Leitsatz (amtlich)
Das Erinnerungs- und Beschwerdeverfahren nach § 66 Abs. 2 GKG n.F. gegen den Kostenansatz ist allein wegen einer Verletzung des Kostenrechts statthaft. Die Rüge der ungenügenden Einsatzbereitschaft eines Pflichtverteidigers betrifft stattdessen die Anspruchsberechtigung des Rechtsanwalts dem Grunde nach; damit kann ein Beschwerdeführer in diesem Rechtsbehelfsverfahren nicht gehört werden.
Es darf auch nicht geprüft werden, ob die Anordnung, welche die Auslagen verursacht hat - hier die Aufrechterhaltung der Pflichtverteidigerbestellung durch die Zurückweisung des entsprechenden Entpflichtungsantrags - rechtsfehlerfrei gewesen ist. Hierfür ist ein eigenständiges Anfechtungsverfahren (Beschwerde gemäß § 304 StPO) eröffnet.
Eine Entlastung des Angeklagten von den Kosten einer durch prozessuale Vorsorge veranlassten zusätzlichen Pflichtverteidigung sieht das Gesetz auch dann nicht vor, wenn er sich ausdrücklich gegen eine solche Maßnahme stellt (vgl. BVerfG NStZ 1984, 561, 562).
Verfahrensgang
LG Leipzig (Aktenzeichen 11 KLs 208 Js 22395/03) |
Tenor
Die Beschwerde der Verurteilten gegen den Kostenansatz der Staatsanwaltschaft Leipzig für Auslagen der Staatskasse in Höhe von 26.197,56 € für Rechtsanwaltsgebühren des Pflichtverteidigers wird als unbegründet verworfen.
Das Beschwerdeverfahren ist gebührenfrei.
Gründe
I.
Die Beschwerdeführerin war mit Urteil des Landgerichts Leipzig vom 26. März 2009, rechtskräftig seit dem 25. Februar 2011, wegen progressiver Kundenwerbung kostenpflichtig zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden.
In dem zugrundeliegenden Verfahren hatte der Vorsitzende der nach Anklageerhebung für die Hauptsache zuständigen Wirtschaftsstrafkammer mit Verfügung vom 03. Januar 2005 der Beschwerdeführerin Rechtsanwalt B. als Pflichtverteidiger beigeordnet. Kurz vor Beginn der Hauptverhandlung im Jahre 2007 erteilte die Beschwerdeführerin zusätzlich ihrem Wahlverteidiger, Rechtsanwalt S., das Mandat. Ihren anschließend zu Beginn der Hauptverhandlung gestellten Antrag, den Pflichtverteidiger B. nunmehr zu entpflichten, wies der Kammervorsitzende jedoch aus Gründen der Verfahrenssicherung zurück. Diese Entscheidung wurde nicht angefochten.
Nach rechtskräftigem Abschluss Verfahrens setzte die Rechtspflegerin des Landgerichts die Gebühren des Pflichtverteidigers in mehreren (Teil-)Kostenfestsetzungsbeschlüssen und unter Berücksichtigung eines Pauschvergütungsbeschlusses des Senats vom 12. Dezember 2011 (Az.: 2 ARs ...) auf insgesamt 26.197,56 Euro fest. Diese Kosten sind in der Kostenrechnung der Justizkasse an die Verurteilte vom 18. Juni 2012 enthalten.
Gegen die Kostenrechnung legte die Verurteilte mit Schreiben vom 25. Juni 2012 Erinnerung ("Unwiderrufliche Zurückweisung") ein. Zur Begründung berief sie sich allerdings nur auf einen vermeintlichen "Hochverrat gegen die Bürger des reichsverfassungsrechtlichen Deutschen Reiches", der in dem "arglistig willkürlichen" Verstoß gegen verschiedene Militärgesetze des "SHAEF" (Supreme Headquarters Allied Expeditionary Force - Hauptquartiers der alliierten Streitkräfte in Nordwesteuropa) zu sehen sei. Inhaltlich sachbezogene Ausführungen enthielt das Schreiben nicht.
Mit dem angefochtenen Beschluss vom 06. August 2012 verwarf die 11. Große Strafkammer als Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Leipzig - in der Besetzung mit einer Richterin - dieses als Erinnerung nach § 66 Abs. 1 GKG n.F. (durch Kostenrechtsmodernisierungsgesetz vom 5. Mai 2004 [BGBl. I S. 718] neu erlassen und seit dem 1. Juli 2004 in Kraft) anzusehende Rechtsmittel der Betroffenen als unbegründet.
Gegen diese Entscheidung des Landgerichts wendet sich die Verurteilte mit Schreiben vom 14. August 2012. Darin führt sie nunmehr - soweit maßgeblich - aus, zunächst zwar mit der Bestellung von Rechtsanwalt B. zu ihrem Pflichtverteidiger einverstanden gewesen zu sein; ihren nach Beauftragung eines Wahlverteidigers (Rechtsanwalt S.) gestellten Antrag auf Entpflichtung des Pflichtverteidigers habe der Kammervorsitzende aber zu Unrecht zurückgewiesen. Im Übrigen habe der Pflichtverteidiger während der gesamten Hauptverhandlung im Wesentlichen "keinerlei Handlungen vollzogen, die meiner Verteidigung dienlich waren".
Mit weiterem Schreiben an den Senat vom 28. September 2012 ergänzt die Verurteilte ihren Vortrag, wonach der Pflichtverteidiger im Festsetzungsverfahren zu Unrecht eine Vergütung in Höhe von 827, 47 Euro für eine in Wahrheit nicht gefertigte Revisionsschrift beansprucht und erhalten habe. Auch sei die Bewilligung einer pauschalen Vergütung unangemessen gewesen, weil der Einsatz des Pflichtverteidigers im Verfahren nicht hoch gewesen sei. Sinngemäß meint sie, Rechtsanwalt B. habe auf Grund der Art seiner Verteidigung seinen Anspruch auf Gebühren verwirkt.
II.
Die gemäß § 66 Abs. 2 GKG n.F. statthafte Beschwerde ist unbegründet.
Soweit die Verurteilte sinngemäß vorträgt, Rechtsanwalt B. habe aufgrund seiner ungenügenden Einsatzbereitschaft für die Verteidigung seinen Gebührenanspruch verw...