Leitsatz (amtlich)
Der Hinweis in einem Beitragserhöhungsschreiben in der privaten Krankenversicherung, wonach der "wichtigste Grund" in den "gestiegenen Gesundheitskosten" zu sehen sei, stellt ausreichend klar, dass auslösender Faktor eine Veränderung der Leistungsausgaben ist (Festhaltung Senat, Urteil vom 22.11.2022 - 4 U 1700/22).
Verfahrensgang
LG Dresden (Aktenzeichen 8 O 2551/21) |
Tenor
1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung des Klägers ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss zurückzuweisen.
2. Der Kläger hat Gelegenheit, innerhalb von zwei Wochen Stellung zu nehmen. Er sollte allerdings auch die Rücknahme der Berufung in Erwägung ziehen.
3. Es ist beabsichtigt, den Streitwert für das Berufungsverfahren auf 3.046,60 EUR festzusetzen.
4. Der auf Freitag, 10.03.2023, 10.00 Uhr bestimmte Termin zur mündlichen Verhandlung wird aufgehoben.
Gründe
I. Der Senat beabsichtigt, die zulässige Berufung nach § 522 Abs. 2 ZPO ohne mündliche Verhandlung durch - einstimmig gefassten - Beschluss zurückzuweisen. Die zulässige Berufung des Klägers bietet in der Sache offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Die Rechtssache hat auch weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts durch Urteil. Auch andere Gründe gebieten eine mündliche Verhandlung nicht.
Der Feststellungsantrag des Klägers unter Ziffer 1. seiner Berufungsbegründung ist bereits unzulässig (1.). Ein Zahlungsanspruch besteht nicht, weil die Beitragsanpassung zum 01.04.2017 im Tarif BSO formell wirksam ist (2. a). Aufgrund der Wirksamkeit dieser Beitragsanpassung kommt es auf die formelle Rechtmäßigkeit der vorangegangenen Anpassung im gleichen Tarif zum 01.04.2015 nicht mehr an (2. b). Nutzungen sind infolge dessen nicht zuzusprechen (2. c). Ein Auskunftsanspruch über die jeweilige Höhe der auslösenden Faktoren für die letzten zehn Jahre besteht ebenfalls nicht (3.).
1. Der Feststellungsantrag des Klägers ist unzulässig. Zwar hat der Bundesgerichtshof die Zulässigkeit einer Klage für den auf die Unwirksamkeit der Beitragsanpassung gerichteten Feststellungsantrag grundsätzlich bejaht (vgl. BGH, Urteil vom 16.12.2020 - IV ZR 294/19 - juris). Wenn allerdings - wie hier - bereits feststeht, dass sich aus den als unwirksam gerügten Beitragsanpassungen keinerlei Rechtsfolgen mehr für die Zukunft ergeben können, so fehlt dem Feststellungsantrag das Rechtsschutzbedürfnis (vgl. Senat, Urteil vom 08.02.2022 - 4 U 1728/21). Da der Kläger vorliegend ausschließlich Zahlungsansprüche bis zum 01.03.2020 geltend macht, scheiden bereits nach seinem eigenen Begehren in Bezug auf den Tarif BSO Ansprüche für die Zukunft aus.
2. Die Beitragsanpassung zum 01.04.2017 im Tarif BSO ist formell wirksam.
a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteile vom 16.12.2020 - IV ZR 294/19 - und IV ZR 314/19 - juris) erfordert die Mitteilung der maßgeblichen Gründe für die Neufestsetzung der Prämie nach § 203 Abs. 5 VVG die Angabe der Rechnungsgrundlage, deren nicht nur vorübergehende Veränderung die Neufestsetzung nach § 203 Abs. 2 Satz 1 VVG veranlasst hat. Der Gesetzeswortlaut sieht die Angabe der "hierfür maßgeblichen Gründe" vor und macht damit deutlich, dass sich diese auf die konkret in Rede stehende Prämienanpassung beziehen müssen; eine allgemeine Mitteilung, die nur die gesetzlichen Voraussetzungen der Beitragserhöhung wiedergibt, genügt danach nicht (so BGH, Urteil vom 16.12.2020 - IV ZR 294/16 - Rdnr. 26). Zugleich folgt aus dem Wortlaut "maßgeblich", dass nicht alle Gründe genannt werden müssen, sondern nur die für die Prämienanpassung entscheidenden Umstände. In diesem Sinne entscheidend ist nur, ob eine Veränderung der erforderlichen gegenüber den kalkulierten Versicherungsleistungen oder Sterbewahrscheinlichkeiten die in den § 155 Abs. 3 und 4 VAG oder in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen geregelten Schwellenwerte übersteigt. Dagegen ist die konkrete Höhe der Veränderungen dieser Rechnungsgrundlagen nicht entscheidend (so BGH, a.a.O., Rdnr. 35). Die Überprüfung der Prämie wird ausgelöst, sobald der Schwellenwert überschritten wird; dabei kommt es nicht darauf an, in welchem Umfang er überschritten wird (vgl. hierzu Urteil Senat vom 14.12.2021 - 4 U 1693/21).
Die Mitteilung erfüllt so den Zweck, dem Versicherungsnehmer zu verdeutlichen, dass weder sein individuelles Verhalten noch eine freie Entscheidung des Versicherers Grund für die Beitragserhöhung waren, sondern dass eine bestimmte Veränderung der Umstände diese aufgrund gesetzlicher Regelungen veranlasst hat (so BGH, a.a.O.). Das wird durch die Angabe der Rechnungsgrundlage, die die Prämienanpassung ausgelöst hat, erreicht. Dagegen ist es für diesen Zweck nicht erforderlich, dem Versicherungsnehmer die Rechnungsgrundlage des geltenden Schwellenwertes oder die genaue Höhe der Veränderung der Rechtsgrundlage mitzuteilen (so BGH, a.a.O.). Die Mitteilungspflicht hat auch nicht den Zweck, dem Vers...