Leitsatz (amtlich)

Das konsekutive Auftreten des Sachverständigen und des beklagten Arztes als Referenten auf einer Fortbildungsveranstaltung begründet die Besorgnis der Befangenheit des Sachverständigen nicht.

 

Verfahrensgang

LG Leipzig (Aktenzeichen 07 O 316/16)

 

Tenor

I. Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Landgerichts Leipzig vom 02.11.2018 - Az 7 O 316/16 - wird zurückgewiesen.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

IV. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 12.621,20 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Klägerin begehrt Schadensersatz und Feststellung der Einstandspflicht für zukünftige materielle Schäden infolge einer behaupteten zahnärztlichen Fehlbehandlung. Das Landgericht hat ein zahnärztlich-prothetisches Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. W. eingeholt, das die Klägerin mit Schriftsatz vom 31.08.2018 unter Verweis auf ein von ihr vorgelegtes Privatgutachten als fehlerhaft kritisiert und eine mündliche Erläuterung durch den Sachverständigen beantragt hat. Vor dem daraufhin anberaumten Termin hat die Klägerin den Antrag gestellt, den Sachverständigen wegen Besorgnis der Befangenheit abzulehnen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, es bestünden berufliche Verbindungen zwischen dem Beklagten zu 1 und dem Sachverständigen, da beide als Fachreferenten einer zahnmedizinischen Fortbildungsreihe der Landeszahnärztekammer Sachsen tätig seien. Enge berufliche und wissenschaftliche Verbindungen seien zudem seit dem Jahr 2012 festzustellen, da der Sachverständige von der XXX, deren Präsident der Beklagte zu 1 sei, mehrfach als Referent eingeladen worden sei. Ferner habe der Sachverständige in seinem Gutachten aus der Krankenkartei des Beklagten zitiert und sich in einer nicht der Sache dienlichen und herabsetzenden Weise über die Klägerin geäußert. Mit Stellungnahme vom 30.10.2018 hat der Sachverständige mitgeteilt, dass er zwar im Rahmen einer curricularen Fortbildung und bei Symposien als Referent tätig sei, es jedoch weder gemeinsame Veranstaltungen noch gemeinsamen Abschlussgespräche und auch im Übrigen keine persönliche oder konzeptionelle Zusammenarbeit mit dem Beklagten zu 1 gebe. Mit Beschluss vom 02.11.2018 hat das Landgericht den Antrag abgelehnt. Gegen den Beschluss wendet sich die Klägerin mit der Beschwerde vom 23.11.2018, mit der sie ihr Vorbringen einerseits wiederholt und vertieft und anderseits rügt, der Sachverständige habe auf eine aus Sicht der Klägerin vorliegende Verfälschung der Krankenkartei durch den Beklagten zu 1 nicht hingewiesen. Mit Beschluss vom 30.11.2018 hat das Landgericht der Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem OLG Dresden zur Entscheidung vorgelegt.

II. Die sofortige Beschwerde ist gemäß §§ 406 Abs. 5, 567 Abs. 1 Ziffer 1, 569 ZPO zulässig, hat in der Sache aber keinen Erfolg. Eine Ablehnung des Sachverständigen Prof. Dr. Walter wegen der Besorgnis der Befangenheit ist nicht gerechtfertigt.

Die Besorgnis der Befangenheit eines Sachverständigen ist gemäß §§ 406 Abs. 1, 42 ZPO anzunehmen, wenn Umstände vorliegen, die berechtigte Zweifel an seiner Unparteilichkeit aufkommen lassen. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Sachverständige tatsächlich befangen ist oder ob er sich selbst für befangen hält. Erforderlich sind objektive Gründe, die vom Standpunkt des Ablehnenden bei vernünftiger Betrachtung die Befürchtung wecken können, der Sachverständige stehe der Sache nicht unvoreingenommen und damit nicht unparteiisch gegenüber (BGH, NJW-RR 2003, 1220, 1221; Senat, Beschluss vom 12. Dezember 2017 - 4 W 1113/17 -, Rn. 3, juris). Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Dabei kann zunächst auf die zutreffenden Ausführungen des Erstgerichts in der angefochtenen Entscheidung verwiesen werden, wonach eine Tätigkeit des Beklagten zu 1 als Referent bei Fortbildungsveranstaltungen nicht zwangsläufig zu einer Besorgnis der Befangenheit führt. Allein die lediglich berufliche Bekanntschaft zwischen dem medizinischen Sachverständigen und dem Beklagten zu 1 vermag die Besorgnis der Befangenheit grundsätzlich nicht zu begründen (Senat, Beschluss vom 18.04.2017, 4 W 288/17 - juris; vgl. Saarländisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 26.09.2007 - 5 W 233/07-, juris). Ebenso wenig rechtfertigen beruflich bedingte wissenschaftliche und fachliche Erfahrungsaustausche und berufliche Kontakte von Ärzten und Wissenschaftlern bei vernünftiger Betrachtung die Besorgnis der Befangenheit (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 17.08.2011 - 32 W 15/11-, juris). Der Umstand, dass der Sachverständige den Beklagten zu 1 kennt und - wie auch der Beklagte zu 1 - als Referent auf Fortbildungsveranstaltungen tätig ist, ist aus der Sicht einer vernünftigen Partei nicht geeignet, an der Unparteilichkeit des Sachverständigen zu zweifeln.

Ein Grund für die Besorgnis der Befangenheit besteht bei einem Sachverständigen darüber hinaus dann, wenn zwischen ihm und einem der Beteiligten eines gerichtlichen Verfahrens ein Dienst- oder Arbei...

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