Entscheidungsstichwort (Thema)
Ausbildung zum Wirtschaftsassistenten kein Teil der allgemeinen Schulbildung
Normenkette
BGB § 1603 Abs. 2 S. 2
Verfahrensgang
AG Dippoldiswalde (Urteil vom 18.06.2004; Aktenzeichen 5 F 425/03) |
Tenor
Dem Beklagten wird Prozesskostenhilfe für die beabsichtigte Berufung gegen das Urteil des AG - FamG - Dippoldiswalde vom 18.6.2004 nicht bewilligt.
Gründe
I. Der Beklagte beantragt Prozesskostenhilfe für die von ihm beabsichtigte Berufung gegen das Urteil des AG - FamG - Dippoldiswalde vom 18.6.2004, mit dem das Urteil des AG - FamG - Dippoldiswalde vom 26.8.2002 dahin gehend abgeändert wurde, dass der Kläger, sein Vater, ihm ab dem 5.9.2003 keinen Unterhalt mehr schuldet.
Der am 16.7.1985 geborene Beklagte besucht, nachdem er den Schulabschluss der 10. Klasse erworben hat, seit dem 1.8.2002 die Berufsfachschule am Beruflichen Schulzentrum für Technik und Wirtschaft in Freital und absolviert dort eine dreijährige Ausbildung zum Wirtschaftsassistenten, Fachrichtung Umweltschutz, mit integrierter Fachoberschulausbildung. Es handelt sich um eine doppelqualifizierende Ausbildung, d.h., der Beklagte erhält am Ende sowohl den staatlich anerkannten Berufsabschluss "Staatlich geprüfter Wirtschaftsassistent, Fachrichtung Umweltschutz" als auch die Fachhochschulreife.
Einziger Streitpunkt zwischen den Parteien ist die Frage, ob es sich hierbei um einen Teil der allgemeinen Schulbildung handelt mit der Folge, dass der Beklagte als privilegierter Volljähriger gem. § 1603 Abs. 2 S. 2 BGB unterhaltsrechtlich einem Minderjährigen gleichsteht und der Kläger sich ihm ggü. nur auf den notwendigen, nicht auf den angemessenen Selbstbehalt berufen darf. Das AG hat diese Frage verneint, da die vom Beklagten besuchte Berufsfachschule ihm eine abgeschlossene Berufsausbildung vermittelt, mit der er eine Berufstätigkeit aufnehmen kann.
II. Die vom Beklagten hiergegen beabsichtigte Berufung hat keine Aussicht auf Erfolg, so dass Prozesskostenhilfe nicht bewilligt wird. Bei dem vom Beklagten besuchten Ausbildungsgang handelt es sich nicht um allgemeine Schulbildung i.S.d. 1603 Abs. 2 S. 2 BGB.
Der Begriff der allgemeinen Schulbildung ist in § 1603 Abs. 2 S. 2 BGB selbst nicht näher definiert. Im Interesse einer einheitlichen Rechtsanwendung ist es aber sachgerecht, den Begriff in Anlehnung an die zu § 2 Abs. 1 Nr. 1 BAFöG entwickelten Grundsätze auszulegen, d.h., die allgemeine Schulbildung ist in drei Richtungen abzugrenzen: nach dem Ausbildungsziel, der zeitlichen Beanspruchung des Schülers und der Organisationsstruktur der Schule (BGH v. 10.5.2001 - XII ZR 108/99, MDR 2001, 1059 = BGHReport 2001, 602 = FamRZ 2001, 1068; v. 9.1.2002 - XII ZR 34/00, BGHReport 2002, 498 = MDR 2002, 826 = FamRZ 2002, 815). Ziel des Schulbesuchs muss danach der Erwerb eines allgemeinen Schulabschlusses als Zugangsvoraussetzung für die Aufnahme einer Berufsausbildung oder den Besuch einer Hochschule/Fachhochschule sein (BGH v. 10.5.2001 - XII ZR 108/99, MDR 2001, 1059 = BGHReport 2001, 602 = FamRZ 2001, 1068; v. 9.1.2002 - XII ZR 34/00, BGHReport 2002, 498 = MDR 2002, 826 = FamRZ 2002, 815). Anders als beim Besuch eines Gymnasiums, einer Real-, einer Gesamt-, einer Mittel-, einer Haupt- oder Fachoberschule ist diese Voraussetzung bei einer doppelqualifizierenden Schulausbildung, die im Anschluss an einen bereits erworbenen Schulabschluss (hier: der 10. Klasse) stattfindet, nicht gegeben. Neben allgemeinen Ausbildungsinhalten wird dem Beklagten hier auch bereits eine auf ein konkretes Berufsbild bezogene Ausbildung vermittelt (KG v. 15.3.2002 - 18 WF 99/02, KGReport Berlin 2002, 113 = MDR 2002, 1013 = FamRZ 2003, 178; OLG Koblenz NJWE-FER 2001, 176; OLG Koblenz v. 27.1.1999 - 13 WF 26/99, OLGReport Koblenz 1999, 284). Damit wird der Beklagte nicht nur, wie beispielsweise bei einem Berufsvorbereitungsjahr, auf die Aufnahme einer Ausbildung vorbereitet, sondern absolviert sie bereits.
Nach der erstinstanzlich eingeholten Auskunft des Schulleiters des Beruflichen Schulzentrums kann bei dem vom Beklagten gewährten Ausbildungsgang eine Schwerpunktsetzung zugunsten allgemeiner oder beruflicher Inhalte nicht vorgenommen werden. Allerdings umfasst der Anteil der Betriebspraktika zeitlich fast ein Ausbildungsjahr; auch dies spricht gegen eine Schwerpunktsetzung zugunsten der allgemeinen Ausbildung.
Soweit der Beklagte sich auf den Beschluss des Senats vom 3.3.2003 (OLG Dresden, Beschl. v. 3.3.2003 - 10 WF 122/03, OLGReport Dresden 2004, 17 = FamRZ 2004, 301) bezieht, gilt Folgendes:
In dem dort entschiedenen Fall diente der - einjährige - Besuch der Berufsfachschule der Vorbereitung auf eine Lehrbildung, vermittelte also nicht bereits selbst eine Berufsausbildung. Insoweit ist die Ausgangslage nicht vergleichbar. Darüber hinaus hält der Senat an der dort vertretenen Auffassung, der Besuch einer Berufsfachschule gehöre zur allgemeinen Schulausbildung, in dieser Allgemeinheit nicht fest, sondern schließt sich im Hinblick auf doppelqualifizierende A...