Leitsatz (amtlich)
1. Ein Befangenheitsantrag, der innerhalb der Frist des § 411 Abs. 4 ZPO eingereicht wird, ist nur bezüglich solcher Gründe als fristgerecht anzusehen, die sich aus der Befassung mit dem Gutachten selbst ergeben.
2. Dass ein medizinischer Sachverständige einen vom Patienten geäußerten Verdacht als "aus der Luft gegriffen und unsinnig" qualifiziert, begründet die Besorgnis der Befangenheit nicht, wenn diese Äußerung Bestandteil einer sachlichen Auseinandersetzung mit dem geäußerten Vorwurf ist.
3. Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens über einen Befangenheitsantrag beträgt 1/3 des Hauptsachestreitwerts.
Tenor
1. Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Landgerichts Chemnitz vom 7.12.2018 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
2. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 55.305, 67 EUR festgesetzt.
3. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger begehrt von den Beklagten materiellen und immateriellen Schadenersatz sowie die Feststellung der Verpflichtung zum Ersatz künftiger Schäden aus behaupteten Behandlungsfehlern infolge einer im Hause der Beklagten zu 1) durchgeführten Arthroskopie und des weiteren Behandlungsgeschehens in den Kliniken der Beklagten zu 2) und 4) bis 6) im Verlauf des Jahres 2010. Namentlich macht er geltend, es sei bei dieser Operation zu einer fehlerhaften Anästhesie gekommen, deren Folgen verkannt und durch weitere Fehler vertieft worden seien. Das Landgericht hat mit Beschlüssen vom 7.1.2015, 3.7.2015, 16.3.2016 und 16.10.2017 die Einholung mehrerer Sachverständigengutachten angeordnet. Das Gutachten des anästhesiologischen Sachverständigen PD Dr. S. vom 12.6.2018 ist dem Kläger am 15.8.2018 zugestellt worden, die Frist zur Stellungnahme hierauf wurde bis zum 12.10.2018 verlängert. Mit am 12.10.2018 eingegangenem Schriftsatz hat der Kläger beantragt, den Sachverständigen wegen der sich aus der Wortwahl des Gutachtens, der durchgängig falschen Schreibweise seines Namens und des Hinweises auf einen tatsächlich nicht gegebenen Drogenkonsum ergebenden Besorgnis der Befangenheit abzulehnen. Zur Person des Sachverständigen sei überdies zu ergänzen, dass der Sachverständige mit dem Sachverständigen Prof. J., dem Doktorvater des Beklagten zu 1), gut bekannt sei.
Das Landgericht hat den Antrag abgelehnt. Mit der sofortigen Beschwerde, der das Landgericht nicht abgeholfen hat, wiederholt und vertieft der Kläger sein Vorbringen.
II. Die sofortige Beschwerde ist zulässig (§§ 406 Abs. 5, 567ff. ZPO), aber unbegründet. Das Landgericht hat den auf Ablehnung des Sachverständigen gerichteten Antrag zu Recht zurückgewiesen. Auf die Begründung des angefochtenen Beschlusses wird Bezug genommen.
1. Sollte dem Schriftsatz vom 10.10.2018 zu entnehmen sein, dass der Kläger die Besorgnis der Befangenheit des Sachverständigen auch aus dessen enger Zusammenarbeit mit dem orthopädischen Sachverständigen Prof. J. herleiten will, bei dem ein Mitarbeiter des Beklagten zu 1) promoviert haben soll, wäre das Ablehnungsgesuch insoweit unzulässig. Ein Ablehnungsgesuch ist nach § 406 Abs. 2 ZPO binnen zwei Wochen nach Zustellung des Beschlusses über die Ernennung eines Sachverständigen zu stellen. Zu einem späteren Zeitpunkt ist die Ablehnung nur zulässig, wenn der Antragsteller glaubhaft macht, dass er ohne sein Verschulden verhindert war, den Ablehnungsgrund früher geltend zu machen. Dies ist dem Ablehnungsgesuch nicht zu entnehmen. Lediglich dann, wenn sich die Gründe, auf die die Ablehnung des Sachverständigen gestützt wird, aus dessen Gutachten selbst ergeben, ist die Frist des § 406 Abs. 2 Satz 2 ZPO maßgebend. Für den Vorwurf einer engen und über den Sachverständigen Prof. Josten vermittelten persönlichen Beziehung des Sachverständigen PD Dr. S. zum Beklagten zu 1) trifft dies indes nicht zu.
2. Zutreffend hat das Landgericht den Befangenheitsantrag indes insoweit für fristgerecht gehalten, als dieser auf die Formulierung des Gutachtens selbst, die Erwähnung eines vermeintlichen Drogenkonsums des Klägers durch den Sachverständigen und die durchgängig unzutreffende Schreibweise des Vornamens (Stefan statt: Stephan) gestützt wird. Ein Befangenheitsantrag, der innerhalb der zur Stellungnahme nach § 411 Abs. 4 ZPO gesetzten oder verlängerten Frist eingereicht wird, ist immer dann als rechtzeitig anzusehen, wenn sich die Besorgnis der Befangenheit erst aus einer inhaltlichen Auseinandersetzung mit dem schriftlichen Gutachten ergibt. Die am Rechtsstreit beteiligten Parteien müssen sich nämlich innerhalb dieser Frist abschließend mit dem Inhalt des Gutachtens auseinandersetzen und mitteilen, ob und gegebenenfalls in welchen Punkten Ergänzungsbedarf gesehen wird. Kommt hierbei eine Partei aufgrund der inhaltlichen Prüfung des Gutachtens nicht nur zu dem Ergebnis, dass dieses unrichtig oder ergänzungsbedürftig ist, sondern dass bestimmte Ausführungen des Sachverständigen in seinem schriftlichen Gutachten auf Voreingenommenheit ihr gegenüber zurück zu führen sind, ist auch d...