Leitsatz (amtlich)
1. Eine zur Annahme eines Bauvertrages i.S.d. § 99 Abs. 3 GWB führende Bauleistung umfasst die Arbeiten, die zur Herstellung eines funktionsfähigen Bauwerkes notwendig sind. Die Funktionsfähigkeit richtet sich nach dem Nutzungszweck, den der Auftraggeber mit dem Bauwerk verwirklichen will. Nicht entscheidend ist demgegenüber, ob die Leistung nach deutschem Zivilrecht als werkvertragliche einzustufen ist.
2. Ausgehend hiervon kann im Einzelfalle auch der Kauf der Ausstattung eines Gebäudes dienenden Zubehörs i.S.d. §§ 90 ff. BGB als Bauleistung im vergaberechtlichen Sinne anzusehen sein.
Verfahrensgang
Vergabekammer Sachsen (Beschluss vom 17.09.2004; Aktenzeichen 1 SVK-0083/04) |
Tenor
1. Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss der 1. Vergabekammer des Freistaates Sachsen vom 17.9.2004 - 1 SVK 83/04, wird zurückgewiesen.
2. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen des Antragsgegners und der Beigeladenen. Die Kosten der Beiziehung eines Rechtsanwalts durch die Vergabestelle im Beschwerdeverfahren waren notwendig.
3. Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf bis zu 25.000 Euro festgesetzt.
Gründe
I. Gegenstand des Nachprüfungsverfahrens ist eine von der Vergabestelle so bezeichnete öffentliche Ausschreibung nach VOB/A vom Mai 2004 zur Lieferung und Montage der Erstausstattung eines Werkstatt- und Laborgebäudes am Beruflichen Schulzentrum für Technik des Antragsgegners. Mit den hier streitbefangenen Losen 1-21 und 1-22, die von der Antragstellerin mit dem jeweils niedrigsten Preis angeboten wurden und danach zusammen ein Volumen von knapp 500.000 Euro haben, sollte die Ausrüstung zweier kompletter Bankräume für die Ausbildung im Bereich Metalltechnik beschafft werden, darunter verschiedene Dreh-, Fräs-, Schleif- und Bohrmaschinen, Werkbänke mit Medienversorgung, Lehrmittel und Werkzeuge. Das gesamte Vorhaben einschließlich der Errichtung/Sanierung des Unterrichtsgebäudes selbst erreicht den Schwellenwert von 5 Mio Euro unstreitig nicht.
Die Antragstellerin, welche die hier zu beurteilende Ausschreibung als Bauauftrag zunächst unbeanstandet gelassen hatte, betrieb, nachdem sie von der Vergabestelle die Mitteilung erhalten hatte, der Zuschlag werde aus wirtschaftlichen Gründen anderweitig erteilt werden, zunächst die Überprüfung des Vergabeverfahrens bei der (im Bekanntmachungstext als hierfür zuständige Stelle benannten) Vergabeprüfstelle des Regierungspräsidiums. Nachdem sie dabei im Ergebnis erfolglos geblieben war, leitete die Antragstellerin ein förmliches Vergabekontrollverfahren ein, in dessen Verlauf sie erstmals ausdrücklich rügte, die Ausschreibung vom Mai 2004 hätte nach VOL/A erfolgen müssen, weil der Sache nach ein Lieferauftrag vergeben solle.
Die Vergabekammer hat sich dem mit dem angefochtenen Beschluss nicht angeschlossen, sondern die Ausschreibung als rechtsmäßig angesehen und vor diesem Hintergrund das Nachprüfungsbegehren mangels Erreichen des dann maßgeblichen Schwellenwerts als unzulässig verworfen. Hilfsweise hat sie die Auffassung vertreten, die Antragstellerin sei jedenfalls mit ihrer Rüge der fehlerhaft gewählten Verdingungsordnung nach § 107 Abs. 3 GWB ausgeschlossen. Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde der Antragstellerin, mit der sie ihren Nachprüfungsantrag weiterverfolgt; der Antragsgegner und die Beigeladene, an die der Auftrag aus Sicht der Vergabestelle erteilt werden soll, sind dem Rechtsbehelf entgegengetreten.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst dazu überreichter Unterlagen sowie auf die Sachverhaltsdarstellung der angegriffenen Entscheidung Bezug genommen.
II. Die Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet. Der Senat teilt die Ansicht der Vergabekammer, dass der Nachprüfungsantrag der Beschwerdeführerin schon unzulässig ist, weil der für Bauaufträge einschlägige Schwellenwert von 5 Mio Euro (§ 2 Nr. 4 Vergabeverordnung) nicht erreicht ist; dieser Wert ist hier auch maßgeblich, weil das Vergabeverhalten des Antragsgegners, seinen streitgegenständlichen Beschaffungsbedarf als Bauauftrag nach VOB/A auszuschreiben, nicht zu beanstanden ist. Auf die Hilfserwägungen der Vergabekammer zur Rügepräklusion kommt es daher im Ergebnis nicht mehr an.
1. Maßgeblich dafür, was im vergaberechtlichen Sinne ein Bauauftrag ist, der den Anwendungsbereich der §§ 97 ff. GWB eröffnet, ist § 99 Abs. 3 GWB. Dazu gehören - in Übereinstimmung mit den gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben aus Art. 1 der Baukoordinierungsrichtlinie vom 14.6.1993 - Verträge, die auf die Ausführung eines Bauwerks gerichtet sind, "dass seinem Wesen nach eine wirtschaftliche oder technische Funktion erfüllen soll". Rechtsprechung und Literatur sind darüber einig, dass in der Frage, was danach zu einer Bauleistung gehört - und damit nach deutschem Vergaberec...