Verfahrensgang
LG Leipzig (Beschluss vom 12.04.2006; Aktenzeichen 6 O 910/05) |
Tenor
1. Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten zu 1. und 2. wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des LG Leipzig vom 12.4.2006 - Az.: 6 O 0910/05 - wie folgt abgeändert:
Die von der Klägerin an die Beklagten zu 1. und 2. nach dem gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbaren Endurteil des LG Leipzig vom 3.3.2006 nach dem Antrag vom 9.3.2006 zu erstattenden weiteren Kosten werden auf 167.040 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit dem 10.3.2006 festgesetzt.
2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Klägerin zu tragen.
3. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Beschwerdewert: 63.160,61 EUR.
Gründe
I. Die Klägerin hat die Beklagten zu 1. bis 4. als Gesamtschuldner auf Schadensersatz i.H.v. 140.515.340 EUR in Anspruch genommen. Durch Urteil vom 3.3.2006 hat das LG Leipzig die Klage abgewiesen und der Klägerin die Kosten des Rechtsstreits auferlegt. Mit Beschluss vom 6.3.2006 hat die Rechtspflegerin beim LG Leipzig die von der Klägerin an die Beklagten zu 1. und 2. zu erstattenden Kosten zunächst auf 297.202,21 EUR nebst Zinsen festgesetzt. Die Beklagten zu 1. und 2. haben mit Schriftsatz vom 9.3.2006 im Wege der Nachfestsetzung einen weiteren Betrag i.H.v. 167.040 EUR nebst Zinsen geltend gemacht. Durch Beschluss vom 12.4.2006 hat die Rechtspflegerin beim LG Leipzig zugunsten der Beklagten zu 1. und 2. lediglich weitere 103.879,39 EUR nebst Zinsen zur Erstattung durch die Klägerin festgesetzt. Zur Begründung hat sie ausgeführt, die Beklagten zu 1. und 2., die gemeinsam durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten werden, könnten im Rahmen der Kostenerstattung nicht eine Verfahrensgebühr aus einem Gegenstandswert von 60 Mio. EUR geltend machen und gleichzeitig eine Gebührenerhöhung um 0,3 nach Nr. 1008 der Vergütungsvorschrift zum RVG in Ansatz bringen.
Mit ihrer am 24.4.2006 beim OLG eingegangenen sofortigen Beschwerde wenden sich die Beklagten zu 1. und 2. gegen die Kürzung des geltend gemachten Kostenerstattungsanspruchs um 63.160,61 EUR.
Die Rechtspflegerin hat der Beschwerde nicht abgeholfen.
II. Die sofortige Beschwerde der Beklagten zu 1. ist zulässig und begründet.
Die Beklagten zu 1. und 2. können von der Klägerin auf der Grundlage des vorläufig vollstreckbaren Urteils des LG Leipzig vom 3.3.2006 unter Zugrundelegung eines Gegenstandswertes von 60 Mio. EUR eine 1,6fache Verfahrensgebühr erstattet verlangen.
Da die Beklagten zu 1. und 2. in derselben Angelegenheit durch einen gemeinsamen Prozessbevollmächtigten vertreten wurden, ergibt sich die Höhe der diesem zustehenden Verfahrensgebühr aus den §§ 2, 7, 13 RVG i.V.m. Nr. 1008 und Nr. 3100 des Vergütungsverzeichnisses zum RVG. Weil der Verfahrensstreitwert mehr als 30 Mio. EUR beträgt, ist ferner die Regelung des § 22 Abs. 2 RVG zu berücksichtigen.
Gemäß § 2 Abs. 1 RVG werden die Gebühren regelmäßig nach dem Wert berechnet, den der Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit hat (Gegenstandswert). Für die Ermittlung des Gegenstandswertes sind nach § 23 RVG grundsätzlich die für das gerichtliche Verfahren geltenden Wertvorschriften maßgeblich. Durch das RVG wurde allerdings in § 22 Abs. 2 RVG eine allgemeine Wertgrenze eingeführt. Danach beträgt der Gegenstandswert in derselben Angelegenheit höchstens 30 Mio. EUR, soweit durch Gesetz nichts anderes bestimmt ist (was hier nicht der Fall ist, vgl. Gerold/Schmidt/v. Eicken/Madert/Müller-Rabe, RVG, 17. Aufl., § 22 Rz. 6). Sind in derselben Angelegenheit mehrere Personen Auftraggeber, beträgt der Wert für jede Person höchstens 30 Mio. EUR, insgesamt jedoch nicht mehr als 100 Millionen Euro. Die Begründung des Gesetzgebers für diese Regelung erschöpft sich im Wesentlichen in der Anmerkung, dass für das RVG eine allgemeine Wertgrenze eingefügt werden soll, wie sie auch für das Gerichtskostengesetz vorgesehen sei. Bei derselben Angelegenheit und mehreren Auftraggebern solle die Höchstgrenze für jeden Auftraggeber so bemessen werden, als habe er den Auftrag allein erteilt. Insgesamt solle der Wert jedoch einen Betrag von 100 Mio. EUR nicht übersteigen (vgl. Bundestags-Drucksache Nr. 15/1971 vom 11.11.2003, S. 195). Welche Konsequenzen dies im Einzelnen hat, wird weder in der Gesetzesbegründung noch in den gängigen Kommentaren zum RVG eingehend erläutert (vgl. Gerold/Schmidt/v. Eicken/Madert/Müller-Rabe, a.a.O., § 22 Rz. 8; Bischof/Jungbauer/Podlech-Trappmann, RVG, § 22 Rz. 1 ff.; Mayer/Kroiß, RVG, 2. Aufl., § 22 Rz. 17; Hartmann, Kostengesetze, 36. Aufl., § 22 RVG Rz. 6.f; Riedel/Sußbauer, RVG, 9. Aufl., § 22 Rz. 9).
Nach Auffassung des Senates ist die Wertbegrenzung bei mehreren Auftraggebern dahingehend zu verstehen, dass der Prozessbevollmächtigte ggü. dem einzelnen Auftraggeber höchstens einen Vergütungsanspruch auf der Grundlage eines Gegenstandswertes von 30 Mio. EUR geltend machen kann und ihm insgesamt, d.h. gegenüber allen Auftraggebern zusamm...