Leitsatz (amtlich)
1. Wendet eine Mandantin im Vergütungsfestsetzungsverfahren gem. § 11 RVG ein, ihre Verfahrensbevollmächtigten hätten ihre Pflichten aus dem Anwaltsvertrag verletzt, da sie kein ausreichendes Engagement gezeigt, sie nur unzureichend über den Fortgang des Mandats informiert und ihre auch keine Datenauskunft gem. Art. 15 DS-GVO erteilt hätten, scheitert die Festsetzung der Anwaltsvergütung an diesen nicht gebührenrechtlichen Einwänden.
2. Eine substantiierte Darlegung der Einwendung ist im Verfahren nach § 11 RVG nicht erforderlich. Unberücksichtigt bleiben kann die Einrede eines Mandanten nur dann, wenn sie lediglich floskelhaft vorgebracht wird oder ganz offensichtlich aus der Luft gegriffen ist und deshalb als unsubstantiiert betrachtet werden muss.
3. Als nicht-gebührenrechtlicher Einwand im Vergütungsfestsetzungsverfahren reicht es aus, wenn die Mandantin behauptet, ihre Anwälte hätten ihren anwaltliche Informationspflichten während der Wahrnehmung des Mandats nicht genügt und ihr dadurch Schaden zugefügt, wenn dieser Einwand nicht von vorne herein ohne jede Relevanz ist. Ob der Mandantin solche Gegenansprüche gegen die Anwaltsvergütung zustehen, ist nicht im Vergütungsfestsetzungsverfahren, sondern im allgemeinen Verfahren zu klären.
4. Durch den Antrag auf Festsetzung der Vergütung wird die Verjährung gem. § 11 Abs. 7 RVG wie durch Klageerhebung gehemmt.
Verfahrensgang
AG Leipzig (Aktenzeichen 337 F 1033/16) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Rechtsanwälte ... & ... gegen den Beschluss des Amtsgerichts Leipzig, Familiengericht, vom 07.04.2020, Az.: 337 F 1033/16, wird zurückgewiesen.
Gründe
I. Die Beteiligten streiten um die Festsetzung von Anwaltsvergütung im Verfahren nach § 11 RVG.
Die Rechtsanwälte ... & ... hat die Antragsgegnerin im zugrundeliegenden Ehescheidungsverfahren, Az.: 337 F 1033/16, anwaltlich vertreten. Mit Schriftsatz vom 07.11.2016 wurde die Beendigung des Mandats angezeigt. Die Antragsgegnerin hatte andere Rechtsanwälte mit ihrer Interessenwahrnehmung beauftragt.
Mit Festsetzungsantrag vom 19.12.2019 beantragte die Kanzlei die Festsetzung der Vergütung gemäß § 11 RVG (BI. 107 d. A.).
Die Antragsgegnerin ist dem Vergütungsfestsetzungsantrag entgegengetreten. Zur Begründung hat sie vorgetragen, die Kanzlei habe sie nicht gut vertreten. Sie rechne mit Gegenansprüchen aus Schadensersatzhaftung wegen anwaltlicher Schlechtleistung auf. Sie sei von der Kanzlei über den Fortgang des Mandats nur unzureichend unterrichtet worden. Dadurch sei ihr ein Schaden entstanden. Zudem fordere sie eine vollständige Datenauskunft gemäß § 15 DS-GVO. Schließlich sei die Forderung verjährt.
Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 07.04.2020 (BI. 126 ff. d. A.) die Festsetzung der Vergütung gemäß § 11 RVG abgelehnt. Denn die Antragsgegnerin habe Einwendungen erhoben, die nicht im Gebührenrecht wurzelten.
Gegen die Ablehnung der Vergütungsfestsetzung wendet sich die ... & ... mit der sofortigen Beschwerde vom 20.04.2020 (BI. 128 d. A.). Sie begehrt die Vergütung antragsgemäß festzusetzen. Denn die Einwendungen der Antragsgegnerin seien in keiner Weise substantiiert und hinderten daher die Vergütungsfestsetzung nicht.
Das Amtsgericht hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und hat das Verfahren dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt.
Die gemäß § 11 Abs. 1 RPflG, § 11 Abs. 2 Satz 3 RVG, § 104 Abs. 3, §§ 567 ff. ZPO statthafte und zulässig eingelegte sofortige Beschwerde ist unbegründet.
Das Amtsgericht hat zu Recht den nach § 11 RVG gestellten Vergütungsfestsetzungsantrag vom 19.12.2019 abgelehnt, weil die Antragsgegnerin Einwendungen gegen die beantragte Festsetzung erhoben hat, die ihren Grund nicht im Gebührenrecht haben, § 11 Abs. 5 Satz 1 RVG.
Allerdings greift die Einrede der Verjährung nicht ein. Denn durch den Antrag auf Festsetzung der Vergütung wird die Verjährung wie durch Klageerhebung gehemmt, § 11 Abs. 7 RVG. Der Antrag auf Festsetzung der Vergütung wurde rechtzeitig vor Ablauf der Verjährungsfrist bei dem Amtsgericht eingereicht.
Der Vergütungsfestsetzung steht jedoch der Einwand der Antragsgegnerin entgegen, die Verfahrensbevollmächtigten hätten ihre Pflichten aus dem Anwaltsvertrag verletzt, da sie kein ausreichendes Engagement gezeigt hätten und die Antragsgegnerin nur unzureichend über den Fortgang des Mandats informiert hätten. Hierbei handelt es sich um eine nicht gebührenrechtliche Einwendung, die die Festsetzung der Anwaltsvergütung im vereinfachten Verfahren nach § 11 RVG hindert. Eine substantiierte Darlegung der Einwendung ist im Verfahren nach § 11 RVG nicht erforderlich. Unberücksichtigt kann eine Einwendung oder Einrede nur bleiben, wenn sie lediglich floskelhaft vorgebracht wird oder ganz offensichtlich aus der Luft gegriffen ist und deshalb als unsubstantiiert betrachtet werden muss (vgl. Gerold/Schmidt, RVG, 24. Aufl., § 11 Rdn. 167; Rdn. 111 ff. m.w.N.).
Dies ist hier nicht der Fall. Die Antragsgegnerin bringt vor, die Rechtsanwaltskanzlei habe ihren anwaltli...