Leitsatz (amtlich)
Im Nachbarstreit über eine Kommunwand ist ein Vollstreckungstitel ausreichend bestimmt, der es dem abreißenden Nachbarn aufgibt, die Außenwand des stehengebliebenen Nachbargebäudes vor witterungsbedingten Feuchtigkeits- und Temperatureinflüssen zu schützen.
Normenkette
BGB § 921; ZPO §§ 887-888
Verfahrensgang
LG Zwickau (Beschluss vom 07.08.2008; Aktenzeichen 1 O 891/06) |
Tenor
1. Die sofortige Beschwerde des Beklagten gegen den Beschluss des LG Zwickau vom 7.8.2008 wird auf Kosten des Beschwerdeführers zurückgewiesen.
2. Der Gegenstandswert ist 50.000 EUR.
Gründe
Das LG Zwickau hat den Beklagten u.a. verurteilt, alle Maßnahmen zu treffen, die erforderlich sind, um die Außenwand des Gebäudes der Klägerin I. Straße.. in ... (Flurnummer..), die an das Grundstück des Beklagten I. Straße.. (Flurnummer..) angrenzt, vor witterungsbedingten Feuchtigkeits- und Temperatureinflüssen zu schützen.
Das Urteil war vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 25.000 EUR. Die Klägerin hat Sicherheit geleistet. Der Beklagte hat keine Maßnahmen ergriffen, um die Außenwand der Klägerin zu schützen. Daraufhin hat die Klägerin beantragt, sie zur Ersatzvornahme zu ermächtigen. Diesem Antrag hat das LG mit dem angegriffenen Beschluss stattgegeben und hat gleichzeitig den Beklagten verpflichtet, der Klägerin das Betreten seines Grundstücks I. Straße.. zu dulden und Zugang zu verschaffen.
Diesen Beschluss hat der Beklagte form- und fristgerecht mit der sofortigen Beschwerde angegriffen.
Das LG hat der Beschwerde nicht abgeholfen.
Mit Urteil vom heutigen Tag hat der Senat die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des LG Zwickau zurückgewiesen.
Die sofortige Beschwerde hat ebenfalls keinen Erfolg.
Der Beklagte wendet gegen den Beschluss des LG ein, die Maßnahmen, zu denen der Beklagte verurteilt worden sei, seien so unbestimmt, dass der Beklagte ein weitgehendes Ermessen habe, auf welche Art und Weise er die Außenwand der Klägerin ertüchtige. Das mache diese Maßnahme zu einer unvertretbaren Handlung, die allenfalls nach § 888 ZPO vollstreckt werden könne. Diesen Einwand hat das LG nicht gelten lassen. Das LG hat mit seiner Urteilsformel dem Beklagten in der Tat ein weites Ermessen zur Auswahl der Maßnahmen eingeräumt. Dieses Auswahlermessen macht diese Handlung aber nicht unvertretbar. Jeder Baufachmann kann verantwortlich entscheiden, was nötig ist, um die Außenwand vor Feuchtigkeit und die Innenseite der Kommunwand vor Tauwasser zu schützen. Die Situation ist nicht anders, als wenn ein Nachbar verurteilt wird, zu verhindern, dass Niederschlagswasser von seinem Grundstück auf das Grundstück des Nachbarn geleitet wird, oder wenn er verurteilt wird, den Nachbarn vor lästigen Emissionen zu schützen. Das sind alles Handlungen, die auch ein Dritter vornehmen kann. Die Operationalisierung der Pflichten zum Schutz der Gebäudeaußenwand wird ins Vollstreckungsverfahren verlagert. Der Klägerin bleibt das Risiko, dass sie mehr und teureres tut, als notwendig gewesen wäre, die Wand zu schützen. Die Situation ist insofern nicht anders, als wenn die Klägerin zunächst einen Vorschuss erlangen würde, über dessen ordnungsgemäße Verwendung danach abzurechnen hat. Da im Vollstreckungsverfahren jedenfalls das erkennende Gericht zuständig ist, hat das Vollstreckungsgericht die notwendige Sachkunde zur Beurteilung des möglichen Streits.
Das Rechtsmittel war erfolglos, deswegen hat der Beklagte die Kosten zu tragen, § 97 ZPO.
Der Gegenstandswert orientiert sich an den voraussichtlichen Kosten der Ersatzvornahme (vgl. das heutige Senatsurteil unter IV., S. 10).
Fundstellen
Haufe-Index 2243703 |
MDR 2009, 1411 |
OLGR-Ost 2009, 851 |