Entscheidungsstichwort (Thema)

Gerichtskostenvorschussforderung nach Verweisung von VerwG an das ordentliche Gericht

 

Leitsatz (amtlich)

1. In einer bürgerlichen Rechtsstreitigkeit kann auch dann gem. § 65 GKG der Fortgang von einem Gerichtskostenvorschuss abhängig gemacht werden, wenn der Rechtsstreit von einem Verwaltungsgericht an ein ordentliches Gericht verwiesen worden ist.

2. Der Streitwert einer unbezifferten Schmerzensgeldklage richtet sich nach dem vom Kläger angegebenen, auf klar geäußerten Erwägungen beruhenden Mindestbetrag.

 

Normenkette

GKG § 65

 

Verfahrensgang

LG Chemnitz (Beschluss vom 19.11.2002; Aktenzeichen 5 O 4609/02)

 

Tenor

I. Die Beschwerde des Klägers gegen die Verfügung der Vorsitzenden beim LG Chemnitz vom 19.11.2002 – Az.: 5 O 4609/02 – wird zurückgewiesen.

II. Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des LG Chemnitz vom 19.11.2002 – Az.: 5 O 4609/02 – wird zurückgewiesen.

III. Die Entscheidungen ergehen gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

Die zulässigen Beschwerden haben in der Sache keinen Erfolg.

1. Der Beschwerdeführer verlangt von dem Beklagten Schmerzensgeld wegen unrechtmäßiger Inhaftierung. Mit Schreiben vom 16.8.2002 erhob der Kläger Klage zum BayVerwG München und begehrte die Verurteilung des Beklagten (des F.S.) zu einer Schmerzensgeldzahlung wegen unrechtmäßiger Inhaftierung.

Der Kläger stützt sein Begehren im Wesentlichen auf amtspflichtwidriges Verhalten von Bediensteten des Beklagten im Zusammenhang mit dem Erlass eines Sitzungshaftbefehls nach § 230 Abs. 2 StPO durch das AG Chemnitz. Der Kläger befand sich aufgrund dieses Haftbefehls vom 19.7.1999 bis einschl. 20.8.1999, dem Tag der Hauptverhandlung, in der er freigesprochen wurde, in Haft. Der Haftbefehl sei zu Unrecht erlassen worden. Infolge der wochenlangen Inhaftierung sei insb. das Verhältnis zu seinem Sohn zerrüttet worden.

Er hat mit seiner Klageschrift beantragt, den Beklagten zu verurteilen, ein „angemessenes Schmerzensgeld” zu bezahlen, wobei er für jeden Hafttag das „durchschnittliche Gehalt eines Richters oder Staatsanwalts für zwei Monate” für angemessen erachtet. Unter Berücksichtigung seiner 31-tägigen Inhaftierung ist er von einem Schmerzensgeldbetrag von „mindestens 310.000 Euro” ausgegangen.

Nach Zustellung der Klage an den Beklagten hat das VerwG München die Sache mit Beschluss vom 10.1.2002 an das für den Rechtsweg zuständige LG Chemnitz verwiesen. Mit Beschluss vom 19.11.2002 hat dieses den vorläufigen Streitwert auf 310.000 Euro festgesetzt und mit Verfügung der Vorsitzenden vom gleichen Tage den Kläger darauf hingewiesen, dass erst nach Einzahlung des Vorschusses das Verfahren vor dem LG fortgesetzt werden würde.

Hiergegen wandte sich der Kläger mit Schreiben vom 15.12.2002. Unter Hinweis auf die von ihm angeblich beantragte Prozesskostenhilfe bat er darin, bis zur Entscheidung über den Antrag die Einforderung von Gerichtskosten zurückzustellen. Darüber hinaus wandte er sich gegen die Festsetzung des Streitwerts mit der Begründung, er habe die Bemessung des Schmerzensgeldes in das Ermessen des Gerichts stellen wollen. Die Angabe eines Mindestbetrages i.H.v. 310.000 Euro beruhe ersichtlich auf einem „Berechnungsbeispiel”.

Das LG Chemnitz hat mit Beschluss vom 8.1.2003 den Beschwerden nicht abgeholfen und sie dem OLG Dresden zur Entscheidung vorgelegt.

2. Die Beschwerde gegen die Verfügung der Vorsitzenden vom 19.11.2002 ist gem. §§ 6, 5 Abs. 3 S. 3, Abs. 4 S. 1 und 2, Abs. 5 GKG, 119 Abs. 1 Nr. 2 GVG zulässig, in der Sache aber nicht begründet.

Entgegen der Auffassung des Kostenbeamten in der Stellungnahme vom 6.1.2003 handelt es sich nicht um eine Erinnerung bzw. Beschwerde gegen den Kostenansatz gem. § 5 GKG, sondern um eine Beschwerde gegen die Anordnung des Vorschusses nach § 6 GKG, wovon auch das LG in seinem Nichtabhilfebeschluss in Ziff. 2 letztlich offenbar ausgegangen ist.

Zwar ist die Beschwerde nach dem Wortlaut des § 6 GKG allein gegen einen förmlichen Beschluss statthaft. Allerdings ist anerkannt, dass nach Sinn und Zweck der Vorschrift auch eine Verfügung des Vorsitzenden die Beschwerde nach § 6 GKG eröffnet, soweit das weitere Tätigwerden des Gerichts von einer Vorschusszahlung abhängig gemacht wird und die veranlasste Tätigkeit nach der zugrunde zu legenden Prozessordnung (hier der ZPO) durch den Vorsitzenden und nicht durch förmlichen Beschluss des Kollegialgerichts erfolgen muss (vgl. Markl/Meyer, GKG, 5. Aufl., § 6 Rz. 5; OLG Brandenburg, Beschl. v. 17.2.1998 – 7 W 49/97, NJW-RR 1999, 291). Nach dem Verfahrensstand nach Verweisung an das LG Chemnitz war entweder die Anordnung des schriftlichen Vorverfahrens bzw. die Anberaumung eines Gütetermins wahlweise i.V.m. einem frühen ersten Termin angezeigt (§§ 272 Abs. 2, 278 ZPO). Dies geschieht aber nicht durch förmlichen Beschluss, sondern durch Verfügung des Vorsitzenden (§ 272 Abs. 2 ZPO).

Die Beschwerde ist indes unbegründet. Die Anforderung des Vorschusses beruht auf § 65 GKG, der zwar seinem Wortl...

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