Leitsatz (amtlich)
Es stellt einen Verstoß gegen die gesetzliche Schriftform gem. § 550 S. 1, 578 Abs. 1, Abs. 2 S. 1 BGB dar, wenn der Mieter vereinbarungsgemäß über die in der Vertragsurkunde genannten 320 qm im Gebäude hinaus mehr als 900 qm um das Gebäude herum nutzt, die für die Durchführung des Mietzweckes durch den Mieter von erheblicher Bedeutung sind.
Der Einwand der Treuwidrigkeit der Berufung auf den Schriftformmangel kann dem Grundstückserwerber gegenüber nicht erhoben werden, wenn die schwere Treuepflichtverletzung dem ursprünglichen Vertragspartner anzulasten ist. Die Kündigungsfrist aus § 314 Abs. 3 BGB beträgt bei Gewerberaummietverträgen regelmäßig mehrere Monate bis zu einem halben Jahr.
Der nicht bis zum Schluss der erstinstanzlichen mündlichen Verhandlung gestellte Schutzantrag nach § 712 ZPO kann wegen der Regelung in § 714 ZPO nicht im Berufungsverfahren nachgeholt werden.
Verfahrensgang
LG Leipzig (Urteil vom 23.06.2015; Aktenzeichen 02 O 3210/14) |
Tenor
Der Antrag der Beklagten auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung aus dem Urteil des LG Leipzig, 2. Zivilkammer, vom 23.6.2015 (2 O 3210/14) wird zurückgewiesen.
Der Senat beabsichtigt, die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des LG Leipzig, 2. Zivilkammer, vom 23.6.2015 (2 O 3210/14) durch Beschluss nach § 522 Abs. 2 S. 1 ZPO zurückzuweisen.
Die Beklagte erhält Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb von drei Wochen nach Zustellung dieses Beschlusses. Sie sollte zur Vermeidung weiterer Kosten die Möglichkeit einer Rücknahme der Berufung in Erwägung ziehen.
Gründe
I. Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Räumung und Herausgabe von Gewerberäumen im Objekt Y. in L. in Anspruch, in welchen die Beklagte das griechische Restaurant "T." betreibt. Hilfsweise begehrt die Klägerin die Feststellung der Beendigung des Mietverhältnisses zum 31.03. bzw. 30.6.2015.
Die Beklagte schloss am 26./27.8.2005 mit der damaligen Grundstückseigentümerin, der Kommanditgesellschaft Z. GmbH & Co. KG, den Mietvertrag mit der Zusatzvereinbarung I (Anlage K 2). Danach wurden die im Vertrag näher bezeichneten Flächen mit einer Größe von insgesamt 320 m2 zum Selbstausbau ab dem 1.9.2005 fest auf 10 Jahre an die Beklagte vermietet. Die Beklagte erhielt ein Optionsrecht für die Verlängerung des Mietvertrages um weitere 10 Jahre, welches sie am 26.5.2011 ausübte. Das Eigentum am Grundstück ging im Jahre 2009 auf die XY. GmbH und im Jahre 2010 auf die G. GmbH & Co. KG über, von welcher es die Klägerin erwarb. Nach Eintragung der Auflassungsvormerkung am 1.8.2012 wurde die Klägerin am 19.3.2014 als Eigentümerin im Grundbuch eingetragen (Grundbuchauszug vom 20.3.2014, Anlage K 15).
Die Beklagte gestaltete die vor dem Gebäude auf der dem Fluss W. abgewandten Seite liegende Fläche derart, dass sie einen gepflasterten Biergarten als Freisitz und eine weitere Fläche als Zugangsbereich mit Bepflanzungen und Skulpturen anlegte. Eine seitlich des Gebäudes befindliche Fläche nutzte die Beklagte für die Aufstellung eines Gastankes und eines Containers. Auf dem Fluss W. installierte die Beklagte vor dem Gebäude ein Boot als weiteren Freisitz. Wegen der näheren Beschreibung wird auf die als Anlage K 3 vorgelegte Skizze und auf die als Anlage K 4 bzw. Anlage B 2 vorgelegten Lichtbilder Bezug genommen.
Mit dem Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 24.4.2014 (Anlage K 5) forderte die Klägerin die Beklagte auf, die Inanspruchnahme der genannten Grundstücksflächen zu beenden und die vorgenommene bauliche Gestaltung zurückzubauen. Dafür setzte sie der Beklagten eine Frist bis zum 15.5.2014. Die Beklagte antwortete mit einem Schreiben ihrer damaligen Rechtsanwälte vom 14.5.2014 (Anlage B 15) unmittelbar an die Klägerin. Mit einem weiteren Schreiben vom 22.5.2014 (Anlage K 6) erteilten die Prozessbevollmächtigten der Klägerin der Beklagten eine Abmahnung und forderten zur Beendigung der Flächeninanspruchnahme und zum Rückbau bis spätestens zum 5.6.2014 auf. Die Beklagte antwortete mit Schreiben ihrer damaligen Rechtsanwälte vom 27.5.2014 (Anlage K 7) und vom 5.6.2014 (Anlage K 8). Mit ihrem Schreiben vom 11.6.2014 (Anlage K 9) erteilten die Prozessbevollmächtigten der Klägerin eine letzte Abmahnung und setzten eine letzte Beseitigungsfrist bis zum 27.6.2014. Die damaligen Rechtsanwälte der Beklagten antworteten mit dem Schreiben vom 20.6.2014 (Anlage K 10).
Die Beklagte beendete weder die beanstandete Flächennutzung noch baute sie die bezeichneten Flächen zurück. Mit ihrem Schreiben vom 16.7.2014 (Anlage K 11) kündigten die Prozessbevollmächtigten der Klägerin das mit dem Vertrag vom 26./27.8.2005 begründete Mietverhältnis außerordentlich und fristlos sowie hilfsweise ordentlich zum 31.3.2015 bzw. zum nächstmöglichen Zeitpunkt. Eine erneute außerordentliche und fristlose bzw. hilfsweise ordentliche Kündigung des Mietverhältnisses erfolgte in der Klageschrift vom 4.12.2014 auf Seite 16 (Bl. 16 dA.) sowie im Schriftsatz der Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom 19.5.2015 auf Seit...