Leitsatz (amtlich)
1.
Weigert sich ein Patient nach Eingliederung von Zahnersatz, zumutbare Nachbesserungsmaßnahmen des Arztes hinzunehmen, kommen insofern Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche nicht in Betracht. Zumutbar kann auch die Neuanfertigung der Prothese sein.
2.
Schmerzen beim Tragen der Prothese, mangelnde Kaufähigkeit sowie optische und psychische Beeinträchtigungen durch eine fehlerhaft gefertigte Zahnprothese rechtfertigen auch beim Vorliegen eines Behandlungsfehlers, dessen Behebung längere Zeit in Anspruch nimmt, kein Schmerzensgeld über 2000 EUR.
Verfahrensgang
LG Leipzig (Entscheidung vom 27.11.2007; Aktenzeichen 6 O 1940/07) |
Tenor
Gründe
I.
Der Antragsteller begehrt Prozesskostenhilfe für eine beabsichtigte Klage auf Schadenersatz und Schmerzensgeld für eine seiner Meinung nach fehlerhafte Eingliederung einer Zahnprothese durch den Antragsgegner während einer umfangreichen prothetischen Versorgung im Zeitraum zwischen dem 08.03.2005 und 06.03.2006 sowie Feststellung der Ersatzpflicht weiterer materieller und immaterieller Zukunftsschäden. Er behauptet, bereits die Behandlungsplanung sei fehlerhaft gewesen, weil hierbei Zähne in die Versorgung einbezogen worden seien, die aufgrund von Vorschäden hierfür nicht geeignet gewesen seien. Daneben seien dem Antragsgegner weitere Behandlungsfehler unterlaufen. Nachdem mehrmalige Nachbesserungsversuche nicht zum Erfolg geführt hätten, habe er das Vertrauen in den Antragsgegner verloren und sei nicht mehr verpflichtet, sich weiteren Nachbesserungen zu unterziehen. Das Landgericht hat mit Beschluss vom 27.11.2007 den Antrag auf Prozesskostenhilfe abgelehnt. Hiergegen richtet sich die am 20.12.2007 erhobene sofortige Beschwerde.
II.
Die zulässige, insbesondere innerhalb der Frist des § 127 Abs. 2 ZPO erhobene Beschwerde ist nicht begründet. Das Landgericht hat die hinreichenden Erfolgsaussichten im Sinne des § 114 ZPO im Ergebnis zutreffend verneint.
1.
Zwar kann entgegen der Auffassung des Landgerichts und des Antragsgegners auf der Grundlage der Behandlungsunterlagen ein Behandlungsfehler anlässlich der Ein- und Anpassung des kombinierten Zahnersatzes im Oberkiefer nicht ausgeschlossen werden. Im Widerspruchsbescheid des Prothetik-Einigungsausschusses vom 05.07.2007 wird nämlich ausgeführt, die vertikale Kieferrelation sei um ca. 1 bis 2 mm zu hoch eingestellt worden, was der behandelnde Zahnarzt spätestens am 02.03.2006 bei der Behandlung einer Abplatzung an der Kunstoffverblendung hätte erkennen und korrigieren müssen. Die Bezugnahme auf diesen Bescheid reicht zur Darlegung eines Behandlungsfehlers im Verfahren über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe in einer Arzthaftungssache aus.
Eine Haftung des Antragsgegners scheidet aber - wie das Landgericht zutreffend erkannt hat - wegen eines fehlenden Zurechnungszusammenhanges aus, weil der Antragsteller eine ihm zumutbare Nachbesserung durch sein Fernbleiben nach dem 06.03.2006 vereitelt hat. In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass die bloße (erste) Anpassung eines Zahnersatzes, bei der sich Mängel insbesondere im Sitz herausstellen, noch keinen Eingriff in die körperliche Unversehrtheit eines Patienten bedeutet, sondern lediglich belegt, dass das geschuldete prothetische Werkstück mit seiner Eingliederung noch nicht frei von Mängeln ist (OLG Oldenburg, OLGR 1997, 153). Zumutbare Nachbesserungsmaßnahmen sind daher von einem Patienten hinzunehmen, da ein Zahnersatz häufig auch bei äußerster Präzision des Zahnarztes nicht "auf Anhieb" beschwerdefrei sitzt (OLG Düsseldorf, OLGR 2001, 183). Zwar ist der Patient jederzeit ohne Vorliegen eines wichtigen Grundes berechtigt, den Behandlungsvertrag zu kündigen, wenn er das Vertrauen in den behandelnden Zahnarzt verloren hat. Das gilt selbst dann, wenn der Zahnarzt seine Leistungen bisher vertragsgemäß erbracht hat und wenn die Gründe des Patienten weder plausibel noch vernünftig erscheinen (Schellenberg, VersR 2007, 1343 m.w.N.). Entzieht er sich durch eine solche Kündigung seiner ihm zuzumutenden Schadensminderungspflicht können Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche indes entfallen. Vorliegend war der Antragsteller daher verpflichtet, bei einer Korrekturbehandlung mitzuwirken, die für sich genommen keinen wesentlichen Eingriff am Körper, sondern nur die (Neu-) Bearbeitung der Prothetik betraf (vgl. BGH VersR 1987, 408; 1989, 512; 89; OLG Oldenburg aaO). Dies gilt unabhängig davon, ob die notwendige Absenkung der Bisslage durch Maßnahmen des Antragsgegners unmittelbar im März 2006 zu korrigieren war oder ob es hierfür einer Neuanfertigung der Oberkieferprothese bedurft hätte, da selbst im letzteren Fall hiermit keine wesentliche über den Ersteingriff hinausgehende Beeinträchtigung der körperlichen Integrität des Antragstellers verbunden gewesen wäre.
Dass der Antragsteller nach der Ei...