Leitsatz (amtlich)
Die Tätigkeit des Verteidigers sowohl vor der Strafvollstreckungskammer als auch im Beschwerderechtszug im Verfahren aufgrund § 67a StGB wird nicht von den Nrn. 4200 - 4203 VVRVG umfasst, sondern stellt sich als eine Tätigkeit in einem sonstigen Strafvollstreckungsverfahren gemäß Nrn. 4204 - 4207 VVRVG dar.
Verfahrensgang
LG Leipzig (Aktenzeichen I StVK 383/15) |
Tenor
1. Auf die Beschwerde der Staatskasse wird der Beschluss der Strafvollstreckungskammer der Landgerichts Leipzig vom 26. Oktober 2015 aufgehoben.
2. Die Erinnerungen des Verteidigers gegen die Vergütungsfestsetzungsbeschlüsse des Landgerichts Leipzig vom 29. Juli 2015 und 1. September 2015 werden als unbegründet zurückgewiesen.
Gründe
I.
1.
Gegen den Verurteilten wird derzeit eine Restfreiheitsstrafe vollstreckt; seine Unterbringung in der Sicherungsverwahrung ist angeordnet.
Mit Beschluss vom 7. Januar 2015 hatte die Strafvollstreckungskammer angeordnet, dass die Restfreiheitsstrafe zur besseren Förderung der Resozialisierung gemäß § 67a Abs. 1, Abs. 2 Sätze 1 und 2 StGB im Maßregelvollzug der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus zu vollstrecken ist. Der Verurteilte wurde daraufhin in eine Maßregelvollzugsanstalt verlegt.
Nachdem die Maßregelvollzugsanstalt nach zweimonatiger Beobachtungsphase einen zuverlässigen Einstieg des Verurteilten in den Therapieprozess nicht feststellen konnte und eine Rückverlegung in den Strafvollzug anregte, hörte die Strafvollstreckungskammer den Verurteilten im Beisein seines beigeordneten Verteidigers sowie von Vertretern der Maßregelvollzugsanstalt am 18. Mai 2015 an.
Mit Beschluss vom selben Tag hob die Kammer ihre am 7. Januar 2015 getroffene Anordnung wieder auf. Die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde des Verurteilten verwarf der Senat mit Beschluss vom 6. Juli 2015. Der Verurteilte wurde wieder in den Strafvollzug verlegt.
2.
Mit Schreiben vom 19. Mai 2015 rechnete der Verteidiger seine Gebühren für das Verfahren vor der Strafvollstreckungskammer in Höhe von insgesamt 856 EUR ab und machte dabei unter anderem eine Verfahrensgebühr nach Nrn. 4200, 4201 VVRVG sowie eine Terminsgebühr nach Nrn. 4202, 4203 VVRVG für die Anhörung am 18. Mai 2015 geltend.
Mit weiterem Schreiben vom 14. Juli 2015 rechnete der Verteidiger seine Gebühren für das Beschwerdeverfahren in Höhe von insgesamt 427,21 EUR ab und machte dabei ebenfalls eine Verfahrensgebühr nach Nrn. 4200, 4201 VVRVG geltend.
Für das Verfahren vor der Strafvollstreckungskammer erkannte der Kostenbeamte des Landgerichts jedoch nur die Verfahrens- und Terminsgebühren für sonstige Strafvollstreckungsverfahren nach Nrn. 4205, 4207 VVRVG zu und setzte mit Vergütungsfestsetzungsbeschluss vom 29. Juli 2015 dadurch insgesamt lediglich 607,29 EUR fest.
Für das Beschwerdeverfahren setzte der Kostenbeamte mit Vergütungsfestsetzungsbeschluss vom 1. September 2015 aus denselben Gründen lediglich 192,78 EUR fest.
3.
Den gegen die Festsetzungsbeschlüsse gerichteten Erinnerungen des Verteidigers half der Kostenbeamte nicht ab.
Auf die Erinnerungen hat die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts durch einen Einzelrichter mit Beschluss vom 26. Oktober 2015 die Festsetzungsbeschlüsse abgeändert und die Vergütung wie vom Verteidiger beantragt festgesetzt.
4.
Gegen den Beschluss richtet sich die Beschwerde der Staatskasse.
Der Verteidiger hatte Gelegenheit zur Stellungnahme.
II.
1.
Mit Beschluss vom heutigen Tag hat der Einzelrichter des Senats das Verfahren gemäß § 56 Abs. 2 Satz 1, 33 Abs. 8 Satz 2 dem Senat übertragen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat.
2.
Das Rechtsmittel der Staatskasse ist zulässig. Der Wert des Beschwerdegegenstandes in Höhe von 200 EUR ist überstiegen (§§ 56 Abs. 2 Satz 1, 33 Abs. 3 Satz 1 RVG).
3.
Das Rechtsmittel ist auch begründet. Es führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückweisung der Erinnerungen.
Die Tätigkeit des Verteidigers sowohl vor der Strafvollstreckungskammer als auch im Beschwerderechtszug im Verfahren aufgrund § 67a StGB wird nicht von den Nrn. 4200 - 4203 VVRVG umfasst, sondern stellt sich als eine Tätigkeit in einem sonstigen Strafvollstreckungsverfahren gemäß Nrn. 4204 - 4207 VVRVG dar.
4.
Die Gebühren nach Nrn. 4200 - 4203 VVRVG entstehen nur in den in Nr. 4200 VVRVG ausdrücklich aufgeführten Verfahren (Gerold/Schmidt-Burhoff, RVG 22. Aufl. VV 4200 - 4207 Rdnr. 3). Mit den in Nr. 4200 VRVG Nr. 1 genannten Verfahren sind damit die Verfahren nach §§ 67c Abs. 1 und 2, 67d Abs. 2 StGB gemeint (Burhoff-Volpert, RVG Straf- und Bußgeldsachen 4. Aufl. Nr. 4200 VV Rdnr. 5).
Ein Verfahren aufgrund § 67a StGB, in dem die Rücküberweisung des Verurteilten aus dem Maßregelvollzug in den Strafvollzug geprüft wird, lässt sich indes nicht unter die in Nr. 4200 VVRVG genannten Verfahren subsumieren. Es ist weder auf die Erledigung noch die Aussetzung einer Unterbringung im Maßregelvollzug angelegt. Die Überweisung in den Maßregelvollzug oder die Rücküberweisung in den Strafvollzug ändert lediglich die...