Leitsatz (amtlich)
Weisungen im Rahmen der Führungsaufsicht nach § 68b StGB unterliegen immanenten Schranken, die sich sowohl aus dem spezialpräventiven Zweck der Führungsaufsicht als auch aus dem notwendig inneren Bezug der Weisung zur jeweils zugrundeliegenden Straftat ergeben; das Überschreiten dieser immanenten Beschränkung stellt einen Weisungsfehlgebrauch dar und führt zur Gesetzeswidrigkeit.
Tenor
1.
Auf die Beschwerde des Verurteilten wird der Beschluss der Auswärtigen Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Leipzig in Döbeln vom 03. Juni 2009
aufgehoben.
2.
Der Antrag der Staatsanwaltschaft Leipzig vom 13. August 2008 wird abgelehnt.
3.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der insoweit entstandenen notwendigen Auslagen des Verurteilten trägt die Staatskasse.
Gründe
Der Beschwerdeführer war am 28. März 2002 vom Landgericht Leipzig wegen Beischlafs zwischen Verwandten und sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen sowie wegen schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes zu der Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt worden. Die Taten geschahen von Juni 1997 bis September 2001 zum Nachteil seiner beiden heute 27 Jahre bzw. 21 Jahre alten, jetzt jeweils einen eigenen Hausstand führenden leiblichen Töchter M. (geboren 1982) und Ma. (geboren 1988) in deren 15. bis 17. Lebensjahr (M.) bzw. 13. Lebensjahr (Ma.). Die Strafe hatte der Beschwerdeführer bis zum 11. Oktober 2007 vollständig verbüßt.
Mit Beschluss vom 03. September 2007, bestätigt durch Senatsbeschluss vom 15. Januar 2008 (Az.: 2 Ws 479/07), stellte die zuständige Auswärtige Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Leipzig in Döbeln den gesetzlichen Eintritt der Führungsaufsicht fest (§ 68 f Abs. 1 S. 1 StGB). Zugleich erteilte sie dem aus der Haft Entlassenen Weisungen zur Lebensführung gemäß § 68 b Abs. 1 und Abs. 2 StGB. Diesen Weisungen kommt der Verurteilte den Berichten seiner Bewährungshelferin zufolge nach.
Kontakt zur jüngeren Tochter Ma. hat der Beschwerdeführer nicht. Zwischen ihm und seiner älteren Tochter M. gibt es Meinungsverschiedenheiten über die Erziehung und die Hygiene der leiblichen Kinder seiner Tochter. Der Verurteilte ist der Meinung, die Tochter sei mit der Kindeserziehung überfordert. Nach einem Bericht der Bewährungshilfe vom 29. August 2008 "befindet er sich im fast ständigen Streit mit seinen Kindern und hier vor allem mit seiner ältesten Tochter. Die beiden streiten und vertragen sich im Wechsel. Wenn sie streiten, zeigen sie sich gegenseitig an. Die Streitigkeiten werden dabei generell über die drei Kinder der Tochter ausgetragen. Momentan versucht Herr K., der Tochter das Sorgerecht für die drei Kinder entziehen zu lassen. Dass die Tochter tatsächlich mit der Erziehung ihrer drei Kinder oft überfordert ist, ist mir bekannt. Auch sie selbst erkennt dieses Problem...."
Das in den Fall eingeschaltete Jugendamt der Stadt Leipzig hat Kenntnis von der Vorstrafe des Beschwerdeführers. Mit Schreiben vom 05. September 2008 an die Führungsaufsichtstelle teilt es mit, dass die vom Beschwerdeführer angezeigte Kindeswohlgefährdung sich bei Kontrollbesuchen nicht bestätigt habe. In die Erziehung der drei Kinder sei der Beschwerdeführer nicht einbezogen. Überdies sei die Familie (der Tochter) belehrt, dass Umgangskontakte zwischen den Kindern und ihrem Großvater, dem Beschwerdeführer, nur unter Aufsicht erfolgen dürften.
Mit weiterem Schreiben vom 23. Dezember 2008 berichtet die Bewährungshelferin von einer vom Amtsgericht Leipzig zivilgerichtlich erlassenen einstweiligen Verfügung eines dreimonatigen Kontaktverbots, das die Tochter gegen den Beschwerdeführer erwirkt habe.
Aufgrund dieser Streitigkeiten sah sich die Führungsaufsichtsstelle veranlasst, im Rahmen der Maßregel auf eine Weisungsergänzung durch die Staatsanwaltschaft hinzuwirken. Dem Verurteilten solle verboten werden, "zu seinen Töchtern sowie deren Kindern von sich aus weder postalisch, telefonisch noch persönlich Kontakt aufzunehmen und sich ihnen und ihrem Wohnbereich in einem Umkreis von 500 m zu nähern (§ 68b Abs. 1 Nr. 3 StGB)." Es bestehe nach Auffassung der Führungsaufsichtsstelle ein "deutliches Gefährdungspotential" hinsichtlich der Sicherheit seiner Töchter. Die angeregte Weisung diene dem Opferschutz.
Andererseits regte die Bewährungshelferin ergänzend in einem Schreiben vom 17. März 2009 gegenüber der Strafvollstreckungskammer an zu prüfen, "inwieweit die Möglichkeit besteht, auch die Töchter anzuweisen, sich vom Vater fernzuhalten, da zumindest die Tochter M. den Vater sonst auch "vertreiben" würde."
Mit Beschluss vom 03. Juni 2009 erteilte die Strafvollstreckungskammer schließlich dem Verurteilten die ergänzende Weisung, "zu seinen Töchtern...sowie deren Kindern keine Kontakt aufzunehmen, weder persönlich noch telefonisch noch per Post (§ 68b Abs. 1 Nr. 3 StGB)." Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Verurteilten vom 18. Juni 2009, der die Strafvollstreckungskammer nicht abgeholfen hat. Die Generalstaatsanwaltschaft Dresden hält da...