Leitsatz (amtlich)

1. Die Erklärung eines Versicherungsnehmers, mit der er eine "Aussetzung" der Versicherungsprämie beantragt, stellt kein auf eine Umwandlung in eine prämienfreie Versicherung gerichtetes Freistellungsverlangen dar.

2. Der Inhalt einer solchen Erklärung ist durch Auslegung zu ermitteln, einem bloßen Antrag auf "Aussetzung" kann regelmäßig nicht der Wille des Versicherungsnehmers entnommen werden, auch nur zeitweilig auf den ihm eingeräumten Versicherungsschutz zu verzichten.

 

Verfahrensgang

LG Dresden (Aktenzeichen 8 O 620/17)

 

Tenor

1. Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Landgerichts Dresden vom 15.08.2017 - Az. 8 O 620/17 - abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Dem Kläger wird für den 1. Rechtszug Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung für die beabsichtigte Klage gemäß Klageentwurf vom 27.03.2017 unter Beiordnung von Rechtsanwalt A. T., Dresden, bewilligt.

2. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

I. Der Antragsteller begehrt die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die von ihm beabsichtigte Klage gemäß Klageentwurf vom 27.03.2017, mit welcher er von der Antragsgegnerin Leistungen aus einer Berufsunfähigkeitsversicherung verlangt.

Mit Beschluss vom 15.08.2017 hat das Landgericht dem Antragsteller - unter Zurückweisung des Antrages im Übrigen- lediglich Prozesskostenhilfe bewilligt, soweit er beabsichtigt, mit angekündigtem Klageantrag Ziffer 1 einen Teilbetrag i.H.v. 45,16 EUR monatlich geltend zu machen und hinsichtlich des angekündigten Klageantrages Ziffer 3. des Klageentwurfs vom 27.03.2017.

Gegen den am 24.08.2017 zugestellten Beschluss hat der Antragsteller mit Schriftsatz vom 20.09.2017, am 21.09.2017 beim Landgericht Dresden eingegangen, sofortige Beschwerde eingelegt, welcher das Landgericht mit Beschluss vom 07.11.2017 nicht abgeholfen, sondern diese dem Oberlandesgericht Dresden zur Entscheidung vorgelegt hat.

II. Die sofortige Beschwerde des Antragstellers ist statthaft (§ 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO) und form- sowie fristgerecht (§ 127 Abs. 2 Satz 3 ZPO) eingelegt worden.

Die sofortige Beschwerde ist auch begründet, da die beabsichtigte Klage insgesamt hinreichende Aussicht auf Erfolg hat. Zudem ist der Antragsteller ausweislich seiner vorgelegten Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse bedürftig i.S.d. § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Mangels entsprechenden Einkommens bzw. Vermögens kam ferner eine Ratenzahlung hinsichtlich der voraussichtlichen Kosten der Prozessführung nicht in Betracht.

Hinreichende Erfolgsaussichten sind immer dann zu bejahen, wenn das Gericht den Rechtsstandpunkt der Prozesskostenhilfe begehrenden Partei aufgrund ihrer Sachdarstellung und der vorhandenen Unterlagen mindestens für vertretbar hält und von der Möglichkeit der Beweisführung überzeugt ist (vgl. Zöller, ZPO, 31. Aufl., § 114 Rz. 19, m.w.N.). Dies ist vorliegend vor dem Hintergrund, dass im Prozesskostenhilfeverfahren die Sach- und Rechtslage nur summarisch geprüft wird und schwierige Rechts-, Abwägungs- oder Auslegungsfragen regelmäßig dem Hauptverfahren vorbehalten bleiben sollen, zu bejahen. Im Einzelnen:

1. Die Antragsgegnerin kann sich nicht darauf berufen, dass sie leistungsfrei ist, weil der Versicherungsfall in einer Zeit eingetreten ist, in der nach ihrer Auffassung kein Versicherungsschutz bestand. Denn eine wirksame Vereinbarung dahingehend, dass im hier maßgeblichen Zeitpunkt - nach der Darstellung des Antragstellers ist der Versicherungsfall (bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit) im Juni bzw. Juli 2015 eingetreten - kein oder nur ein eingeschränkter Versicherungsschutz bestand, haben die Parteien nicht getroffen.

a) Entgegen der Auffassung des Landgerichts hat der Antragsteller mit seinen - mit Ausnahme der Daten - gleichlautenden Schreiben vom 06.02.2014 (Anlage B 3), vom 12.08.2014 (Anlage B 6) und vom 23.02.2015 (Anlage B 9) die Umwandlung der Versicherung in eine beitragsfreie Versicherung gemäß § 5 Abs. 3 der Versicherungsbedingungen i.V.m. §§ 165 f. VVG nicht verlangt. Folge einer wirksamen Umwandlung nach § 5 Abs. 3 der Versicherungsbedingungen bzw. nach § 165 VVG ist, dass die Leistungspflicht des Versicherers auf die beitragsfreie Leistung herabgesetzt wird, so dass sie i.H. des darüber hinausgehenden Betrages erlischt, während sie i.H. dieses Betrages fortbesteht. Die (wirksame) Umwandlung ist grundsätzlich endgültig, d.h. der Versicherungsnehmer hat keinen Anspruch auf Wiederherstellung des ursprünglichen Versicherungsvertrages durch ganz oder teilweises Rückgängigmachen der Umwandlung. Der Versicherer kann allenfalls durch Änderungsvertrag die Versicherung wieder zu einer prämienpflichtigen Versicherung machen, wobei die Antragsgegnerin dies ausweislich von § 5 Abs. 6 der Versicherungsbedingungen nach Ablauf von 6 Monaten seit dem ersten ungezahlt gebliebenen Beitrag vom Ergebnis einer erneuten Gesundheitsprüfung abhängig gemacht hat bzw. nach Ablauf von 3 Jahren die Wiederherstellung des Versi...

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