Leitsatz (amtlich)
1. Der Hinweis auf das Risiko einer Re-Operation reicht für eine Aufklärung "im Großen und Ganzen" aus; eines Hinweises darauf, dass die Gefahr eines Fehlschlags der Primäroperation besteht, bedarf es nicht.
2. Vor der Behandlung einer Thoraxwandhernie ist auch nicht darüber aufzuklären, dass die Gefahr einer Dislokation des eingesetzten Prolenenetzes besteht.
Verfahrensgang
LG Leipzig (Aktenzeichen 07 O 763/16) |
Tenor
1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung des Klägers ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss zurückzuweisen.
2. Der Kläger hat Gelegenheit, innerhalb von drei Wochen Stellung zu nehmen. Er sollte allerdings auch die Rücknahme der Berufung in Erwägung ziehen.
3. Der Verhandlungstermin vom 16.01.2018 wird aufgehoben.
Gründe
Der Senat beabsichtigt, die zulässige Berufung nach § 522 Abs. 2 ZPO ohne mündliche Verhandlung durch - einstimmig gefassten - Beschluss zurückzuweisen. Die zulässige Berufung des Klägers bietet in der Sache offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Die Rechtssache hat auch weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts durch Urteil. Auch andere Gründe gebieten eine mündliche Verhandlung nicht.
Das Landgericht hat zu Recht und mit zutreffender Begründung einen Anspruch des Klägers auf Zahlung von Schmerzensgeld und Schadenersatz wegen der behaupteten fehlerhaften Behandlung einer Thoraxwandhernie verneint.
1. Der vom Kläger im Berufungsverfahren verspätet, da nach Ablauf der Berufungsbegründungsfrist erstmals mit Schriftsatz vom 29.12.2017 begründete Vorwurf, das Landgericht sei rechtsfehlerhaft von einer ausreichenden präoperativen Aufklärung ausgegangen, greift nicht durch. Die insoweit bestehenden Bedenken an der Zulässigkeit des Vorbringens - auch nach § 533 ZPO - können dahingestellt bleiben, da eine Aufklärungspflichtverletzung nach dem eigenen Vorbringen des Klägers nicht begründet ist.
Von einer von den Beklagten zu beweisenden ausreichenden präoperativen Aufklärung über die hier in Rede stehenden Risiken ist auszugehen. Grundsätzlich hat der aufklärungspflichtige Arzt nachzuweisen, dass er die von ihm geschuldete Aufklärung erbracht hat (vgl. BGH, Urteil vom 28.01.2014 - VI ZR 143/13). Hiervon ist aber auszugehen. Der Kläger bestreitet nicht, mit dem Zeugen Dr. K. ein mündliches Aufklärungsgespräch über den konkret vorgesehenen Eingriff anhand des von ihm unterschriebenen Aufklärungsbogens geführt zu haben. Er rügt lediglich, er sei von dem aufklärenden Arzt nicht darauf hingewiesen worden, dass das Prolenenetz dislozieren und die Operation somit fehlschlagen könne. Er hat aber im Rahmen seiner mündlichen Anhörung vor dem Landgericht eingeräumt, dass er bei dem Aufklärungsgespräch auch über das Risiko einer Re-Operation aufgeklärt wurde. Dies reicht für eine ordnungsgemäße Aufklärung aus. Denn der Patient muss nur "im Großen und Ganzen" über Chancen und Risiken der Behandlung aufgeklärt werden. Nicht erforderlich ist die exakte medizinische Beschreibung der in Betracht kommenden Risiken in allen denkbaren Stoßrichtungen, sondern nur, dass dem Patienten eine allgemeine Vorstellung von dem Ausmaß der mit dem Eingriff verbundenen Gefahren vermittelt wird, ohne diese zu beschönigen oder zu verschlimmern (vgl. BGH, Urteil vom 11.10.2016 - VI ZR 462/15 -, Rn. 10, juris; BGH, Urt. v. 6.07.2010 - VI ZR 198/09, VersR 2010, 1220 Rn. 11; vom 14.03.2006 - VI ZR 279/04, BGHZ 166, 336 Rn. 13; vom 7. April 1992 - VI ZR 192/91, VersR 1992, 960, 961; vom 7. Februar 1984 - VI ZR 174/82, BGHZ 90, 103, 106, 108). Danach war nicht erforderlich, den Kläger neben dem Risiko einer gegebenenfalls erforderlichen Re-Operation zusätzlich genau darauf hinzuweisen, dass die Gefahr des primären Fehlschlagens der Operation besteht. Denn eine Re-Operation setzt ein Fehlschlagen einer vorherigen Primär-OP notwendig voraus. Eben sowenig war es erforderlich, den Kläger daneben auch auf die Gefahr des Dislozierens des Prolenenetzes hinzuweisen. Die Aufklärung muss sich auf die allgemein bestehenden Risiken des Eingriffs - hier die Gefahr des Fehlschlagens des Eingriffs - beziehen. Die Gefahr, dass das Prolenenetz sich ablöst und im Körper nicht mehr auffindbar ist, ist dem Sachverständigen zufolge neben dem Risiko der Re-OP aber nicht gesondert aufklärungspflichtig. Die einzelnen medizinischen Ursachen für das Wiederauftreten der Hernie anzugeben, war nicht notwendig. Da eine Aufklärung im "Großen und Ganzen" geschuldet war und der Kläger über den konkret vorgesehenen Eingriff des Verschlusses seiner Lungenhernie, wie er vorträgt, mündlich aufgeklärt wurde, ist auch ohne Belang, ob der Aufklärungsbogen sich pauschal auf herzchirurgische Eingriffe bezieht. Ohne Erfolg rügt der Kläger weiterhin, er habe keine Zweitschrift des Aufklärungsbogens ausgehändigt bekommen, die handschriftlichen Eintragungen nicht lesen können und den mündlichen Erläuterungen nicht so schnell folgen ...