Leitsatz (amtlich)
1. Zum konkludenten Zustandekommen eines Steuerberatungsvertrages.
2. Der Steuerberatungsvertrag mit einer GmbH ist jedenfalls in der Regel kein Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten des GmbH-Geschäftsführers.
Normenkette
BGB §§ 328, 611
Verfahrensgang
LG Stade (Urteil vom 08.11.2006; Aktenzeichen 2 O 176/06) |
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das am 8.11.2006 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des LG Stade wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird gestattet, die Vollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe eines die vollstreckbare Forderung um 20 % übersteigenden Betrages abzuwenden, soweit nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger macht mit seiner Klage Schadensersatzansprüche gegen die Beklagte wegen fehlerhafter steuerlicher Beratung im Zusammenhang mit der Veräußerung von GmbH-Anteilen des Klägers geltend.
Der Kläger war Geschäftsführer der V. GmbH. Die Beklagte war seit Mitte der 80-er Jahre für die GmbH als Abschlussprüferin und Steuerberaterin tätig.
Ende des Jahres 1989 beschlossen der Kläger und sein Mitgeschäftsführer L. R. die Anteilsmehrheit an der V. GmbH zu übernehmen. Am 22.12.1989 erwarb der Kläger Geschäftsanteile i.H.v. nominal 759.500 DM, sodass sich aufgrund des Stammkapitals von 4,9 Mio. DM eine Beteiligung von 15,5 % ergab.
1996 wurde die V. GmbH auf die V.-Vermittlungs GmbH als übernehmender Rechtsträger verschmolzen. Die V.-Vermittlungs GmbH wurde in V. GmbH umfirmiert. Das Stammkapital der neuen V. GmbH betrug 4,91 Mio. DM.
Durch Erhöhung des Stammkapitals auf 7,91 Mio. DM im Dezember 1996 sank der Anteil des Klägers auf 9,6 %.
Zu Beginn des Jahres 2001 führte der Kläger erste Gespräche mit Vertretern eines US-Unternehmens hinsichtlich der Veräußerung seiner Anteile, wobei der Kläger von der Anwaltskanzlei L. beraten wurde, und zwar durch Rechtsanwalt G.
Mit notariellem Vertrag vom 17.7.2001 veräußerte der Kläger zum 30.9.2001 seine Geschäftsanteile an das US-Unternehmen zu einem Kaufpreis von 2.255.945 DM.
Mit Datum vom 26.7.2004 erließ das Finanzamt O. ggü. dem Kläger einen Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2001, wonach der Kläger aufgrund § 17 EStG Einkommensteuer i.H.v. 435.718 EUR nachzuzahlen hatte. Ein Einspruch gegen den Steuerbescheid blieb ohne Erfolg.
Der Kläger hat gemeint, die Beklagte habe ihn im Zusammenhang mit der Veräußerung der Geschäftsanteile beraten, und zwar dahingehend, dass Gewinne aus dem Verkauf der Anteile nicht zu versteuern seien.
Der Kläger hat ursprünglich Ersatz eines Schadens i.H.v. 435.718 EUR zzgl. außergerichtlicher Rechtsverfolgungskosten i.H.v. 1.740 EUR geltend gemacht, zuletzt aber nur noch 196.828,17 EUR.
Das LG hat zu der Frage, ob die Beklagte den Kläger beraten habe, den Geschäftsführer der Beklagten als Partei vernommen.
Es hat sodann die Klage als unbegründet abgewiesen. Der Kläger habe nicht darlegen und beweisen können, dass es zwischen ihm und der Beklagten zum Abschluss eines Steuerberatungsvertrages gekommen sei. Die vom Kläger herangezogenen Hilfstatsachen reichten nicht aus, um sichere Rückschlüsse auf den Abschluss eines Vertrages zu ziehen, was die Kammer im Einzelnen ausgeführt hat. Auch ein Schadensersatzanspruch aus einem nichtvertraglichen Gefälligkeitsverhältnis bestehe nicht, § 675 Abs. 2 BGB; es fehle auch an einem Verpflichtungswillen, der ausnahmsweise Schadensersatzansprüche auslösen könnte.
Dagegen wendet sich die Berufung des Klägers, mit der er seinen in erster Instanz zuletzt gestellten Zahlungsantrag weiter verfolgt.
Das LG habe verkannt, dass die Beklagte selbst in ihren Stundennachweisen zu ihren Honorarrechnungen vom 29.6. und 3.8.2001 (Anlagen K 6/K 13, gesondert geheftet) Steuerberaterleistungen aufgeführt und abgerechnet habe, die ausschließlich steuerliche Interessen des Klägers im Zusammenhang mit dem Verkauf seiner Gesellschaftsanteile betroffen hätten. Die Rechnung der Beklagten vom 3.8.2001 (K 13) betreffe eine Tätigkeit im Umfang von vier Stunden für ein Gespräch im alleinigen steuerlichen Interesse des Klägers aus Anlass der Veräußerung seiner B.-Anteile. Weiter habe die Kammer auch das Schreiben der Beklagten vom 10.6.2001 übergangen (K 9), welches ebenfalls die steuerliche Beratung im alleinigen Verkäuferinteresse betroffen habe. Es sei auch eine nicht unübliche Vorgehensweise bei Unternehmen, auch Steuerberatungsleistungen, die nur einen äußeren Bezug zum Unternehmen aufweisen, jedoch im alleinigen steuerlichen Interesse eines Gesellschafters liegen, über das Unternehmen abzurechnen. Der Kläger verweist weiter auf ein Telefax der Beklagten, in dem diese am 11.5.2001 über § 17 EStG informiert habe (K 25, Bl. 188).
Und selbst wenn Auftraggeber die GmbH gewesen sein sollte, hätte es sich, soweit das Mandat Interessen des Klägers betroffen hätte, um eine...