Leitsatz (amtlich)

1. Die Erstbegehungsgefahr für die Verletzung einer Vertraulichkeitsabrede erfordert ernsthafte und greifbaren Anhaltspunkte, dass es hierzu in naher Zukunft kommen wird.

2. Durch die Rechtsverteidigung im Prozess wird sie auch dann nicht begründet, wenn der Beklagte dort ankündigt, im Rahmen eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens vertrauliche Tatsachen offenbaren zu wollen.

 

Verfahrensgang

LG Dresden (Aktenzeichen 8 O 1689/18 EV)

 

Tenor

1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung des Klägers ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss zurückzuweisen.

2. Der Kläger hat Gelegenheit, innerhalb von vier Wochen Stellung zu nehmen. Er sollte allerdings auch die Rücknahme der Berufung in Erwägung ziehen.

3. Der Senat beabsichtigt, den Gegenstandswert des Verfahrens auf 20.000,00 EUR fest zusetzen.

 

Gründe

I. Der Verfügungskläger begehrt im Wege einer einstweiligen Verfügung, es dem Verfügungsbeklagten zu untersagen, Dritten gegenüber wörtlich und sinngemäß mitzuteilen, dass er im Besitz von Kunstwerken und Antiquitäten ist und um welche es sich handelt. Der Kläger sammelt Kunst und hat im Zeitraum von 2009 bis 2014 vom Beklagten Antiquitäten und Kunstobjekte erworben. Am 20.06.2018 schrieb der Beklagte den Kläger an und fragte, ob der Kläger bereit wäre, seine Kunstwerke im Rahmen einer Ausstellung vorzustellen. Weiter führte er aus, dass er sich im August 2018 mit einem Herrn P. treffen und ihm über Kunstsammler und Besitzer Hinweise über den Verbleib von Werken mitteilen werde. Der Kläger begehrte vom Beklagten die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung, die der Beklage verweigerte.

Der Kläger ist der Auffassung, der Beklagte sei aufgrund der zwischen den Parteien bestehenden Abrede und auch aus sonstigen gesetzlichen Vorschriften zur Vertraulichkeit verpflichtet und habe angekündigt, dagegen zu verstoßen.

Der Beklagte bestreitet seine Verpflichtung zur Verschwiegenheit und behauptet, er habe nicht vor, gegen den Willen des Klägers Informationen an Herrn P. weiterzugeben, er habe nur die Mitwirkungsbereitschaft des Klägers angefragt. Im Übrigen sei ein Familienrechtsstreit sowie ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren gegen seine Ehefrau und seinen Sohn anhängig, in dem es u.a. um den Verkauf von Kunstgegenständen auch an den Kläger gehe, dazu müsse er zur Wahrung seiner Rechte Angaben gegenüber Gericht und im Strafverfahren machen können.

Das Landgericht hat den Antrag mit Urteil vom 10.08.2018 zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers, mit der er seinen erstinstanzlichen Antrag weiterverfolgt.

II. Der Senat beabsichtigt, die zulässige Berufung nach § 522 Abs. 2 ZPO ohne mündliche Verhandlung durch - einstimmig gefassten - Beschluss zurückzuweisen. Die zulässige Berufung des Klägers bietet in der Sache offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Die Rechtssache hat auch weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts durch Urteil. Auch andere Gründe gebieten eine mündliche Verhandlung nicht.

Zu Recht hat das Landgericht den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gemäß §§ 935 ff ZPO zurückgewiesen.

Ein Unterlassungsanspruch gemäß § 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB steht dem Kläger nicht zu, weil eine Erstbegehungsgefahr nicht vorliegt. Der Kläger behauptet nicht, dass ein Eingriff bereits stattgefunden hat. Vielmehr begehrt er den vorbeugenden Erlass einer einstweiligen Verfügung. Ein auf Erstbegehungsgefahr gestützter vorbeugender Unterlassungsanspruch besteht nur, soweit ernsthafte und greifbare tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorhanden sind, der Anspruchsgegner werde sich in naher Zukunft in fraglicher Weise rechtswidrig verhalten (so BGH, Urteil vom 17.08.2011 - I ZR 57/09 - zit. nach juris, wie alle im Beschluss zitierten Entscheidungen; vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 18.12.2015 - 16 U 2/15). Eine Erstbegehungsgefahr kann auch begründen, wer sich des Rechtes berühmt, bestimmte Handlungen vornehmen zu dürfen (so BGH, aaO.). Im vorliegenden Fall kann die Erstbegehungsgefahr - wie das Landgericht zu Recht angenommen hat - aber nicht aus dem Schreiben des Beklagten vom 20.06.2018 entnommen werden. Der Beklagte kündigt dort zwar an, dass er sich mit einem Herrn P. treffen und ihm seine Kenntnisse über Kunstsammler und Besitzer sowie über den Verbleib von Werken bestimmter Künstler mitteilen möchte. Diese Äußerung ist jedoch im Gesamtkontext des Schreibens (Anlage 2) zu sehen. Eine Äußerung kann nicht aus dem sie betreffenden Kontext herausgelöst und rein isolierter Betrachtung zugeführt werden (vgl. BGH, Urteil vom 29.11.2016 - VI ZR 382/15). In dem Schreiben vom 20.06.2018 schildert der Beklagte, dass Herr P. weitere Ausstellungen plane. Hierbei denke er - der Beklagte - an die von ihm an den Kläger veräußerten Kunstwerke. In diesem Zusammenhang fragte er nach, ob der Kläger bereit wäre, diese Kunstwerke der xxx Kunstwelt vorzustellen und fügt...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge