Verfahrensgang
Vergabekammer Sachsen (Aktenzeichen 1 SVK/77-02) |
Nachgehend
Tenor
Das Verfahren wird gem. § 124 Abs. 2 GWB dem BGH zur Entscheidung vorgelegt.
Gründe
I. 1. Gegenstand der zu treffenden Vergabeentscheidung sind die Rohbauarbeiten am Neubau der Jugendstrafvollzugsanstalt R -B. Im Verlauf des Vergabeverfahrens sind zwei von der Vergabestelle zunächst für den Zuschlag in Aussicht genommene Bieter nacheinander in zwei Vergabenachprüfungsverfahren auf Betreiben von Konkurrenten gescheitert; entsprechend rückten die in dem hier zu beurteilenden Verfahren sowie im Parallelverfahren WVerg 16/02 beteiligten Antragsteller, nach dem Wertungsergebnis ursprünglich an dritter (B & B AG) bzw. vierter (Z AG) Stelle platziert, in der Bieterreihenfolge vor. Die Vergabestelle kam indes nach neuerlicher Überprüfung nunmehr zu dem Schluss, auch diese Angebote seien – wegen des Fehlens geforderter Erklärungen nach Maßgabe von § 25 Nr. 1b VOB/A – aus der Wertung auszuschließen; hierauf gestützt hob die Vergabestelle die Ausschreibung unter Berufung auf § 26 Nr. 1a VOB/A auf.
2. In den anschließenden Nachprüfungsverfahren ist die Vergabekammer zu dem Schluss gelangt, der von der Vergabestelle gegenüber den Bietern angeführte Ausschlussgrund liege nicht vor. Dessen ungeachtet ergibt sich, wie auch die Vergabekammer festgestellt hat, aus den Vergabeakten, dass die haushaltsmäßig anerkannten Kosten gem. der HUBau für den zu vergebenden Auftrag sich auf (nur) 12.094819,09 Euro beliefen (vgl. Vermerk der Vergabestelle vom 25.6.2002). Hingegen liegt das von der Antragstellerin im Verfahren WVerg 15/02 ursprünglich abgegebene Hauptangebot bei 13.493848,28 Euro; selbst unter Berücksichtigung aller (in ihrer Wertbarkeit zum Teil umstrittenen) Nebenangebote ergibt sich noch ein Angebotsbetrag von 12.757316 Euro, das heißt eine Überschreitung des Haushaltsansatzes um 662.497 Euro oder rund 5,48 %. Die Bruttoangebotssumme der Antragstellerin im Verfahren WVerg 16/02 lautete auf 13.159523,55 Euro, bei rechnerischer Berücksichtigung aller abgegebenen Nebenangebote mit dem von der Bieterin angegebenen Einsparpotenzial auf 12.703369,14 Euro oder rund 105,03 % des Haushaltsansatzes (Überschreitung 68.550 Euro). In der von der Vergabestelle vor der Aufhebungsentscheidung zuletzt vorgesehenen Wertung, welche die Nebenangebote nicht vollständig anzunehmen beabsichtigte (bei der Antragstellerin B & B betraf dies die Nebenangebote 1, 2 und 5 mit einem Einsparvolumen von brutto 677.086 Euro, bei der Antragstellerin Z die Nebenangebote 1, 2, 4 und Teile des Nebenangebots 6 mit einem Einsparvolumen von insgesamt 283.747 Euro brutto), vergrößerte sich die haushaltsrechtliche Unterdeckung im Verfahren WVerg 15/02 auf rund 1.339.583 Euro oder 11,08 % und im Verfahren WVerg 16/02 auf rund 892.297 Euro oder 7,38 %. Der Auftraggeber hat in der mündlichen Verhandlung vom 25.10.2002 auf Befragen der Antragstellerin im Verfahren WVerg 16/02 ausdrücklich bestätigt, die Aufhebungsentscheidung jedenfalls auch deswegen getroffen zu haben, weil eine Einhaltung der genehmigten Gesamtbaukosten für die Baumaßnahme nicht mehr zu gewährleisten sei und damit die haushaltsrechtlichen Voraussetzungen einer Auftragserteilung nicht mehr erfüllt seien (vgl. Vergabevermerk vom 25.6.2002).
3. Die Vergabekammer hat mit dem angefochtenen Beschluss (ebenso wie im Parallelverfahren WVerg 16/02) die Aufhebungsentscheidung des Auftraggebers aufgehoben und diesen verpflichtet, über den Zuschlag unter Einbeziehung der Angebote der Antragstellerinnen nach Maßgabe der Rechtsauffassung der Kammer erneut zu entscheiden. Sie hat dabei die Nachprüfungsbegehren der Antragstellerinnen unter Hinweis auf die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EUGH v. 18.6.2002 – Rs. C 92/00, VergabeR 2002, 361) für zulässig gehalten und in der Sache die Aufhebung der Ausschreibung als von § 26 VOB/A nicht gedeckt angesehen. Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Auftraggebers.
II. Der Senat hält diese Beschwerde (desgleichen im Parallelverfahren WVerg 16/02) für begründet, weil er die streitbefangenen Nachprüfungsanträge auch im Lichte der vorbezeichneten Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs als unzulässig beurteilt. Aus dem oben genannten Urteil ergibt sich nämlich nicht, dass das Gemeinschaftsrecht die Überprüfbarkeit einer Aufhebung am Maßstab der einzelstaatlichen Aufhebungsvorschriften fordert, sondern nur, dass die Entscheidung des öffentlichen Auftraggebers „in einem Nachprüfungsverfahren auf Verstöße gegen das Gemeinschaftsrecht im Bereich des öffentlichen Auftragswesens oder gegen die einzelstaatlichen Vorschriften, die dieses Recht umsetzen, überprüft und gegebenenfalls aufgehoben werden kann” (vgl. Begründungserwägung Nr. 55). Kommen aber solche Verstöße im Ergebnis nicht einmal als Möglichkeit in Betracht, besteht keine Veranlassung, in Abweichung von d...