Leitsatz (amtlich)
Wird ein Schriftsatz durch das Gericht förmlich zugestellt, werden die darin enthaltenen Ansprüche auch dann rechtshängig, wenn dieser den Anforderungen des § 253 Abs. 2 ZPO nicht genügt.
Verfahrensgang
LG Görlitz (Aktenzeichen 5 O 272/16) |
Tenor
1. Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Beschluss des Landgerichts Görlitz vom 11.09.2017 - 5 O 272/16 - wird zurückgewiesen.
2. Die Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Gründe
I. Der Kläger reichte mit Schriftsatz vom 11.07.2016 einen Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für die Klage auf Herausgabe von Kopien seiner Behandlungsunterlagen gegen die Beklagte ein. Das Verfahren wurde vom Landgericht Görlitz unter dem Az. 5 O 272/16 geführt. Noch im Verlaufe des Prozesskostenhilfeverfahrens erhielt der Kläger Einsicht in seine Behandlungsunterlagen. Mit Schriftsatz vom 13.03.2017 beanstandete er die zahnärztliche Behandlung der Beklagten im Jahre 2006 und begehrte Prozesskostenhilfe für eine Klage auf ein angemessenes Schmerzensgeld, das er sich i.H.v. 50.000,00 EUR vorstellte. Mit Beschluss vom 15.05.2017 gewährte das Landgericht Görlitz dem Kläger Prozesskostenhilfe für die von ihm beabsichtigte Klage auf Zahlung eines angemessenen Schmerzensgeldes.
Mit Schriftsatz vom 09.06.2017 reichte der Kläger eine Klage auf Herausgabe der Ablichtungen seiner Behandlungsunterlagen der Beklagten ein. Das Verfahren wurde zunächst unter dem Az. 5 O 244/17 geführt. Das Landgericht wies darauf hin, dass die Klage - nachdem im Verfahren 5 O 272/16 Einsichtnahme gewährt worden war - nicht nachzuvollziehen sei. Der Beklagten wurde formlos zur Information eine einfache Abschrift der Klage übermittelt und gleichzeitig klargestellt, dass eine Zustellung damit nicht verbunden ist. Die Beklagte erkannte den Anspruch auf Herausgabe der Kopien der Behandlungsunterlagen mit Schriftsatz vom 13.07.2017 an. Der Kläger erklärte mit Schriftsatz vom 01.08.2017 unter dem Az. 5 O 244/17, dass er den Antrag aus dem Schriftsatz vom 13.03.2017 (Schmerzensgeld) unter dem Az. 5 O 272/16 stelle.
Mit Verfügung des Vorsitzenden vom 08.08.2017 wurde das schriftliche Vorverfahren angeordnet und darauf hingewiesen, dass das Verfahren 5 O 244/17 als Fehleintrag behandelt werde, weil die eingereichte Auskunftsklage auf einem offensichtlichen Anwaltsversehen beruhe. Mit der Verfügung wurde als Klageschriften der zweiseitige Schriftsatz des Klägers vom 01.08.2017, in dem er einen Antrag auf Zahlung eines angemessenen Schmerzensgeldes gestellt hat und die Klageschrift vom 09.06.2017 auf Herausgabe von Ablichtungen der Behandlungsunterlagen zugestellt. Mit Schriftsatz vom 11.08.2017 erkannte die Beklagte den Anspruch der Gegenseite vollumfänglich an und beantragte, die Kosten der Gegenseite aufzuerlegen. Zur Begründung führte sie aus, dass die Krankenunterlagen dem Kläger bereits im September 2016 übersandt worden seien und im Übrigen liege eine ordnungsgemäße Erhebung einer Schmerzensgeldklage nicht vor.
Das Landgericht Görlitz hat mit Beschluss vom 11.09.2017 den Antrag der Beklagten, dem Kläger die Kosten der Auskunftsklage aufzuerlegen, zurückgewiesen. Gegen den am 21.09.2017 der Beklagten zugestellten Beschluss hat sie mit am 05.10.2017 (ausweislich des Vermerkes der Geschäftsstelle) eingegangenem Schriftsatz sofortige Beschwerde eingelegt, der das Landgericht nicht abgeholfen hat.
II. Die sofortige Beschwerde der Beklagten ist gemäß §§ 93, 99 Abs. 2, 567 ff. ZPO statthaft und zulässig.
1. Sie ist allerdings nicht begründet. Über die Kosten des Anerkenntnisses der Beklagten wird im Schlussurteil zu befinden sein.
a) Die Klage vom 09.06.2017 ist rechtshängig geworden.
Die formlose Übersendung der Klageschrift vom 09.06.2017 mit Verfügung vom 23.06.2017 auf Herausgabe von Ablichtungen der Behandlungsunterlagen zur Information sowie mit dem ausdrücklichen Hinweis, dass damit eine Zustellung noch nicht verbunden sei, führte nicht zur Rechtshängigkeit der Klage, da es schon an der förmlichen Zustellung fehlt, §§ 261 Abs. 1, Abs. 2, 253, 166 ff. ZPO.
Die Klage auf Herausgabe der Behandlungsunterlagen ist jedoch am 11.08.2017 zugestellt und rechtshängig geworden. Das Landgericht hat mit Verfügung vom 08.08.2017 ein schriftliches Vorverfahren angeordnet und zwei Klageschrift - auch diejenige vom 09.06.2017 - übersandt. Ein dementsprechender Wille ergibt sich aus der Verfügung des Vorsitzenden vom 08.08.2017, in dem das schriftliche Vorverfahren angeordnet und die Klageschriften vom 01.08.2017 und 09.06.2017 übersandt werden sollen. Dem Zustellungswillen steht der Hinweis des Landgerichts, dass die Einreichung der Auskunftsklage auf einem kaum nachvollziehbaren, aber erkennbaren Anwaltsversehen erfolgt sei, nicht entgegen. Wenn das Landgericht trotz eines angenommenen Anwaltsversehens gleichwohl die Klageschrift vom 09.06.2017 der Beklagtenseite mit der Anordnung des schriftlichen Verfahrens zustellt, konnte die Beklagte dies nur dahingehend verstehen, dass auch dieser Antrag rec...