Leitsatz (amtlich)
1. Die Änderung der Nutzungsbedingungen eines sozialen Netzwerkes kann wirksam durch Anklicken einer Schaltfläche in einem "pop-up"-Fenster erfolgen (Festhaltung Senat, Beschluss vom 19. November 2019 - 4 U 1471/19 -, juris).
2. Auskunftsansprüche gegen den Betreiber eines sozialen Netzwerks, ob und durch welches beauftragte Drittunternehmen die Löschung eines Beitrags vorgenommen wurde, kommen mangels einer schuldrechtlichen Sonderverbindung nicht in Betracht.
3. Die Löschung von Posts ist grundsätzlich eine Verarbeitung von Daten im Sinne der DGSVO; sie stellt jedoch für sich genommen noch keinen ersatzfähigen Schaden dar.
Verfahrensgang
LG Leipzig (Aktenzeichen 08 O 2491/18) |
Tenor
1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung des Klägers ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss zurückzuweisen.
2. Der Kläger hat Gelegenheit, innerhalb von drei Wochen Stellung zu nehmen. Er sollte allerdings auch die Rücknahme der Berufung in Erwägung ziehen.
3. Der Termin zur mündlichen Verhandlung am 17.12.2019 wird aufgehoben.
Gründe
Der Senat beabsichtigt, die zulässige Berufung nach § 522 Abs. 2 ZPO ohne mündliche Verhandlung durch - einstimmig gefassten - Beschluss zurückzuweisen. Die zulässige Berufung des Klägers bietet in der Sache offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Die Rechtssache hat auch weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts durch Urteil. Auch andere Gründe gebieten eine mündliche Verhandlung nicht.
Zu Recht und mit zutreffenden Erwägungen hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Die hiergegen gerichteten Berufungsangriffe begründen keine konkreten Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO) und sind auch in rechtlicher Hinsicht nicht geeignet, das angefochtene Urteil in Zweifel zu ziehen.
I. Das Landgericht ist zu Recht von der Unzulässigkeit des Feststellungsbegehrens unter Ziffer 1 der Klage ausgegangen. Nach § 256 Abs. 1 ZPO kann Gegenstand einer Feststellungsklage nur die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines gegenwärtigen Rechtsverhältnisses sein (vgl. BGH, Urteil vom 07. Juni 2001 - I ZR 21/99 -, Rn. 150 - 151, m.w.N. - juris). Dagegen ist eine Klage auf Feststellung einzelner Elemente eines Rechtsverhältnisses wie hier der Rechtswidrigkeit eines bestimmten, in der Vergangenheit erfolgten Verhaltens der Beklagten, unzulässig (vgl. BGH, a.a.O.). Soweit sich aus der möglichen Rechtswidrigkeit der streitgegenständlichen Sperrung Rechtsfolgen in der Gegenwart ergeben, wie beispielsweise der gleichfalls geltend gemachte Unterlassungsanspruch (Ziff. 3 der Klageanträge) bzw. der Anspruch auf Zahlung einer Geldentschädigung (Ziff. 6 der Klageanträge), ist der Kläger auf die vorrangige Leistungsklage zu verweisen, ohne dass es einer isolierten Feststellung der Rechtswidrigkeit der streitgegenständlichen Maßnahme bedarf (vgl. LG Bremen, Urteil vom 20. Juni 2019 - 7 O 1618/18 -, Rn. 42, juris). Gegen diese rechtliche Würdigung erhebt die Berufung auch keine konkreten Einwände.
II. Die Klage ist mit dem zu Ziffer 1 gestellten Hilfsantrag wie auch mit den weiteren Anträgen unbegründet.
Auf der Grundlage der wirksam in das zwischen den Parteien bestehende Vertragsverhältnis einbezogenen aktuellen Nutzungsbedingungen hat die Beklagte zu Recht den Beitrag gelöscht und eine 30-tägige Sperre verhängt.
1. Wie der Senat bereits in dem Beschluss vom 19.11.2019, Az 4 U 1471/19, ausgeführt hat, sind die geänderten Nutzungsbestimmungen aufgrund der Zustimmung des Klägers durch Anklicken der Schaltfläche entsprechend der Anlage B5 wirksam geworden. Die allen Nutzern als "pop-up" bei Aufruf des Dienstes der Beklagten zugegangene Mitteilung über die beabsichtigte Änderung der Nutzungsbedingungen (B3) in Verbindung mit der Aufforderung, die "ich stimme zu"-Schaltfläche anzuklicken, ist dabei als an den einzelnen Nutzer gerichtetes Angebot auf Abschluss eines Änderungsvertrages im Sinne von § 145 BGB zu sehen. Ein durch Anklicken erfolgter Vertragsabschluss hat grundsätzlich individuellen Charakter, auch wenn die Willenserklärungen, aus denen er sich zusammensetzt, vorformulierte Bestandteile besitzen. Entgegen der von der Berufung vertretenen Rechtsansicht wird die Neufassung der AGB in einem solchen Fall nicht aufgrund einer vorformulierten Änderungsklausel, sondern aufgrund eines nach allgemeinen Regeln über Willenserklärungen und Rechtsgeschäfte zwischen den Parteien geschlossenen Änderungsvertrages einbezogen (Münchener Kommentar - Basedow, BGB 8. Aufl. 2019, § 305, Rn. 86; 90 m.w.N.; JurisPK -BGB - Lapp, 2. A. § 305, Rz. 57). Daher kommen solche Erklärungen als Gegenstand einer AGB-rechtlichen Prüfung nicht in Betracht (BGH, Urteil vom 07. November 2001 - VIII ZR 13/01 -, Rn. 42 - 43, juris; ebenso BGH, Urteil vom 13. Februar 1985 - IVb ZR 72/83 juris). Das individuelle Angebot im Sinne des § 145 BGB hat ...