Leitsatz (amtlich)

Nach den durch Art. 2 Nr. 14 des Gesetzes vom 22.06.2005 (Prospektrichtlinie-Umsetzungsgesetz)geschaffenen Übergangsvorschriften des § 18 Abs. 2 Satz 3, 4 Wertpapier-Verkaufsprospektgesetz gilt § 13 Abs. 2 Wertpapier-Verkaufsprospektgesetz in der bis zum 30.06.2005 geltenden Fassung dort, soweit es sich um Verkaufsprospekte handelt, die vor dem 01.07.2005 im Inland veröffentlicht wurden und nicht von Kreditinstituten ausgegebene Wertpapiere betreffen. Die Aufhebung des § 13 Abs. 2 Wertpapier-Verkaufsprospektgesetz durch Artikel 7 des Gesetzes zur Einführung von Kapitalanleger-Musterverfahren vom 16.08.2005 änderte die Zuständigkeitsregelung für diese Fälle nicht. § 32b ZPO ist gegenüber § 18 Abs. 2 Satz 2 bis 5 Wertpapier-Verkaufsprospektgesetz nicht vorrangig.

 

Verfahrensgang

LG Leipzig (Entscheidung vom 02.05.2007; Aktenzeichen 4 O 357/07)

 

Tenor

Das Landgericht Frankfurt am Main wird als zuständiges Gericht bestimmt.

 

Gründe

I.

Der Kläger begehrt vom Beklagten die Zahlung von Schadensersatz unter dem Gesichtspunkt der Prospekthaftung nach dem Wertpapier-Verkaufsprospektgesetz und nach allgemeinen bürgerlich-rechtlichen Grundsätzen.

Der Beklagte war von 1991 bis zum 30.11.1999 Vorstand der W... AG (im Folgenden: Gemeinschuldnerin), über deren Vermögen das Amtsgericht Leipzig mit Beschluss vom 01.09.2006 ein Insolvenzverfahren eröffnet hat. Die Gemeinschuldnerin begann ab 1999, Inhaberschuldverschreibungen an Kleinkapitalanleger herauszugeben, für welche jährlich fällig werdende Zinsen zu festen Zinssätzen vereinbart wurden. Das Emissionsvolumen der ersten Inhaberschuldverschreibung, deren Laufzeit am 01.07.1999 begann und fünf Jahre dauerte, betrug 60 Mio. DM. Die Stückelung der Nennbeträge der Teilinhaberschuldverschreibungen belief sich auf 500,00 bis 10.000,00 EUR. Die Gemeinschuldnerin vertrieb diese öffentlich auf der Grundlage verschiedener Verkaufsprospekte.

Der Kläger trägt vor, er habe im Januar 2004 Teilinhaberschuldverschreibungen der Gemeinschuldnerin im Wert von 5.000,00 EUR erworben (Anlage K 1), welche zum 11.10.2004 umgetauscht worden seien (Anlage K 2). Diesen hätten Prospekte der Gemeinschuldnerin zugrunde gelegen, für die der Beklagte als deren beherrschender Gesellschafter und faktischer Geschäftsführer verantwortlich sei. In den Prospekten sei über diverse, im Einzelnen dargelegte Gesichtspunkte nicht näher aufgeklärt worden. Der Beklagte sei daher Prospektverantwortlicher im engeren Sinne. Die Teilinhaberschuldverschreibungen seien nie zurückgezahlt worden, weil die Gemeinschuldnerin zwischenzeitlich zahlungsunfähig ist.

Der Kläger hat seine Zahlungsklage unter Berufung auf § 32b ZPO vor dem Landgericht Leipzig erhoben. Der Beklagte hat in der Klageerwiderung die örtliche und sachliche Zuständigkeit unter Verweis auf §§ 13 Abs. 2, 18 Abs. 2 Satz 4 Wertpapier-Verkaufsprospektgesetz gerügt. Mit Schriftsatz vom 23.04.2007 hat der Kläger "vorsorglich" die Verweisung des Rechtsstreites an das Landgericht Frankfurt am Main beantragt.

Mit Beschluss vom 02.05.2007 hat sich das Landgericht Leipzig für örtlich unzuständig erklärt und das Verfahren an das Landgericht Frankfurt am Main verwiesen. Dessen ausschließliche Zuständigkeit ergäbe sich aus § 13 Abs. 2 Wertpapier-Verkaufsprospektgesetz. Dieser sei auf den gegenständlichen Sachverhalt anzuwenden, weil § 18 Abs. 3 Satz 3, 4 Wertpapier-Verkaufsprospektgesetz diesen auf Fälle wie den vorliegenden, in denen der Prospekt vor dem 01.07.2005 ausgegeben wurde, weiterhin für anwendbar erkläre. Die allgemeine Vorschrift des § 32b ZPO sei hingegen nicht anwendbar, weil § 18 Abs. 2 Satz 3 Wertpapier-Verkaufsprospektgesetz insoweit eine Sonderregelung enthalte. Die Beibehaltung des § 18 Abs. 2 Satz 4 Wertpapier-Verkaufsprospektgesetz beruhe auch nicht auf einem redaktionellen Versehen des Gesetzgebers. Hierfür seien keine hinreichenden Anhaltspunkte erkennbar. Die Beibehaltung der Sondervorschrift sei auch sinnvoll, weil dadurch gewährleistet werde, dass mehrere Verfahren, die sich auf den gleichen Prospekt beziehen, auch weiterhin nur vor einem Gericht verhandelt werden.

Mit Beschluss vom 08.06.2007 hat das Landgericht Frankfurt am Main die Übernahme des Verfahrens ohne vorherige Anhörung der Parteien abgelehnt und den Rechtsstreit an das Landgericht Leipzig zurückverwiesen. Die Verweisung sei willkürlich und daher nicht bindend, weil § 13 Abs. 2 Wertpapier-Verkaufsprospektgesetz auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar sei. Nach der Übergangsvorschrift des § 18 Abs. 2 Satz 3 Wertpapier-Verkaufsprospektgesetz habe dieser nur noch bis zum 30.06.2006 angewandt werden dürfen. Der Ausnahmefall des § 18 Abs. 2 Satz 2 Wertpapier-Verkaufsprospektgesetz liege nicht vor.

Mit Verfügung vom 18.06.2007 hat das Landgericht Leipzig darauf hingewiesen, dass es beabsichtigt, das Verfahren dem Oberlandesgericht zur Gerichtsstandsbestimmung vorzulegen. Dem trat der Beklagte entgegen. Mit Beschluss vom 28.06.2007 hat das Landgericht Leipzig das Verfahren dem O...

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