Leitsatz (amtlich)
Die Zuweisung einer bestimmten Summe in Euro in einer Abspaltungsbilanz an den abgespaltenen Rechtsträger hat keine dingliche Wirkung, wenn ein entsprechender Eurobetrag sich nicht im Eigentum des anderen Rechtsträgers befindet (sondern bestenfalls als Forderung gegen eine oder mehrere Bank(en) vorhanden ist). Ein Zahlungsanspruch des abgespaltenen Rechtsträgers besteht nicht, solange nicht ausgeschlossen werden kann, dass die Forderungen gegen Banken noch beiden Rechtsträgern zustehen.
Normenkette
UmwG § 131; ZPO §§ 592, 597
Verfahrensgang
LG Hannover (Urteil vom 23.01.2015; Aktenzeichen 15 O 35/14) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Vorbehaltsurteil der 8. Kammer für Handelssachen des LG Hannover vom 23.1.2015 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 27.2.2015 abgeändert.
Die Klage wird als im Urkundsverfahren unstatthaft abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Klägerin wird nachgelassen die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte ihrerseits vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin begehrt Zahlung eines ihr vermeintlich im Zuge der Spaltungsvereinbarungen zugedachten Geldbetrages von derjenigen Gesellschaft, von der sie durch Spaltungsvertrag abgespalten worden ist.
Die Geschäftsführer der hier streitenden Gesellschaften mit beschränkter Haftung waren bis 2014 Gesellschafter der LP GmbH. Infolge von Unstimmigkeiten beschlossen sie, sich gesellschaftsrechtlich zu trennen und schlossen unter dem 22.8.2014 einen notariellen Spaltungsvertrag. Teile des Gesellschaftsvermögens wurden auf die Klägerin übertragen; die LP GmbH hat in die Beklagte umfirmiert. Die Spaltung ist im Handelsregister am 9.9.2014 eingetragen.
Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin im Wege des Urkundenprozesses Zahlung i.H.v. 159.154,06 EUR nebst Zinsen. Den Betrag hat sie als anteiligen Kassenbestand bezeichnet (GA 3); ihr Begehren stützt sie auf § 1 Nr. 2a dritter Spiegelstrich des Spaltungsvertrages in Verbindung mit der Spaltungsbilanz.
"§ 1 Vermögensübertragung" des Spaltungsvertrages - soweit hier von Interesse - lautet:
1. Die übertragende Gesellschaft überträgt die nachfolgend bezeichneten Vermögensteile jeweils als Gesamtheit mit allen Rechten und Pflichten ...
2. Für die Übertragung der Gegenstände des Aktiv- und Passivvermögens auf die aufnehmende Gesellschaft gilt im Einzelnen:
Auf die aufnehmende Gesellschaft übertragen werden alle Aktiva und Passiva sowie alle sonstigen Vermögensgegenstände, die wirtschaftlich zum Unternehmensteil des Teilbetriebes (wie in der Vorbemerkung definiert und in Anlage V 1 näher dargestellt) gehören und in der zum 31.7.2014 aufgestellten "Abspaltungsbilanz" (vgl. Anlage 1 (2) a) der LP GmbH enthalten sind, sowie alle diesem Unternehmensteil zuzuordnenden nicht bilanzierungsfähigen ... Rechtspositionen und Gegenstände, Verträge und sonstige Rechte und Pflichten. Im Einzelnen sind dies insbesondere:
- in Anlage 1 (2) a Sp. 1 ... aufgeführten Gesellschaften ...
- alle dem Unternehmensteil des Teilbetriebs zuzuordnenden Verträge, insb. die in der Anlage ... aufgeführten Leasing- und Mietverträge, die mit NN gekennzeichnet sind, in der Anlage aufgeführten Betreuerverträge, die mit NN gekennzeichnet sind,
- die in der Abspaltungsbilanz (Anlage 1 (2) a) ausgewiesenen Vermögensgegenstände des Anlage- und Umlaufvermögens, soweit nicht bereits vorstehend erfasst.
In der Abspaltungsbilanz sind bei den Aktiva unter III. "Kassenbestand und Guthaben bei Kreditinstituten" aufgeführt:
gesamt 250.438,75 EUR,
der LP sind zugeordnet: 91.284,67 EUR,
der NW GmbH sind zugeordnet 159.154,08 EUR.
Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie 159.154,08 EUR nebst Zinsen zu zahlen, hilfsweise, ihr die Ausführung ihrer Rechte im Nachverfahren vorzubehalten.
Die Beklagte ist dem entgegen getreten.
Die Beklagte hat die Klage im Urkundsverfahren für unstatthaft gehalten, weil es bei den Guthaben bei Kreditinstituten nicht um einen Anspruch gehe, der auf Zahlung gerichtet sei. Für das Nachverfahren hat sie die Geltendmachung von Zurückbehaltungsrechten und Gegenansprüchen angekündigt, die insb. aus einer gesamtschuldnerischen Inanspruchnahme auch der Beklagten seitens einer Kundin aus der Zeit vor der Spaltung, die nunmehr dem Geschäftsfeld der Klägerin zugeordnet ist, herrühren sollen.
Das LG hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Es hat gemeint, die Beklagte weise zwar mit Recht darauf hin, dass die Guthaben bei Kreditinstituten nicht im Wege der reinen Zahlung übertragen werden könnten, sondern durch Abtretung des Anspruchs gegen das Kreditinstitut. Bei verständiger Würdigung seien unter den "Guthaben bei Kreditinstituten" der Spaltungsbilanz liquide Mittel im Gegensatz zu den "Sach- und Finanzanlagen" des Anla...