Leitsatz (amtlich)

  • 1.

    Bei einer Verurteilung wegen eines Verstoßes gegen § 24 a Abs. 1 StVG, dem eine Atemalkoholmessung mit einem standardisierten Messverfahren (hier: Dräger Alcotest 7110 Evidential) zugrundeliegt, muss der Tatrichter in den Urteilsgründen nur dann Ausführungen zur Ordnungsgemäßheit des Messverfahrens machen, wenn entweder konkrete Anhaltspunkte für einen Messfehler von dem Betroffenen oder einem anderen Verfahrensbeteiligten behauptet werden.

  • 2.

    Einer Feststellung der gewonnenen Einzelmesswerte zum Zwecke der Überprüfung, ob die Anforderungen der DIN VDE 0405 eingehalten worden sind, bedarf es nicht.

 

Verfahrensgang

AG Chemnitz (Entscheidung vom 24.06.2004; Aktenzeichen 5 OWi 530 Js 17638/04)

 

Tenor

  • 1.

    Auf die Rechtsbeschwerde der Betroffenen wird das Urteil des Amtsgerichts Chemnitz vom 24. Juni 2004 im Rechtsfolgenausspruch mit den zugrundeliegenden Feststellungen aufgehoben und die Sache im Umfang der Aufhebung zu erneuter Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an das Amtsgericht Chemnitz zurückverwiesen.

  • 2.

    Der Schuldspruch wird dahingehend berichtigt, dass die Betroffene des fahrlässigen Führens eines Kraftfahrzeuges mit einer Atemalkoholkonzentration von mehr als 0,25 mg/l schuldig ist.

 

Gründe

I.

Das Amtsgericht Chemnitz hat die Betroffene am 24. Juni 2004 wegen "einer fahrlässigen Verkehrsordnungs- widrigkeit des Fahrens eines Kraftfahrzeuges mit einer Alkoholkonzentration von 0,35 mg/l" zu einer Geldbuße von 500,00 EUR verurteilt und ein Fahrverbot für die Dauer von drei Monaten festgesetzt.

Nach den Feststellungen des Amtsgerichts befuhr die bereits einmal einschlägig vorbelastete Betroffene am 16. Januar 2004 mit einem Kraftfahrzeug in Chemnitz öffentliche Straßen. Als bei einer polizeilichen Verkehrskontrolle Alkoholgeruch in der Atemluft bemerkbar war, wurde die Betroffene einer Atemalkoholmessung unterzogen. Die Messung wurde mit einem geeichten Messgerät Dräger Alcotest 7110 Evidential durchgeführt und ergab eine Atemalkoholkonzentration von 0,35 mg/l.

Gegen das Urteil richtet sich die form- und fristgerecht erhobene Rechtsbeschwerde der Betroffenen, mit der die Verletzung materiellen Rechts gerügt wird. Die Rechtsbeschwerde wird darauf gestützt, dass das Amtsgericht nicht ausreichend festgestellt habe, ob die Bedingungen für das Messverfahren gewahrt worden sind. Der gewonnene Messwert an sich wird - wie bereits im Erkenntnisverfahren - nicht angezweifelt.

Die Generalstaatsanwaltschaft Dresden hat beantragt, das Urteil aufzuheben und die Sache an das Amtsgericht zurückzuverweisen.

II.

Das Rechtsmittel hat lediglich einen Teilerfolg. Es führt nur zur Aufhebung im Rechtsfolgenausspruch und in diesem Umfang zur Zurückverweisung.

1.

Die vom Amtsgericht getroffenen Feststellungen tragen einen Schuldspruch nach § 24 a Abs. 1 1. Alt. StVG in rechtsfehlerfreier Weise.

Bei der Bestimmung der Atemalkoholkonzentration mit dem Messgerät Dräger Alcotest 7110 Evidential handelt es sich um ein standardisiertes Messverfahren im Sinne der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (allgemein zu standardisierten Messverfahren BGH, Beschluss vom 19. August 1993, BGHSt 39, 291 = NJW 1993, 3081; speziell zur Atemalkoholmessung BGH, Beschluss vom 03. April 2001, BGHSt 46, 358 = NJW 2001, 1952; BayObLG NZV 2000, 295).

Diese Rechtsprechung hat unter den Oberlandesgerichten Anlass zu unterschiedlichen Interpretationen bei der Frage gegeben, welche Feststellungen der Tatrichter bei einer Verurteilung gemäß § 24 a Abs. 1 1. Alt. StVG treffen muss, wenn weder der Betroffene noch einer der Verfahrensbeteiligten Zweifel an der Funktionstüchtigkeit des Gerätes hegt oder konkrete Anhaltspunkte für eine Fehlmessung bestehen.

a)

Einigkeit besteht unter den Oberlandesgerichten in diesen Fällen, dass das angewandte Messverfahren und das Messergebnis (Mittelwert) mitgeteilt werden müssen (BayObLG NZV 2000, 295; BayObLG NJW 2003, 1752; OLG Hamm [2. Senat für Bußgeldsachen] DAR 2001, 416; DAR 2004, 713; OLG Hamm [2. Senat für Bußgeldsachen] NZV 2002, 414; OLG Hamm [3. Senat für Bußgeldsachen] NZV 2002, 109; KG Berlin, Beschluss vom 11. Juni 2001, Az.: 3 Ws [B] 549/00; OLG Düsseldorf NZV 2002, 523; Pfälzisches OLG VRS 102, 117).

b)

Streitig ist jedoch, ob darüber hinaus auch Feststellungen zu dem verwendeten Gerät und seiner Bauartzulassung (KG Berlin, a.a.O.; OLG Hamm [2. Senat für Bußgeldsachen] DAR 2001, 416; a.A. BayObLG NJW 2003, 1752; OLG Hamm [3. Senat für Bußgeldsachen] NZV 2002, 198) und der Eichung des Gerätes (so früher: OLG Hamm [2. Senat für Bußgeldsachen] DAR 2001, 416; a.A. BayObLG NJW 2003, 1752; OLG Hamm [3. Senat für Bußgeldsachen] NZV 2002, 198; nunmehr auch OLG Hamm [2. Senat für Bußgeldsachen] DAR 2004, 713) zu treffen sind.

c)

Ein Teil der oberlandesgerichtlichen Rechtsprechung verlangt überwiegend auch die Feststellung der bei der Messung gewonnenen beiden Einzelmesswerte. Dies soll zum einen die Überprüfung ermöglichen, ob es durch fehlerhafte Aufrundung zu einer unzulässigen Mitte...

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