Verfahrensgang

LG Dresden (Beschluss vom 27.06.2008; Aktenzeichen 44 HKOH 1/08)

 

Tenor

1. Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des LG Dresden vom 27.6.2008 - 44 HK OH 1/08 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

2. Der Beschwerdewert wird auf 2.152,84 EUR festgesetzt.

3. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

Die Antragstellerin wurde von der in Köln ansässigen Antragsgegnerin am 6.8.2007 unter Einbeziehung der VOB/B mit der Neuverlegung von Teppichboden im dem Bürogebäude ... in Dresden beauftragt.

Die Antragstellerin beantragte mit Schriftsatz vom 5.6.2008 die Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens, zur Klärung der Frage, ob an den verlegten Teppichböden in vier Großraumbüros Farbabweichungen bestehen. Die Antragsgegnerin beantragte die Zurückweisung des Antrages und rügte die Zuständigkeit des LG Dresden.

Mit Beschluss vom 27.6.2008 - 44 HK OH 1/08 - wurde der Antrag als unzulässig zurückgewiesen. Der hiergegen gerichteten sofortigen Beschwerde der Antragstellerin vom 17.7.2008 half das LG nicht ab.

II. Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet.

1. Zu Recht hat das LG den Antrag auf Durchführung des selbständigen Beweisverfahrens als unzulässig zurückgewiesen.

Zwar begründet § 29 ZPO die örtliche Zuständigkeit des LG Dresden, weil die Bauleistung in einem Gebäude in Dresden erbracht wurde. Jedoch wird diese Zuständigkeit durch den Gerichtsstand am Sitz der Auftraggeberin in Köln gem. § 18 Nr. 1 VOB/B derogiert. § 18 Nr. 1 VOB/B legt als vertragliche Absprache für einen VOB-Vertrag unter den Voraussetzungen des § 38 ZPO allein die örtliche Zuständigkeit eines mit einem Baurechtsstreit befassten Gerichtes fest (Joussen in Ingenstau/Korbion, Kommentaer zur VOB, § 18 Nr. 1 VOB/B Rz. 3). Dadurch wird der gesetzliche Gerichtsstand nach § 29 ZPO verdrängt (OLG Frankfurt NJW-RR 1999, 604; OLG Stuttgart BauR 1999, 683).

Mit zutreffenden Erwägungen hat das LG angenommen, dass § 18 Nr. 1 VOB/B auch für private Auftraggeber anwendbar ist (ebenso OLG Frankfurt, a.a.O.; OLG Stuttgart, a.a.O.; Ingenstau/Korbion, VOB, 16. Aufl., § 18 Nr. 1 VOB/B Rz. 15; Werner/Pastor, Der Bauprozess, 12. Aufl., Rz. 416). Die gegenteilige Auffassung, die Vorschrift sei nur für den öffentlichen Auftraggeber einschlägig, weil nur dieser eine "für die Prozessvertretung des Auftraggebers zuständige Stelle" habe (OLG Brandenburg, Urt. v. 4.7.1997 - 4 O 264/96; Heiermann/Riedl/Rusam in Handkommentar zur VOB 11. Aufl., § 18 VOB/B Rz. 2) überzeugt nicht. Die Formulierung hat zwar ihren Ursprung darin, dass die VOB zunächst als Vergabeordnung für die öffentliche Hand gegolten hat, jedoch beschränkt der jetzige Wortlaut den Anwendungsbereich der Nr. 1 nicht auf öffentliche Auftraggeber (vgl. Joussen, a.a.O.). Auch bei privaten Auftraggebern kann es Stellen geben, die für die Prozessvertretung zuständig sind. Der Vergleich mit der sich anschließenden Regelung in § 18 Nr. 2 VOB/B, die lediglich für Behörden gilt, zeigt, dass jene Beschränkung für die Gerichtsstandsbestimmung nicht gelten soll (Joussen, a.a.O.). Im Übrigen ist ein sachlicher Grund für eine Privilegierung des öffentlich-rechtlichen Auftraggebers im Vergleich zu privaten Auftraggebern nicht ersichtlich.

Wie das LG zutreffend in seinem Nichtabhilfebeschluss vom 4.8.2008 ausgeführt hat, findet eine Überprüfung einzelner Bestimmungen der VOB/B, wenn sie als ganzes einbezogen wurde, im kaufmännischen Verkehr nicht statt. Im Übrigen würde die Regelung in § 18 Nr. 1 VOB/B auch einer Klauselkontrolle standhalten. Auf die zutreffenden Ausführungen des LG im Beschluss vom 4.8.2008 wird Bezug genommen.

2. Der Beschwerdewert bemisst sich nach den angefallenen Kosten im selbständigen Beweisverfahren, die die Antragstellerin zu tragen hätte.

3. Die Rechtsbeschwerde war zuzulassen, da die Frage, ob § 18 Nr. 1 VOB/B auch für den privaten Auftraggeber gilt, in Literatur und Rechtsprechung umstritten und höhstrichterlich noch nicht geklärt ist.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI2153941

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