Leitsatz (amtlich)
Rechnet der Patient gegen die Honorarforderung eines Behandlers mit Schmerzensgeldansprüchen wegen der unterbliebenen Aufklärung über Behandlungsalternativen auf, muss er einen durch die Behandlung eingetretenen Schaden darlegen; dass die Einwilligung in die Behandlung bei unterbliebener Aufklärung über eine ernsthafte Behandlungsalternative unwirksam wäre, reicht für eine Zahlungsverweigerung nicht aus.
Verfahrensgang
LG Leipzig (Aktenzeichen 08 O 1230/19) |
Tenor
1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung des Beklagten ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss zurückzuweisen.
2. Der Beklagte hat Gelegenheit, innerhalb von zwei Wochen Stellung zu nehmen. Er sollte allerdings auch die Rücknahme der Berufung in Erwägung ziehen.
3. Der Termin zur mündlichen Verhandlung vom 09.01.2023 wird aufgehoben.
4 Der Senat beabsichtigt, den Gegenstandswert auf 18.701,17 Euro festzusetzen.
Gründe
Der Senat beabsichtigt, die zulässige Berufung nach § 522 Abs. 2 ZPO ohne mündliche Verhandlung durch - einstimmig gefassten - Beschluss zurückzuweisen. Die zulässige Berufung des Beklagten bietet in der Sache offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Die Rechtssache hat auch weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts durch Urteil. Auch andere Gründe gebieten eine mündliche Verhandlung nicht.
Zu Recht hat das Landgericht der Klage stattgegeben. Die zulässige Berufung des Beklagten ist nicht begründet.
Der Klägerin steht gegen den Beklagten ein Anspruch auf Vergütung in der tenorierten Höhe gemäß §§ 630 a Abs. 1, 630 b, 611 BGB zu. Der Behandlungsvertrag ist ein besonderer Dienstvertrag über Dienste höherer Art, auf den grundsätzlich die allgemeinen Vorschriften der §§ 611 ff. BGB anwendbar sind (vgl. Weidenkaff in Grüneberg, 82. Aufl., § 630 d Rdnr. 1; vgl. BGH, Urteil vom 13.09.2018 - III ZR 294/16, Rdnrn. 12, 15 - juris). Die Berechtigung von Grund und Höhe der Vergütung steht zwischen den Parteien nicht mehr im Streit.
Ob mit der Berufung überhaupt noch Behandlungsfehler geltend gemacht werden, nachdem sich die konkreten Berufungsrügen nur auf vermeintliche Aufklärungsmängel beziehen, kann dahinstehen. Der Beklagte könnte die Zahlung weder wegen der erstinstanzlich behaupteten Behandlungsfehler noch wegen der gerügten Mängel der Eingriffs- und Alternativaufklärung verweigern. Weil ein Arzt als Dienstverpflichteter keinen Erfolg, sondern nur die Erbringung der von ihm versprochenen Dienste schuldet und das Dienstvertragsrecht keine Gewährleistungsregeln kennt, kann der Vergütungsanspruch bei einer unzureichenden oder pflichtwidrigen Leistung (Behandlungs- oder Aufklärungspflichtverletzung) grundsätzlich nicht gekürzt werden oder in Fortfall geraten (vgl. BGH, Urteil vom 13.09.2018 - III ZR 294/16, Rdnr. 16 - juris). Ggf. können sich Gegenansprüche des Patienten aus § 628 BGB oder § 280 Abs. 1 BGB ergeben. Solche Ansprüche sind hier aber nicht ersichtlich.
Die Vergütungspflicht ist nicht nach § 628 BGB entfallen. Wenn der Arzt durch sein vertragswidriges Verhalten die Kündigung des Patienten veranlasst hat, steht ihm kein Vergütungsanspruch zu, soweit seine bisherigen Leistungen infolge der Kündigung für den Patienten kein Interesse mehr haben. Das Interesse des Patienten an der Leistung des Arztes ist nur weggefallen, soweit der Patient die Arbeiten des Arztes nicht mehr wirtschaftlich verwerten konnte, sie also nutzlos geworden waren (vgl. BGH, Urteil vom 29.03.2011 - VI ZR 133/10, Rdnr. 18 - juris). Ist die fehlerhafte Leistung des Arztes für den Patienten ohne Interesse und völlig unbrauchbar, besteht der Mindestschaden des Patienten unmittelbar darin, dass er für ein im Ergebnis unbrauchbare ärztliche Behandlung eine Vergütung zahlen soll. In diesem Fall ist der Schadensersatzanspruch unmittelbar auf Befreiung von einer Vergütungspflicht gerichtet, wenn weder der Patient noch seine Versicherung bereits bezahlt haben (vgl. BGH, Urteil vom 13.09.2018 - III ZR 294/16, Rdnr. 17 - juris). Im vorliegenden Fall hat der Beklagte aber weder den Behandlungsvertrag mit der Klägerin vorzeitig gekündigt noch liegen Anhaltspunkte dafür vor, dass die Leistungen für ihn völlig wertlos gewesen sind. Die Operation vom 08.03.2017 war jedenfalls schon wegen des Aneurysmas der Arteria iliaca externa indiziert. Der Sachverständige hat ausgeführt, dass die Behandlungsindikation für das Aneurysma der Arteria iliaca externa mit 38 mm Größe begründet gewesen sei. Im Rahmen von seriellen Nachuntersuchungen habe gezeigt werden können, dass 68 % der iliacalen Aneurysma ab 30 mm rupturieren. Dies sei mit einer sehr hohen Mortalität verbunden (Seite 15 des Gutachtens, Bl. 116 d. A.). Für das Bauchaortenaneurysma liege nur eine relative Indikation vor. Insgesamt hielt der Sachverständige aber die Mitversorgung des abdominellen Aortenaneurysmas für leitliniengerecht. Der zweite Eingriff am 12.07.2017 beruhte nach den Ausführungen...