Entscheidungsstichwort (Thema)
Streitwertbemessung in Ehesachen: Berücksichtigung von Arbeitslosengeld II und Kindergeld. Abzug von Aufwendungen für unterhaltsberechtigte Kinder
Leitsatz (amtlich)
Bei der Streitwertbemessung in Ehesachen bleiben ALG II-Leistungen und staatliches Kindergeld bei der Feststellung der Einkommensverhältnisse der Ehegatten unberücksichtigt. Aufwendungen für unterhaltsberechtigte Kinder sind von dem heranzuziehenden Einkommen beider Ehegatten mit einem Pauschalbetrag von 250 EUR je Kind und Monat abzuziehen.
Normenkette
GKG § 48 Abs. 2, 3 S. 1
Verfahrensgang
AG Leipzig (Beschluss vom 02.11.2009; Aktenzeichen 336 F 1280/09) |
Tenor
Die Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin gegen den Streitwertbeschluss des AG - Familiengericht - Leipzig vom 2.11.2009 wird zurückgewiesen.
Gründe
Die gem. § 32 Abs. 2 RVG, 68 Abs. 1 GKG zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.
Das Familiengericht hat bei der Wertfestsetzung für die Ehesache gem. § 48 Abs. 3 Satz 1 GKG a.F. zu Recht nur das von der Ehefrau erzielte Nettoerwerbseinkommen von monatlich rund 1.032 EUR zugrunde gelegt. Der Ehemann bezog im Zeitpunkt der Antragstellung ALG II-Leistungen. Entsprechende subsidiäre Sozialleistungen bleiben nach der Rechtsprechung des OLG Dresden (Beschlüsse vom 12.1.2007 - 20 WF 1026/06 - und 7.2.2008 - 21 WF 1149/07) bei der Bestimmung des Streitwerts nach § 48 Abs. 2 und 3 GKG unberücksichtigt, weil sie Ausdruck der Bedürftigkeit und nicht der Leistungsfähigkeit der Partei sind. Der in der obergerichtlichen Rechtsprechung vertretenen gegenteiligen Auffassung (OLG Hamm FamRZ 2006, 632; OLG Frankfurt FamRZ 2008, 535; OLG Köln, FamRZ 2009, 638) vermag der Senat sich nicht anzuschließen. Das Gesetz knüpft hinsichtlich der Gebührenberechnung mit der Bezugnahme auf das Nettoeinkommen an die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Eheleute an. Diese individuelle Belastbarkeit wird aber nicht durch die Sozialleistungen bestimmt. Für eine entsprechende Auslegung des Einkommensbegriffes in § 48 Abs. 3 Satz 1 GKG spricht im Übrigen die Festlegung eines Mindestwertes auf 2.000 EUR gem. § 48 Abs. 3 Satz 2 GKG (im Ergebnis ebenso OLG Hamm, Beschl. v. 30.5.2008 - 6 WF 16/08; OLG Naumburg, Beschl. v. 27.10.2008 - 8 WF 222/08; OLG Köln, Beschl. v. 24.4.2009 - 4 WF 39/09).
Auch das für die beiden gemeinsamen Kinder bezogene Kindergeld zählt nach Auffassung des Senats nicht zum Nettoeinkommen i.S.d. § 48 GKG, weil dieses auf keiner Erwerbsleistung beruht, sondern ausgezahlt wird, um die Eltern bei der Erfüllung ihrer Unterhaltspflichten zu unterstützen (ebenso OLG Dresden, Beschl. v. 7.2.2008 - 21 WF 1149/07; OLG Düsseldorf FamRZ 2006, 807; a.A. OLG Karlsruhe, Beschl. v. 7.4.2008 - 2 WF 39/08; OLG Brandenburg, Beschl. v. 23.4.2007 - 10 WF 7/07).
Auch die Bereinigung des monatlichen Einkommens wegen der Unterhaltspflichten der Eheleute ggü. den beiden minderjährigen Kindern um einen Betrag von 250 EUR pro Kind entspricht der ständigen Rechtsprechung des OLG Dresden. Der Betrag von 250 EUR stellt eine Pauschalierung dar und ist unabhängig vom eigenen Einkommen der Kinder oder der Tatsache, ob tatsächlich Barunterhalt geleistet wird, abzusetzen.
Bei einem zu berücksichtigenden Nettoeinkommen allein der Ehefrau i.H.v. (1.032 EUR - 500 EUR) × 3 = 1.596 EUR hat das Familiengericht für die Ehesache zu Recht nur den Mindeststreitwert von 2.000 EUR gem. § 48 Abs. 3 Satz 2 GKG festgesetzt.
Das Verfahren über die Beschwerde ist gebührenfrei (§ 33 Abs. 9 Satz 1 RVG). Kosten werden nicht erstattet (§ 33 Abs. 9 Satz 2 RVG).
Fundstellen
Haufe-Index 2349403 |
FamRZ 2010, 1939 |