Leitsatz (amtlich)
Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens darf der Verwalter eine Forderung, die der Schuldner zur Sicherheit abgetreten hat, verwerten (§ 166 Abs. 2 InsO). Der Drittschuldner kann jedenfalls dann nicht mehr mit befreiender Wirkung an den Abtretungsempfänger leisten, wenn der Drittschuldner Kenntnis von der Insolvenzeröffnung hat und zwischen dem Verwalter und dem Abtretungsempfänger Streit über die materielle Berechtigung des Abtretungsempfängers auf Inanspruchnahme der Sicherheit besteht.
Normenkette
InsO § 166 Abs. 2
Verfahrensgang
LG Lüneburg (Urteil vom 16.05.2007; Aktenzeichen 4 O 381/06) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des LG Lüneburg vom 16.5.2007 wird zurückgewiesen. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger weitere 249,85 EUR zu zahlen.
Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der Streithilfe zu tragen. Die Kosten der Streithilfe hat die Streithelferin zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Der Streitwert im Berufungsverfahren wird auf bis zu 50.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. An Stelle eines Tatbestandes wird gem. § 540 Abs. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen. Mit der Berufung verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter. Sie macht geltend, das LG sei bei der Verurteilung zur Zahlung vom 47.342,93 EUR zu Unrecht davon ausgegangen, dass das ihre Zahlungen vom Termingeldkonto der Schuldnerin an die - Versicherung nicht mit schuldbefreiender Wirkung ggü. der Insolvenzmasse erfolgte seien. Die Beklagte wiederholt und vertieft insoweit ihren erstinstanzlichen Vortrag. Ein etwaiger Zahlungsanspruch des Klägers sei jedenfalls durch die Aufrechnung mit ihren zur Tabelle angemeldeten Ansprüchen erloschen. Soweit das LG die Beklagte zum Verzicht auf ihr Pfandrecht am Rückgewähranspruch der Schuldnerin gegen die - Versicherung verurteilt hat, rügt die Beklagte die Ausführungen des LG, dass sie das Pfandrecht anfechtbar gem. § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO erlangt habe. Der Fall einer inkongruenten Deckung liege nicht vor, weil die Verpfändung des Rückgewähranspruchs von vornherein vereinbart gewesen sei. Der Kläger beantragt, das angefochtene Urteil abzuändern und die Berufung zurückzuweisen. Wegen Zinsen für den Zeitraum vom 7.9.2006 bis zum 16.1.2007 (Klagezustellung) macht der Kläger im Wege der Klageerweiterung Zahlung von 249,85 EUR geltend. Die Beklagte beantragt, auch die erweiterte Klage abzuweisen.
II. Die Berufung unbegründet. Der mit der Klage geltend gemachte Zahlungsanspruch steht dem Kläger zu. Die Beklagte ist darüber hinaus verpflichtet, an den Kläger die in der Berufungsinstanz verlangten 249,85 EUR zu zahlen. Der Kläger kann von der Beklagten auch den Verzicht auf das ihr von der Schuldnerin eingeräumt Pfandrecht an dem Rückgewähranspruch der Schuldnerin gegen die - Versicherung verlangen.
1. Das LG hat die Beklagte mit Recht zur Zahlung des am 27.10.2004 bestehenden Termingeldguthabens von 46.058,06 EUR nebst der vereinbarten 1,5 % Zinsen für die Zeit bis zum 6.9.2006 (1.284,87 EUR), insgesamt 47.342,93 EUR, verurteilt.
a) Das LG ist zutreffend davon ausgegangen, dass Inhaber des bei der Beklagten geführten Termingeldkontos Nr. 200077709 die Schuldnerin war. Die Beklagte trägt dies nach nochmaliger Überprüfung nunmehr selbst vor.
b) Der Verwalter darf nach § 166 Abs. 2 InsO eine Forderung, die der Schuldner zur Sicherung eines Anspruchs abgetreten hat, zur Insolvenzmasse einziehen. Die Schuldnerin hatte das Guthaben des Termingeldkontos am 17.11.2003 an die - Versicherung zur Sicherung aller Ansprüche der - Versicherung abgetreten. Folglich steht der geltend gemachte Zahlungsanspruch dem Kläger jedenfalls insoweit zu, als die Beklagte das Termingeldguthaben noch nicht an die - Versicherung ausgezahlt hat.
c) Die Klageforderung ist aber auch insoweit begründet, als die Beklagte nach Insolvenzeröffnung von dem Termingeldguthaben 31.905,70 EUR an die - Versicherung geleistet hat. Die Zahlungen an die - Versicherung haben im Verhältnis der Beklagten zum Kläger keine schuldbefreiende Wirkung:
Es ist anerkannt, dass das Verwertungsrecht des Insolvenzverwalters nach § 166 Abs. 2 InsO das Verwertungsrecht des Sicherungszessionars ausschließt. Der Sicherungszessionar verliert vom Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung an seine Einziehungsbefugnis (BGH, Urt. v. 20.2.2003 - IX ZR 81/02; Urt. v. 17.11.2005 - IX ZR 174/04; OLG Dresden, Urt. v. 10.8.2006 - 13 U 926/06; OLG Frankfurt, Urt. v. 25.5.2005 - 1 U 124/04; OLG Düsseldorf, Urt. v. 25.8.2006 - 16 U 87/05). Das folgt aus § 173 Abs. 1 InsO, der im Umkehrschluss besagt, dass der absonderungsberechtigte Gläubiger nicht z...