Leitsatz (amtlich)
1. Auch wenn an eine Invaliditätsbescheinigung in der privaten Unfallversicherung keine hohen Anforderungen zu stellen sind, genügt es nicht, wenn sie nur die Invalidität als solche bescheinigt aber keine Feststellung enthält, ob das Unfallereignis hierfür (mit-)ursächlich gewesen ist.
2. Die Belehrung über die vertragliche Ausschlussfrist für die Vorlage dieser Bescheinigung kann auch auf dem Schadensantragsformular erfolgen, es ist nicht erforderlich, dass der Hinweis bei dem Versicherungsnehmer verbleibt.
3. Die Berufung auf eine verspätete Vorlage einer Invaliditätsbescheinigung ist nicht allein deswegen als treuwidrig anzusehen, weil der Versicherer nach Fristablauf in die Prüfung seiner Einstandspflicht eingetreten war.
Verfahrensgang
LG Dresden (Aktenzeichen 8 O 2766/19) |
Tenor
1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung des Klägers ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss zurückzuweisen.
2. Der Kläger hat Gelegenheit, innerhalb von zwei Wochen Stellung zu nehmen. Er sollte allerdings auch die Rücknahme der Berufung in Erwägung ziehen.
3. Der Termin zur mündlichen Verhandlung vom 09.02.2021 wird aufgehoben.
4. Es ist beabsichtigt, den Gegenstandswert des Verfahrens auf 30.000,00 EUR festzusetzen.
Gründe
I. Der Kläger begehrt Leistungen aus einer Unfallversicherung. Seine Mutter schloss als versicherte Person zum 01.09.2008 eine Unfallversicherung bei der Beklagten. Der Kläger ist im Besitz des Versicherungsscheines und seine Mutter hat ihm am 27.04.2020 ihre Ansprüche als Versicherungsnehmerin gegen die Beklagte abgetreten. Mit Schreiben vom 24.08.2016 meldete der Kläger bei der Beklagten Ansprüche aus einem behaupteten Unfallereignis im Oktober 2015 an. Die Beklagte trat in die Schadensbearbeitung ein und bat mit Schreiben vom 01.09.2016 (Anlage B3) um die Vervollständigung eines beigefügten Unfallberichtformulars. Dieses wurde ausgefüllt der Beklagten am 24.01.2017 übersandt. Als Unfalldatum wurde der 12.10.2015 genannt, zum Unfallhergang wurde angegeben, dass der Kläger über eine Bordsteinkante gestolpert sei und sich das Knie verdreht habe, wodurch ein Riss im Hinterhorn des Meniskus entstanden sei. Ein im Auftrag der Beklagten erstelltes Sachverständigengutachten kam zu dem Ergebnis, dass keine traumatisch bedingte Funktionsbeeinträchtigung des rechten Knies vorliege. Die Beklagte lehnte daraufhin ihre Eintrittspflicht ab.
Der Kläger hat behauptet, er habe am 03.10.2015 einen Unfall erlitten, indem er über eine Bordsteinkante gestolpert sei und sich dabei das rechte Knie verdreht habe. Am 12.10.2015 habe er einen Arzt aufgesucht und am 23.10.2015 sei mittels MRT eine Verletzung im Bereich des Kniegelenkes festgestellt worden. Seither sei er arbeitsunfähig. Im August 2016 sei festgestellt worden, dass sich der Riss im Innenmeniskus verstärkt habe und am 27.09.2016 sei eine Arthroskopie des Kniegelenkes vorgenommen worden, die nicht zu einer wesentlichen Verbesserung geführt habe. Es bestehe eine Teilinvalidität von mindestens 35 %, weshalb er einen Anspruch auf Zahlung von 30.000,00 EUR habe. Die Beklagte habe das Unfallereignis vorprozessual nie bestritten und sei auch jetzt daran gehindert. Darüber hinaus habe die Beklagte in ihrem Schreiben vom 19.06.2017 zugestanden, dass eine Teilinvalidität bestehe. Sie könne dieses Zugeständnis nunmehr nicht widerrufen. Im Übrigen habe Dr. N... bestätigt, dass die Meniskusverletzung und die darauf folgende Teilresektion auf das Unfallereignis vom Oktober 2015 zurückzuführen sei. Die Sachverständige Dr. G... habe die Kausalität fehlerhaft verneint.
Die Beklagte hat das Unfallgeschehen bestritten und auf die unterschiedlichen Angaben des Klägers zum Tag der Verletzung verwiesen. Unabhängig davon fehle es an einer unfallbedingten Invalidität, wie die Gutachterin Dr. G... festgestellt habe. Des Weiteren fehle es an der Vorlage einer fristgerechten inhaltlich ausreichenden Invaliditätsfeststellung binnen 15 Monaten nach dem Unfallereignis. Allein schon aus diesem Grund bestehe kein Anspruch. Die geltend gemachte Invaliditätshöhe sei nicht nachvollziehbar. Im Übrigen seien die dauerhaften Beeinträchtigungen auf degenerative Veränderungen über das altersentsprechende Maß hinaus beim Kläger zurückzuführen.
Das Landgericht hat den Kläger angehört und die Klage mit Urteil vom 26.06.2020 - 8 O 2755/19 - abgewiesen. Es hat zur Begründung ausgeführt, der Kläger habe ein Unfallereignis vom 03.10.2015 nicht bewiesen und im Übrigen fehle es an einer fristgerechten schriftlichen ärztlichen Invaliditätsfeststellung.
Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers. Er ist der Ansicht, das Landgericht habe übersehen, dass die Beklagte das Unfallereignis mit Schreiben vom 19.06.2017 anerkannt habe. Bei der Datumsangabe 12.10.2015 handele es sich ersichtlich um ein Versehen. Über das Unfallereignis habe erstinstanzlich nie Streit bestanden, und das Bestreiten der Beklagten sei rechtsmissbräuchlich. Die Invalidität sei festgestellt worden durch das Gutachten der Frau Dr. G...