kaufmann im Rahmen eines Handelsgeschäftes erfolgt:
(Leistungs- und Preisänderungen)
6.3 Der Veranstalter behält sich vor, die ausgeschriebenen und mit der Buchung bestätigten Preise im Fall der Erhöhung der Beförderungskosten oder der Abgaben für bestimmte Leistungen wie Hafen- oder Flughafengebühren in dem Umfang zu ändern, wie sich deren Erhöhung pro Person bzw. pro Sitzplatz auf den Reisepreis auswirkt, sofern zwischen dem Zugang der Reisebestätigung beim Kunden und dem vereinbarten Reisetermin mehr als vier Monate liegen.
Im Fall der nachträglichen Änderung des Reisepreises oder einer nachträglichen Änderung einer wesentlichen Reiseleistung hat der Veranstalter den Reisenden unverzüglich, spätestens jedoch 21 Tage vor dem Reiseantritt, davon in Kenntnis zu setzen.
Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagten wird gestattet, die Vollstreckung des klagenden Verbandes durch Sicherheitsleistung i.H.v. 115 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht der klagende Verband zuvor in nämlicher Höhe seinerseits Sicherheit leistet. Beiden Parteien wird gestattet, die Sicherheiten in den gesetzlich zugelassenen Formen gem. § 108 Abs. 1 ZPO zu erbringen.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin, der …, nimmt die Beklagte, eine große Reiseveranstalterin, auf Unterlassung der Verwendung einer Preiserhöhungsklausel, der sog. Kerosinklausel, unter Nr. 6.3 ihrer allgemeinen Geschäftsbedingungen in Anspruch.
Die vollständige Klausel lautet:
„Der Veranstalter behält sich vor, die ausgeschriebenen und mit der Buchung bestätigten Preise im Fall der Erhöhung der Beförderungskosten oder der Abgaben für bestimmte Leistungen wie Hafen- oder Flughafengebühren, in dem Umfang zu ändern, wie sich deren Erhöhung pro Person bzw. pro Sitzplatz auf den Reisepreis auswirkt, sofern zwischen dem Zugang der Reisebestätigung beim Kunden und dem vereinbarten Reisetermin mehr als 4 Monate liegen.
Im Fall der nachträglichen Änderung des Reisepreises oder einer nachträglichen Änderung einer wesentlichen Reiseleistung hat der Veranstalter den Reisenden unverzüglich, spätestens jedoch 21 Tage vor Reiseantritt, davon in Kenntnis zu setzen. Preiserhöhungen nach diesem Zeitpunkt sind nicht zulässig. Bei Preiserhöhungen um mehr als 5 % oder im Fall einer erheblichen Änderung einer wesentlichen Reiseleistung ist der Reisende berechtigt, ohne Gebühren vom Reisevertrag zurückzutreten oder die Teilnahme an einer mindestens gleichwertigen anderen Reise zu verlangen, wenn der Veranstalter in der Lage ist, eine solche Reise ohne Mehrpreis für den Reisenden aus seinem Angebot anzubieten.
Der Reisende hat diese Rechte unverzüglich nach der Erklärung des Veranstalters über die Preiserhöhung bzw. Änderung der Reiseleistung diesem gegenüber geltend zu machen.”
Wegen des Sach- und Streitstandes erster Instanz wird auf das landgerichtliche Urteil Bezug genommen.
Das LG hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt.
Gegen dieses Erkenntnis wendet sich die Beklagte mit ihrer form- und fristgerecht eingereichten Berufung. Sie wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen. Insbesondere macht sie geltend, das LG habe die angegriffene Klausel nicht am Maßstab des § 9 AGBG messen dürfen. Dies folge bereits aus der Verweisung, wie sie in § 651a Abs. 4 S. 3 enthalten sei. Daraus, dass nur auf § 309 Nr. 1 BGB verwiesen sei, folge, dass § 307 BGB nicht anzuwenden sei.
Die Überprüfung der angegriffenen Klausel am Maßstab des § 651a Abs. 4 BGB sei in Ermangelung der Anwendbarkeit des AGBGes der von der Klägerin gewählten Verbandsklage nicht zugänglich.
Im Übrigen halte Ziffer 6.3 der Reisebedingungen der Beklagten auch einer etwaigen Inhaltskontrolle nach dem AGBG stand. Das Transparenzgebot, wonach Vertragsbedingungen durchschaubar, richtig, bestimmt und möglichst klar dargestellt werden müssten, sei eingehalten. Dass es sich bei den Beförderungskosten nur um solche Kosten handeln könne, die dem Reiseveranstalter von einem Leis-tungsträg...