Leitsatz (amtlich)
Aus dem vertraglichen Recht des Mieters auf (Mit-)Benutzung einer Verkehrsfläche auf dem Mietgrundstück folgt nicht der (Mit-)Besitz des Mieters an der Verkehrsfläche (Anschluss KG NZM 2013, 579).
Verfahrensgang
LG Görlitz (Aktenzeichen 5 O 71/19) |
Tenor
Der Senat beabsichtigt, die Berufung der Verfügungsklägerin gegen das Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Görlitz, Außenkammern Bautzen, vom 19.03.2019 (5 O 71/19) durch Beschluss nach § 522 Abs. 2 S. 1 ZPO zurückzuweisen.
Die Verfügungsklägerin erhält Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 25.06.2019. Sie sollte zur Vermeidung weiterer Kosten die Möglichkeit einer Rücknahme der Berufung in Erwägung ziehen.
Gründe
I. Die Verfügungsklägerin begehrt in einem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes, den Verfügungsbeklagten Baumaßnahmen auf einer Verkehrsfläche zu untersagen.
Die Verfügungsklägerin ist ein international tätiges Logistikunternehmen. Die Verfügungsbeklagte zu 1) ist Eigentümerin der Grundstücke Sxxx Straße xx-xx (Lichtbild Anlage ASt 2) und Gxxx Straße x (Lichtbild Anlage ASt 3) in Oxxx. Das Grundstück Sxxx Straße xx-xx in Oxxx ist bebaut mit einem Hallenkomplex, der unterteilt ist in die Hallen 1 bis 4. Die Verfügungsklägerin und die Verfügungsbeklagte zu 1) schlossen am 13./15.09.2016 einen Mietvertrag (Anlage ASt 6) über Lager-, Büro- und Sozialflächen auf dem Grundstück Sxxx Straße xx-xx in Oxxx, nämlich über die Halle Nr. 4. Der Mietzweck des vom 01.11.2016 bis zum 31.10.2026 befristeten Mietvertrages ist die Nutzung des Mietobjektes als Logistikimmobilie, und die Verfügungsklägerin als Mieterin ist auch zur Nutzung der zugehörigen Verkehrsflächen berechtigt.
Die Verfügungsbeklagte zu 2) führt die operativen Geschäfte einschließlich der Projektentwicklung und des Asset-Managements für alle zur Lxxx-Gruppe gehörenden Grundstücke und Standorte.
Die Verfügungsbeklagte zu 1) beabsichtigt, das Grundstück Gxxx Straße x in Oxxx mit einer weiteren Logistikanlage zu bebauen. Der vorgesehene Neubau wird im Umfang von etwa 1.850 m2 die Verkehrsflächen des Grundstückes Sxxx Straße xx-xx in Oxxx überdecken, und zwar in der Weise, wie dies aus der als Anlage Ag 7.2 vorgelegten Grafik ersichtlich ist. Während der Bauphase wird durch die Errichtung eines Bauzaunes für die Dauer von etwa 6 bis 7 Wochen ein weiterer Teil der Verkehrsfläche auf dem Grundstück Sxxx Straße xx-xx in Anspruch genommen werden. Wegen des Umfanges dieser Inanspruchnahme wird auf die als Anlage Ag 8 vorgelegte Grafik Bezug genommen.
Die Verfügungsklägerin wendet sich gegen die beabsichtigte Inanspruchnahme eines Teils der Verkehrsfläche auf dem Grundstück Sxxx Straße xx-xx in Oxxx. Sie hat vorgetragen, sie sei (Mit-)Besitzerin der Verkehrsfläche auf dem Grundstück Sxxx Straße xx-xx in Oxxx und aus diesem Grunde berechtigt, die mit den beabsichtigten Baumaßnahmen einhergehende Besitzentziehung in Bezug auf einen Teil der Verkehrsfläche abzuwehren. Die beabsichtigte Inanspruchnahme eines Teils der Verkehrsfläche führe auch zu einer Beeinträchtigung des vertragsgemäßen Gebrauches des von ihr angemieteten Mietobjektes. So könne sie als Folge der Inanspruchnahme eines Teils der Verkehrsfläche ihre Wechselbrücken nicht mehr im unmittelbaren Bereich der Rampen zu Halle 4 aufstellen und werde ihr die Zufahrt zu den Laderampen unzumutbar erschwert.
Die Verfügungsbeklagten haben vorgetragen, die Verfügungsklägerin habe zwar ein Nutzungsrecht an der Verkehrsfläche aus dem Mietvertrag, sei aber nicht (Mit-)Besitzerin der Verkehrsfläche. Die Verfügungsklägerin könne den von ihr geltend gemachten Unterlassungsanspruch auch nicht auf ihren Anspruch auf Herstellung des vertragsgemäßen Gebrauches des Mietobjektes stützen, weil die Zufahrt zu den Laderampen durch den Hallenneubau nicht erschwert werde. Allenfalls gebe es geringfügige Beeinträchtigungen in dem vorübergehenden Zeitraum der Aufstellung des Bauzaunes, die aber einen mietrechtlichen Abwehranspruch nicht rechtfertigen würden.
Wegen des Sachvortrages im Übrigen und der in I. Instanz gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des Urteils des Landgerichts Bezug genommen.
Das Landgericht hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung mit dem Urteil vom 19.03.2019 zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, der Verfügungsklägerin stehe aus keinem rechtlichen Gesichtspunkt der geltend gemachte Unterlassungsanspruch zu. Sie sei bereits nicht Besitzerin der Verkehrsflächen, so dass Besitzschutzansprüche nicht bestünden. Auch wenn man den Mitbesitz der Verfügungsklägerin unterstelle, seien die Verfügungsbeklagte und die anderen Mieter auf dem Grundstück ebenfalls Mitbesitzer und bewegte sich die Inanspruchnahme von Verkehrsfläche durch den Neubau in einem für die Verfügungsklägerin zumutbaren Rahmen. Auch einen mietrechtlichen Anspruch auf Unterlassung der beabsichtigten Baumaßnahme habe die Verfügungsklägerin nicht.
Gegen das ihr am 29.03.2019 zugestellte Urteil hat die Verfügungsklägerin am 24.04.2019 B...