Verfahrensgang
LG Chemnitz (Entscheidung vom 28.02.2005; Aktenzeichen 4 Ns 800 Js 28258/04) |
Tenor
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Chemnitz vom 28. Februar 2005 mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Gründe
I.
Das Amtsgericht Chemnitz hatte den Angeklagten am 16. November 2004 wegen Einschleusens von Ausländern in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt und die Vollstreckung der Strafe zur Bewährung ausgesetzt.
Seine hiergegen gerichtete Berufung hat das Landgericht Chemnitz mit Urteil vom 28. Februar 2005 verworfen, da der Angeklagte nicht zur Hauptverhandlung erschienen war.
Gegen dieses Urteil richtet sich die form- und fristgerecht erhobene Revision des Angeklagten, der mit Verfahrensrügen die Verwerfung seines Rechtsmittels beanstandet und darüber hinaus auch die allgemeine Sachrüge erhebt.
Die Generalstaatsanwaltschaft Dresden hat beantragt, auf die Revision des Angeklagten das Urteil aufzuheben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückzuverweisen.
II.
Die zulässig erhobene Revision hat (vorläufig) Erfolg.
Die Generalstaatsanwaltschaft Dresden hat in ihrer Stellungnahme vom 08. Juli 2005 unter anderem Folgendes ausgeführt:
"Die Revision dringt mit der Rüge durch, das Landgericht hätte nicht durch Prozessurteil entscheiden dürfen, da eine ordnungsgemäße Ladung des Angeklagten nicht vorlag.
1.
Die Revision trägt vor, dass die Ladung zum Hauptverhandlungstermin an R B und Ch G, denen Zustellungsvollmacht erteilt worden sei, ergangen ist. Ausweislich der von der Revision vorgetragenen Zustellungsvollmacht hat der Angeklagte am 31. März 2004 gegenüber der Grenzpolizeiinspektion Waidhaus Herrn R B und Ch G unwiderruflich Vollmacht zum Empfang gerichtlicher Ladungen oder Zustellungen erteilt.
Dieser von der Revision vorgetragene Sachverhalt wird durch die bei den Akten liegende Zustellungsvollmacht sowie das Hauptverhandlungsprotokoll bewiesen.
2.
Das Landgericht hätte die Berufung des Angeklagten nicht nach § 329 Abs. 1 StPO verwerfen dürfen, da eine ordnungsgemäße Ladung nach §§ 323 Abs. 1, 216 Abs. 1 StPO nicht vorlag.
Grundsätzlich ist der Angeklagte persönlich zu laden, es sei denn, eine Ladung zum Hauptverhandlungstermin darf ausnahmsweise nach § 145 a Abs. 2 StPO an seinen Verteidiger zugestellt werden. Dieser Fall liegt ersichtlich nicht vor. Auch liegt ein Fall des § 116 a Abs. 3 StPO nicht vor. Die Ladung des Angeklagten zur Berufungshauptverhandlung hätte daher an den Angeklagten erfolgen müssen. Eine Zustellung der Ladung an einen sonstigen Bevollmächtigten ist unwirksam (vgl. KK-Ruß, StPO, 4. Aufl., § 32 9 Rdnr. 3; LR-Gollwitzer, StPO, 24. Aufl., § 323 Rdnr. 10).
Auf diesem Verfahrensmangel beruht das angefochtene Urteil.
Unschädlich ist insoweit, dass die Revision andere rechtliche Ausführungen zur Begründung des Verfahrensverstoßes macht. Da sie die den Mangel enthaltenen Tatsachen i.S.d. § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO ordnungsgemäß anführt.
Da bereits diese Rüge zur vollständigen Aufhebung des Urteils führt, kommt es auf die weiteren Beanstandungen der Revision nicht an."
Dem schließt sich der Senat mit dem Bemerken an, dass die vom Landgericht herangezogene Benennung eines Zustellungsbevollmächtigten offensichtlich in einem anderen Verfahren erfolgt ist und vom Angeklagten bereits vor der Tat, die Gegenstand des hier vorliegenden Verfahrens ist, erteilt worden war.
Schließlich handelt es sich bei dieser Zustellungsvollmacht um eine solche gemäß § 132 Abs. 1 Nr. 2 StPO. Nach allgemeiner Auffassung ist für eine Zustellungsbevollmächtigung nach dieser Vorschrift jedoch erforderlich, dass nach dem Ermittlungsstand eine Geldstrafe zu erwarten ist. Im zu Grunde liegenden Verfahren wurde 'jedoch bereits vom Amtsgericht eine Freiheitsstrafe von einem Jahr verhängt.
Fundstellen
Haufe-Index 2571237 |
StV 2006, 8 |
StraFo 2005, 423 |