Leitsatz (amtlich)
1. Das Zustandekommen eines Architektenvertrages richtet sich nicht nach der HOAI, sondern nach den allgemeinen Regeln des bürgerlichen Rechts.
2. Das Erbringen von Leistungen seitens des Architekten bis hin zur Leistungsphase 4 des § 15 HOAI a.F. kann im Einzelfall als unentgeltliche Akquise einzustufen sein, wenn sich ein entsprechender Parteiwille aus den besonderen Umständen des Einzelfalls ergibt.
3. Im Ausnahmefall kann die isolierte entgeltliche Beauftragung des Architekten mit den Arbeiten aus Leistungsphase 4 nach § 15 HOAI in Betracht kommen, obwohl die Leistungen aus den Phasen 1 - 3 ebenfalls erbracht und regelmäßig als notwendige Vorarbeiten für die Beantragung der Baugenehmigung einzustufen sind.
Normenkette
HOAI a.F. § 15; BGB §§ 133, 157
Verfahrensgang
LG Hannover (Urteil vom 14.02.2011; Aktenzeichen 19 O 284/09) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 14.2.2011 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 19. Zivilkammer des LG Hannover teilweise geändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 3.093,97 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30.12.2009 sowie außergerichtliche Rechtsanwaltskosten i.H.v. 359,50 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten seit dem 30.12.2009 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen tragen die Klägerin zu 78 %, die Beklagte zu 22 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Parteien streiten um Architektenhonorar.
Wegen des dem Rechtsstreit zugrunde liegenden Sachverhaltes sowie der Gründe der angefochtenen Entscheidung wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf das angefochtene Urteil der Einzelrichterin des LG Hannover (Bl. 263 ff. d.A.) Bezug genommen.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Berufung der Beklagten, die darauf verweist, nach der Rechtsprechung des BGH würden die Leistungsphasen 1 bis 3 keineswegs notwendig Inhalt eines Architektenvertrages, auch wenn die Leistungsphase 4 beauftragt würde.
Sie greift darüber hinaus die Beweiswürdigung des LG an und bestreitet nach wie vor, dass die Klägerin überhaupt Leistungen aus den Leistungsphasen 1 bis 3 (zumindest vollständig) erbracht habe.
Die Klägerin verweist demgegenüber darauf, für die von der Beklagten unstreitig gestellte Beauftragung zur Stellung des Bauantrages seien die Leistungsphasen 1 bis 3 notwendige Vorarbeiten. Sie habe zudem die Bauvoranfrage vom 4.2.2008 erstellt und verschiedene Besprechungen beim Bauamt durchgeführt. Im Übrigen trägt sie im Einzelnen zu den von ihr erbrachten Leistungen vor.
II. Die zulässige Berufung der Beklagten hat überwiegend (mit Ausnahme der Leistungsphase 4) Erfolg.
Es entspricht ständiger Rechtsprechung des BGH sowie des
Senates, dass der Architekt für den Abschluss eines wirksamen Architektenvertrages vortrags- und beweispflichtig ist und sich Umfang und Inhalt der Beauftragung nicht nach der HOAI bemessen, sondern nach allgemeinem bürgerlichen Recht (BGH, BauR 2008, 543 - juris-Rz. 21; BauR 2007, 571; OLG Celle, IBR 2011, 341 - juris-Rz. 3 ff.; IBR 2010, 214 - juris-Rz. 28 ff.).
Der Abschluss eines Architektenvertrages setzt nach alledem darauf bezogene, übereinstimmende Willenserklärungen voraus, wobei der Vertragsschluss auch konkludent erfolgen oder durch die Entgegennahme bestimmter Leistungen in
Betracht kommen kann, sofern ein entsprechender Wille der Parteien festzustellen ist (vgl. BGH NJW-RR 2008, 110 - juris-Rz. 14; OLG Celle, IBR 2011, 341 - juris-Rz. 4).
Hingegen kann aus der Tatsache, dass Planungsleistungen erbracht worden und ggf. auch entgegengenommen worden sind, der Architekt nicht ohne weiteres Honoraransprüche herleiten. Die Rechtsprechung hat in diesem Zusammenhang wiederholt zum Ausdruck gebracht, dass Leistungen bis hin zur Leistungsphase 4 (Genehmigungsplanung) noch in den Bereich der nicht vergütungspflichtigen Akquise fallen können (vgl. z.B. OLG Hamm, BauR 2009, 1189 - nachgehend BGH, IBR 2009, 2878; OLG Düsseldorf, BauR 2008, 142 - nachgehend BGH, Beschl. v. 25.10.2007 - VII ZR 83/07, jeweils auch unter juris abrufbar).
Unter Anwendung der allgemeinen Grundsätze des Vertragsrechts sind unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls etwaige vorhandene Dokumente, die Interessenlage der Parteien sowie ggf. weitere Umstände in einer Gesamtbetrachtung zu bewerten, um festzustellen, ob und inwieweit die Parteien übereinstimmend mit Rechtsbindungswillen eine vergütungspflichtige Beauftragung gewollt haben.
1. Ausgangspunkt der rechtlichen Betrachtung ist im vorliegenden Fall die Vereinbarung der Parteien vom 29.1.2008, in der die Beklagte erklärte:
"Für den Fall, dass wir dieses Objekt zur Durchführung bringen, d.h. Abschluss des notariellen Kaufvertrages und Abschluss der benötigten Mietverträge, werden wir Herrn Dipl.-Ing. F. M. beauftragen, die entsprechenden Baugenehmigungen zu beantragen sowie mit d...