Leitsatz (amtlich)
1. Eine Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand kommt auch dann in Betracht, wenn der Anwalt erst kurz vor Fristablauf mit der Übermittlung des fristgebundenen Schriftsatzes beginnt, sofern er die ordnungsgemäße Nutzung eines funktionsfähigen Telefaxgerätes glaubhaft macht.
2. Ist eine Störung des Empfangsgerätes nicht nachgewiesen und wird das Sendeprotokoll des Ausgangsgeräts trotz Aufforderung nicht vorgelegt, ist dieser Nachweis auch dann nicht geführt, wenn der Anwalt die ordnungsgemäße Nutzung anwaltlich versichert.
Verfahrensgang
LG Dresden (Aktenzeichen 3 O 1794/11) |
Nachgehend
Tenor
1. Der Antrag des Klägers vom 15.11.2012, ihm Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist zu bewilligen, wird abgelehnt.
2. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des LG Dresden vom 24.8.2012 wird als unzulässig verworfen.
3. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.
4. Der Streitwert für das Berufungsverfahren beträgt 46.200 EUR.
Gründe
I. Der Kläger nimmt die Beklagte auf Unterlassung der Verbreitung von Fotos im Zusammenhang mit der Berichterstattung über einen Strafprozess gegen seinen Vater sowie der Behauptung, sein sportlicher Erfolg sei mit Geldern aus einer Straftat seines Vaters erkauft worden, in Anspruch. Ferner begehrt er die Zahlung von Schadensersatz.
Mit Urteil vom 24.8.2012 hat das LG die Klage abgewiesen. Das Urteil ist dem Klägervertreter am 20.8.2012 zugestellt worden. Hiergegen hat er am Montag, dem 1.10.2012 Berufung eingelegt. Die Berufungsbegründung ist nach Ablauf der bis zum 30.10.2009 laufenden Frist am 31.10.2012 um 00:02 Uhr beim OLG eingegangen. Auf den Hinweis des Senats vom 9.11.2012 hat der Kläger am 15.11.2012 Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand beantragt. Zur Begründung hat er vorgetragen, er habe am 30.10.2012 um 23:45 Uhr versucht, das Telefax mit dem Berufungsbegründungsschriftsatz abzusetzen und habe im Wahlwiederholungsmodus zunächst alle 15 Sekunden, danach in minütlichen Abständen versucht, eine Verbindung aufzubauen. Dies sei jedoch erst um 0.00 Uhr geglückt, so dass die Übertragung erst um 0:02 Uhr abgeschlossen gewesen sei. Dies sei im Büro des Klägervertreters sofort aufgefallen; von einem Wiedereinsetzungsantrag sei jedoch zunächst abgesehen worden, da sich die minimale Differenz noch im Toleranzbereich bewege, in dem die Zeiteinstellungen zwischen zwei Telefaxgeräten voneinander abweichen könnten. Welche Ursache die fehlgeschlagenen Übertragungsversuche gehabt hätten, lasse sich im Nachhinein nicht mehr feststellen. Eine fehlerhafte Anwahl sei jedoch auszuschließen, da die Nebenstellenanlage in der Kanzlei automatisch zunächst über die "0" eine Amtsleitung aufbaue und erst danach die Teilnehmernummer wähle. Es werde anwaltlich versichert, dass diese "Amtsholung" erfolgreich verlaufen sei. Da im Wahlwiederholungsmodus schließlich der Verbindungsaufbau gelungen sei, müsse davon ausgegangen werden, dass auch die Nummer des OLG ursprünglich korrekt eingegeben worden sei. Weitere Mittel als die Glaubhaftmachung durch anwaltliche Versicherung stünden nicht zur Verfügung. Insbesondere sei es nicht möglich, ein Telefaxprotokoll vorzulegen, da dieses nur das Ergebnis der Wahlwiederholung, nicht aber die vorausgegangenen erfolglosen Versuche, protokolliere.
II. Die Berufung war gem. § 522 Abs. 1 Satz 2 ZPO als unzulässig zu verwerfen, weil der Kläger sie entgegen § 520 Abs. 2 ZPO nicht rechtzeitig innerhalb der bis zum 30.10.2012 laufenden Frist, sondern erst am 31.10.2012 begründet. hat. Wiedereinsetzung kann dem Kläger für diese Versäumung der Berufungsbegründungsfrist nicht bewilligt werden.
1. Nach § 233 ZPO ist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert war, die Berufungsbegründungsfrist einzuhalten. Das Verschulden ihres Prozessbevollmächtigten ist der Partei zuzurechnen (§ 85 Abs. 2 ZPO). Die Partei muss die die Wiedereinsetzung begründenden Tatsachen glaubhaft machen (§ 236 Abs. 2 ZPO). Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kann nicht gewährt werden, wenn nach den glaubhaft gemachten Tatsachen zumindest die Möglichkeit offen bleibt, dass die Fristversäumung von der Partei bzw. ihrem Prozessbevollmächtigten verschuldet war (BGH, Beschl. v. 6.4.2011 - XII ZB 701/10 - juris, NJW 2011, 1972). So liegt der Fall hier. Auch im Anschluss an den Wiedereinsetzungsantrag und die ergänzende Stellungnahme vom 28.11.2012 hat der Kläger nicht hinreichend glaubhaft gemacht, dass die Fristversäumnis nicht auf einem Verschulden seines Prozessbevollmächtigten beruht.
2. Ein solches Verschulden liegt zwar noch nicht darin, dass der Klägervertreter erst um 23:45 Uhr mit der Übertragung der Berufungsbegründung begonnen haben will. Der Anspruch auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes schließt es aus, den Parteien den Zugang zu einer in der Verfahrensordnung eingeräumten Instanz in unzumutbarer, aus Sachgrü...