Verfahrensgang

LG Dresden (Beschluss vom 28.04.2008; Aktenzeichen 1-O-2750/07)

 

Tenor

1. Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des LG Dresden vom 28.4.2008 - 1 O 2750/07, wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

3. Die Beschwerde zum BGH wird zugelassen.

4. Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 30.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

Die Parteien streiten über die Zulässigkeit des Rechtsweges zu den ordentlichen Gerichten für eine Feststellungsklage über den Bestand eines durch Vertrag begründeten Nutzungsverhältnisses an Räumen für die Zollverwaltung.

I. Durch Vereinbarung vom 6.12.2001 (Anlage K 1) erklärte sich die Beklagte bereit, die Zollbehandlung des Personen- und Güterverkehrs auf dem Betriebsgelände der Klägerin gem. § 9 Zollverwaltungsgesetz - ZollVG - vorzunehmen; die Klägerin sollte aufgrund ihrer gesetzlichen Verpflichtung die erforderlichen Einrichtungen zur Verfügung stellen. Über die Art und den Umfang dieser und weiterer Leistungen sowie über die Zahlung der Vergütung trafen die Parteien in der genannten Vereinbarung weitere Regelungen.

Das LG hat durch Beschluss vom 28.4.2008 den Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an das VG Dresden verwiesen.

Gegen den am 8.5.2008 zugestellten Beschluss richtet sich die am 19.5.2008 eingegangene sofortige Beschwerde der Klägerin mit dem Ziel, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und den Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten für zulässig zu erklären.

II. Die gem. § 17a Abs. 4 S. 3 GVG i.V.m. § 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige sofortige Beschwerde der Klägerin ist nicht begründet. Das LG hat zu Recht den Verwaltungsrechtsweg als eröffnet angesehen (§ 40 VwGO), weil es sich um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit handelt und auch die übrigen Voraussetzungen der Rechtswegzuweisung erfüllt sind.

1. Ob eine Streitigkeit öffentlich- oder bürgerlich-rechtlich ist, richtet sich, wenn - wie hier - eine ausdrückliche Rechtswegzuweisung des Gesetzgebers fehlt, nach der Natur des Rechtsverhältnisses, aus dem der Klageanspruch hergeleitet wird. Dabei kommt es regelmäßig darauf an, ob die Beteiligten zueinander in einem hoheitlichen Verhältnis der Über- und Unterordnung stehen und sich der Träger hoheitlicher Gewalt der besonderen Rechtssätze des öffentlichen Rechts bedient. Doch kann aus einem Gleichordnungsverhältnis noch nicht ohne weiteres auf eine bürgerlich-rechtliche Streitigkeit geschlossen werden, weil auch dem öffentlichen Recht eine gleichgeordnete Beziehung zwischen Berechtigten und Verpflichteten nicht fremd ist. So liegt es im Wesen eines - auch des öffentlich-rechtlichen - Vertrages, dass sich die Vertragsparteien grundsätzlich gleichgeordnet gegenüberstehen. Für die Abgrenzung von öffentlich-rechtlichem und privatrechtlichem Vertrag kommt es daher auf dessen Gegenstand und Zweck an. Die Rechtsnatur des Vertrages bestimmt sich danach, ob der Vertragsgegenstand dem öffentlichen oder dem bürgerlichen Recht zuzurechnen ist (Gemeinsamer Senat der Obersten Gerichtshöfe des Bundes, Beschluss vom 10.4.1986, GmS-OGB 1/85, NJW 1986, 2359). Typisch, aber nicht notwendig für das Vorliegen eines öffentlich-rechtlichen Vertrages ist, dass er an die Stelle einer sonst möglichen Regelung durch Verwaltungsakt tritt (vgl. § 54 S. 2 VwVfG).

2. Gemessen an diesen Maßstäben liegt eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit vor.

a) Das Rechtsverhältnis zwischen den Parteien wird in doppelter Hinsicht durch Vorschriften des öffentlichen Rechts geprägt. So ist zum einen zwischen den Parteien unstreitig, dass der von der Klägerin betriebene Flughafen seinen Status als internationaler Gemeinschaftsflughafen bzw. Zollflugplatz (§ 2 Abs. 2 ZollVG) verlieren würde, wenn es der Zollverwaltung nicht mehr möglich wäre, die notwendigen Prüfungen und Kontrollen auf dem Gelände des Flughafens durchzuführen. Art. 38 Abs. 1 der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates vom 12.10.1992 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften (Zollkodex) sieht insoweit vor, dass die in das Zollgebiet der Gemeinschaft verbrachten Waren unverzüglich an einen von den Zollbehörden zugelassenen Ort zu verbringen sind. Für einfliegende Luftfahrzeuge regelt § 2 Abs. 2 ZollVG, dass sie nur auf einem Zollflugplatz landen dürfen. Diese Vorschriften sind öffentlich-rechtlicher Natur. Das gilt ebenso für die zweite Vorschrift, die das Rechtsverhältnis zwischen den Parteien hinsichtlich der Nutzung der für die Zollverwaltung zur Verfügung gestellten Räume prägt, nämlich § 9 ZollVG. Diese Vorschrift knüpft tatbestandlich an die Durchführung der Zollbehandlung des Personen- oder Güterverkehrs auf dem Betriebsgelände der Klägerin an und regelt die Pflicht zur Verfügungstellung der erforderlichen Einrichtungen, die auf Antrag zu gewährende Vergütung (grundsätzlich) der Selbstkosten, die Möglichkeit der Zollverwaltung, weitere Leistungen zu verlangen gegen Vergütung der Selbstkosten des Unt...

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