Leitsatz (amtlich)
Auch wenn die Rechtsstellung der stillen Gesellschafter einer KG gesellschaftsvertraglich der Stellung eines Kommanditisten angenähert ist ("Innen-Kommanditist"), können sie in der Insolvenz der KG nur im Innenverhältnis auf Deckung eines Verlustes in Anspruch genommen werden. Mangels unmittelbarer Haftung ggü. den Gesellschaftsgläubigern kann der Insolvenzverwalter nicht nach § 171 Abs. 2 HGB vorgehen.
Verfahrensgang
LG Hannover (Urteil vom 12.02.2008; Aktenzeichen 32 O 34/07) |
Tenor
1. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des LG Hannover vom 12.2.2008 abgeändert und die Klage abgewiesen. Die Anschlussberufung wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 115 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, sofern der Beklagte nicht zuvor Sicherheit i.H.v. 115 % des jeweils vollstreckbaren Betrages erbracht hat.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
5. Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 153.387,56 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Parteien streiten über eine Einlageforderung der Insolvenzschuldnerin gegen den Beklagten als ihren stillen Gesellschafter.
Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der D. KG. Der Beklagte hat sich mit Beitrittserklärung vom 16.10.1992 und durch Zeichnungsschein vom 8.2.1994 als atypischer stiller Gesellschafter an der Insolvenzschuldnerin mit insgesamt 300.000 DM (153.387,56 EUR) beteiligt. Die Insolvenzschuldnerin wurde Ende 1991 gegründet. Nach § 6 Abs. 5 des Gesellschaftsvertrages sind Einlagen zum 1.1. des Beitrittsjahres zu erbringen; bei Nichtzahlung oder verspäteter Zahlung ist der Gesellschafter zur Zahlung eines Ausgleichs an die Gesellschaftskasse i.H.v. 10 % p.a. verpflichtet. Nach § 6 Abs. 8 ist eine Aufrechnung durch den Gesellschafter oder ein Zurückbehaltungsrecht des Gesellschafters ggü. der Einzahlungsverpflichtung ausgeschlossen. Nach § 4 Abs. 6 haben atypisch stille Gesellschafter dieselben Rechte und Pflichten wie Kommanditisten.
Der Kläger nimmt den Beklagten gem. § 171 Abs. 1 HGB in Anspruch und verweist auf seine Berechtigung gem. § 171 Abs. 2 HGB. Wegen des weitergehenden erstinstanzlichen Parteivortrags und der erstinstanzlichen Entscheidungsgründe wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen. Mit seiner Berufung begehrt der Beklagte die Abweisung der Klage; der Kläger verfolgt mit der Anschlussberufung das teilweise abgewiesene Zinsbegehren weiter.
Der Beklagte vertritt die Auffassung, § 171 HGB sei im Falle einer atypischen stillen Gesellschaft nicht anzuwenden. Die Einlage des stillen Gesellschafters könne zwar gesellschaftsrechtlich als Teil der Eigenkapitalgrundlage angesehen werden, wenn dem stillen Gesellschafter intern die Stellung eines Kommanditisten eingeräumt werde. Dabei handele es sich aber nur um eine Erfüllung eines internen Schuldverhältnisses, die keine Haftung ggü. dem Gläubiger der Gesellschaft begründe. Der stille Gesellschafter habe in diesem Fall nur im Innenverhältnis die Rechte und Pflichten eines Kommanditisten. Gegenüber Dritten werde mangels Eintragung in das Handelsregister kein Vertrauenstatbestand gesetzt.
Aus der Bilanzfeststellung ergebe sich ein Anerkenntnis der Leistung der Einlage. Richtig sei zwar, dass die Bilanzfeststellung Dritten ggü. keine Bindungswirkung entfalte. Etwas anderes gelte aber im Innenverhältnis.
Das LG habe gegen § 139 ZPO verstoßen, indem es für den Beklagten überraschend nicht darauf hingewiesen habe, dass es auf die Werthaltigkeit der Moratoriumsforderungen für die Beurteilung der Verrechnungswirksamkeit ankommen solle. Dasselbe gelte für die vom LG vertretene Ansicht, der Kaufvertrag über die Moratoriumsforderung sei nach §§ 134, 138 BGB nichtig. Nicht einmal der Kläger sei auf die Möglichkeit eines Scheingeschäfts eingegangen.
Wenn das LG seiner Hinweispflicht nachgekommen wäre, hätte der Beklagte zur Frage der Werthaltigkeit näher vorgetragen.
Der Nennwert der Moratoriumsforderungen, die die Insolvenzschuldnerin für 40 Mio. DM erworben habe, habe sich auf insgesamt 70 Mio. DM belaufen. Mit seiner Vereinbarung vom 19.1.1993 habe die Insolvenzschuldnerin von den erworbenen zweitrangigen Moratoriumsforderungen Forderungen im Nennbetrag von 10 Mio. DM an die F. abgetreten und dafür 6,5 Mio. DM erhalten. Die Insolvenzschuldnerin habe insgesamt zweitrangige Moratoriumsforderungen im Nennwert von 30 Mio. DM erworben; der anteilige Kaufpreis dafür habe 15 Mio. DM betragen. Aus dem Bestand dieser Forderung sei 1/3 veräußert worden, sodass der anteilige Buchwert 5 Mio. DM betragen habe. Damit habe sich der Gewinn aus diesem Geschäft für die Insolvenzschuldnerin auf 1,5 Mio. DM belaufen. Die Insolvenzschuldnerin habe im Rahmen der gleichen Vereinbarung an G. einen Teilbetrag i.H.v. 377.169,05 DM abgetreten, so dass sich der Gewinn entsprechend auf 1.311.415,47 DM vermindert habe. Die Differenz erkläre sich aus zugunsten der Insolvenzsch...