Entscheidungsstichwort (Thema)
Ergänzungspflegschaft zur Geltendmachung von Kindesunterhalt ggü. dem allein sorgeberechtigten Vater
Leitsatz (amtlich)
Ergänzungspflegschaft:
Anordnung zur Geltendmachung von Kindesunterhalt ggü. dem allein sorgeberechtigten Vater.
Normenkette
BGB § 1909 Abs. 1, § 1629 Abs. 2 S. 1, § 1688 Abs. 1 S. 2
Verfahrensgang
AG Hainichen (Beschluss vom 13.01.2010; Aktenzeichen 51 F 604/09) |
Tenor
Die Beschwerde gegen den Beschluss das AG - Familiengericht - Hainichen vom 13.1.2010 - 51 F 604/09, wird auf Kosten des Beschwerdeführers zurückgewiesen.
Das Beschwerdeverfahren ist wert bis 5.000 EUR.
Gründe
I. Der Beschwerdeführer begehrt die Aufhebung einer für seinen Sohn angeordneten Ergänzungspflegschaft.
Der fünfzehnjährige Sohn wechselte nach längeren Streitigkeiten Anfang September 2009 vom Haushalt des alleinsorgeberechtigten Vaters zur Großmutter. Der Vater hat der Großmutter infolge dessen Vollmachten erteilt. Das Jugendamt wurde beteiligt.
Der Vater überweist der Großmutter für den Sohn monatlich das Kindergeld (182 EUR) und eine Halbwaisenrente (193 EUR). Die Großmutter meint, der Vater müsse höheren Unterhalt zahlen. Zur Durchsetzung von Unterhaltsansprüchen und zur Vermögensverwaltung hat sie daher eine Ergänzungspflegschaft angeregt.
Das Familiengericht ordnete mit Beschluss vom 13.1.2010, zugestellt am 18.1.2010, die Entziehung der Vertretungsmacht des Vaters zur Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen an und setzte eine Ergänzungspflegerin für diesen Aufgabenkreis ein. Hiergegen richtet sich die am 18.2.2010 eingelegte Beschwerde des Vaters.
II. Die form- und fristgerecht eingelegte und auch im Übrigen nach §§ 58, 59, 61 Abs. 1, 63, 64 FamFG zulässige Beschwerde bleibt in der Sache ohne Erfolg.
Zutreffend hat das Familiengericht eine Ergänzungspflegschaft gem. § 1909 Abs. 1 BGB angeordnet, weil der Vater von Rechts wegen daran gehindert ist, Unterhaltsansprüche seines Sohnes gegen ihn, den Vater, durchzusetzen.
1. Nach § 1629 Abs. 2 S. 1 BGB können Eltern das Kind nicht vertreten, soweit nach § 1795 BGB ein Vormund von der Vertretung seines Mündels ausgeschlossen ist. In jenen Fällen fehlt den Eltern die Vertretungsmacht für das Kind bereits kraft Gesetzes. So liegt es auch hier.
Der Vormund ist gem. § 1795 Abs. 1 Nr. 1, Nr. 3 BGB ausgeschlossen als Vertreter des Mündels in Prozessen gegen sich selbst (arg. a minore ad maius, vgl. dazu auch Staudinger/Engler, BGB, 2004, § 1795 Rz. 29 m.w.N.). Ebenso kann der an sich alleinsorgeberechtige Vater seinen Sohn nicht in Prozessen gegen sich selbst vertreten.
Die Entziehung der Vertretungsmacht des Vaters durch das Familiengericht geht daher ins Leere, ist aber unschädlich.
2. Da der Vater an der Vertretung seines Sohnes verhindert ist, ist ein Ergänzungspfleger nach § 1909 Abs. 1 BGB zu bestellen. Denn ein Anspruch des Sohnes auf Barunterhalt liegt nahe (BGH FamRZ 1988, 386; Palandt/Diederichsen, BGB, 69. Aufl., § 1612 Rz. 8 ff.). Ein solcher Anspruch wäre - selbst auf Grundlage des Mindestunterhalts - auch unter Berücksichtigung des Kindergeldes, § 1612b Abs. 1 Nr. 2 BGB, und der Halbwaisenrente gefährdet.
3. Das Sorgerecht des Vaters steht einer Anordnung der Ergänzungspflegschaft nicht entgegen.
a) Die Großmutter ist berechtigt, den (Mindest-) Unterhalt zu verwalten und für die Angelegenheiten des täglichen Lebens bestimmungsgemäß zu verwenden. Dies ergibt sich aus § 1688 Abs. 1 Satz 2 BGB. Dessen Voraussetzungen sind hier erfüllt.
Der Sohn lebt für längere Zeit bei der Großmutter in einem Pflegeverhältnis tatsächlicher Art. Dies genügt für die Annahme einer Familienpflege i.S.v. § 1688 BGB (ganz h.M., vgl. nur OLG Hamm FamRZ 2005, 2081; Finger in MünchKomm/BGB, 5. Aufl., § 1688 Rz. 1; Staudinger/Salger, BGB, 2006, § 1688 Rz. 18; BayObLG Rpfleger 1982, 225; NJW 1984, 2168; OLG Hamm NJW 1985, 3029; OLG Köln FamRZ 1983, 1163; jeweils zu § 1632 Abs. 4 BGB). Im Übrigen bedarf die Großmutter für eine Vollzeitpflege keiner Erlaubnis nach § 44 Abs. 1 S. 1 SGB VIII, wie sich aus Satz 2 Nr. 3 der Vorschrift ergibt.
Als Pflegeperson darf die Großmutter zwar nicht Ansprüche auf Kindesunterhalt gegen den personensorgeberechtigten Vater geltend machen (Staudinger/Salger, a.a.O., Rz. 34 m.w.N.; Palandt/Diederichsen, a.a.O., § 1688 Rz. 8.) Dies schließt aber nicht die Befugnis aus, den gezahlten (Mindest-) Barunterhalt zu verwalten und bestimmungsgemäß zu verwenden (zu den Einzelheiten vgl. MünchKomm/Finger, a.a.O., § 1688 Rz. 7).
b) Die Rechte der Pflegeperson sind zwar letztlich nur vom Sorgeberechtigten abgeleitet (vgl. nur Palandt/Diederichsen, a.a.O.). Der Sorgeberechtigte kann daher an sich die aus § 1688 Abs. 1 BGB erwachsenden Befugnisse der Pflegeperson anders regeln, § 1688 Abs. 3 BGB, etwa im Hinblick auf die Verwaltung von zugeflossenen Unterhaltszahlungen. Eine solche künftige Entwicklung spricht aber nicht gegen die Anordnung einer Ergänzungspflegschaft. Sollte nämlich im Unterhaltsprozess festgestellt werden, dass der Vater seinen Unterhaltsverpfl...