Entscheidungsstichwort (Thema)

Schadensersatz bei Verkehrsunfall: Abrechnung auf Neuwagenbasis; Feststellungsbegehren

 

Leitsatz (amtlich)

1. Eine Schadensabrechnung auf Neuwagenbasis scheidet aus, wenn ein Leasingfahrzeug zum Unfallzeitpunkt bereits einen Monat zugelassen war und über 4.200 km Laufleistung aufwies.

2. Zur Problematik eines Feststellungsbegehrens im Rahmen einer beabsichtigten Schadensabrechnung auf Neuwagenbasis bei einem durch Verkehrsunfall beschädigten Leasingfahrzeug.

 

Normenkette

BGB § 249; ZPO § 256

 

Verfahrensgang

LG Verden (Aller) (Urteil vom 07.10.2011; Aktenzeichen 7 O 119/11)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das am 7.10.2011 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 7. Zivilkammer des LG Verden wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Dieses Urteil und das Urteil des LG sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung aus diesem Urteil und dem Urteil des LG durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

A. Die Klägerin nimmt die Beklagten aus einem Verkehrsunfall am 7.1.2011 auf Ersatz des an dem von ihr geleasten Pkw BMW 740 dx Drive entstandenen Sachschadens in Anspruch. Das Fahrzeug war am 7.12.2010 erstmals zugelassen worden und wies zum Unfallzeitpunkt eine Laufleistung von 4.232 km auf. Der Neupreis für ein vergleichbares Neufahrzeug beläuft sich auf knapp 95.000 EUR. Die Reparatur der unfallbedingt entstandenen Schäden an dem BMW (u.a. am Pralldämpfer, dem Querlenker, der vorderen Antriebswelle und des Vorderachsenträgers) würde netto 22.375,03 EUR kosten. Der verbleibende merkantile Minderwert nach der Reparatur betrüge 5.100 EUR.

Die Parteien haben u.a. über die Frage gestritten, ob die Klägerin den ihr entstandenen Sachschaden auf Neuwagenbasis abrechnen kann. Die Klägerin hat gemeint, ein solcher Anspruch stehe ihr zu. Die Höhe des auf dieser Basis zu ersetzenden Schadens für einen gleich ausgestatteten Neuwagen hat sie auf der Basis eines an sie selbst gerichteten Verkaufsangebotes der BMW AG, Niederlassung H., vom 15.3.2011 (Anlage K 2 zur Klagschrift, Bl. 35 ff. d.A.) auf 72.839,28 EUR (94.819,30 EUR Nettokaufpreis einschließlich Auslieferung abzgl. bereits von der Beklagten zu 1 gezahlter 21.980,02 EUR) errechnet.

Die Klägerin hat beantragt, unter Abänderung des angefochtenen Urteils festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, Zug um Zug gegen Übereignung des Fahrzeugs BMW 740 dx Drive, Kennzeichen ..., Fahrzeugident-Nr ..., gegen Nachweis der Anschaffung eines fabrikneuen Pkw mit den Ausstattungsmerkmalen des als Anlage K 2 überreichten Kostenvoranschlages der BMW-Niederlassung H., z. Hd. der BMW-Bank, Financial Services,..., 72.839,28 EUR zu zahlen.

Die Beklagte hat Klagabweisung beantragt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes im ersten Rechtszug wird auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung verwiesen. Mit dem am 7.10.2011 verkündeten Urteil hat das LG die Klage abgewiesen. Der Klägerin stehe zwar ein Anspruch auf Ersatz von 100 % der unfallbedingten Schäden zu. Der Ersatzanspruch belaufe sich aber nicht auf die Erstattung der Neuwertkosten. Denn die dafür von der Rechtsprechung angenommene Obergrenze von 3.000 km Fahrleistung sei hier deutlich überschritten. Auch die eingetretenen Schäden seien nicht so erheblich, dass sie die Verkehrstauglichkeit des Fahrzeugs in erheblichem Maße beeinträchtigen würden. Zudem sei zu berücksichtigen, dass im vorliegenden Fall das Integritätsinteresse geringer zu bewerten sei, weil es sich bei dem beschädigten Fahrzeug um ein Leasingobjekt handele. Demnach habe die Klägerin lediglich einen restlichen Zahlungsanspruch in Höhe der noch nicht beglichenen 20 % der Nettoreparaturkosten zzgl. des merkantilen Minderwertes, der sich auf insgesamt 5.495,01 EUR belaufe. Dieser Betrag habe jedoch der Klägerin nicht zugesprochen werden können, weil Entsprechendes nicht beantragt worden sei.

Gegen dieses Urteil wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung, mit der sie ihren erstinstanzlichen Klagantrag unverändert weiterverfolgt, hilfsweise mit der Maßgabe, dass statt des Betrags von 72.839,28 EUR derjenige Betrag gezahlt werden soll, den die Leasinggeberin für die Ersatzbeschaffung aufwenden muss. Weiter hilfsweise beantragt sie Zurückverweisung des Rechtsstreits an das LG zur weiteren Sachaufklärung.

Die Klägerin rügt eine fehlerhafte Rechtsanwendung des LG. Sie meint, bei zutreffender Anwendung der hierzu vom BGH aufgestellten Grundsätze oder zumindest deren sinnvoller Fortentwicklung hätte hier ein Anspruch auf Neuwagenentschädigung festgestellt werden müssen. Die bei dem Unfall aufgetretenen Beschädigungen des BMW seien erheblich im Sinne der Rechtsprechung, weil es sich nicht um einfach austauschbare Blechteile gehandelt h...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge