Entscheidungsstichwort (Thema)

Sachbeschädigung

 

Verfahrensgang

LG Leipzig (Urteil vom 24.09.2003; Aktenzeichen 2 Ns 409 Js 26763/00)

GenStA Dresden (Aktenzeichen 34 Ss 48/04)

 

Tenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichtes Leipzig vom 24. September 2003 mit den Feststellungen aufgehoben.

2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts Leipzig zurückverwiesen.

 

Tatbestand

I.

Der Angeklagte ist mit Urteil des Amtsgerichts Leipzig vom 09. Dezember 2002 vom Vorwurf der Sachbeschädigung freigesprochen worden. Die hiergegen gerichtete Berufung der Staatsanwaltschaft Leipzig führte zur Verurteilung des Angeklagten durch das Landgericht Leipzig am 24. September 2003 wegen Sachbeschädigung. Der Angeklagte wurde beauflagt, innerhalb von sechs Monaten ab Rechtskraft des Urteils 150 Stunden gemeinnützige Arbeit nach Weisung der Gerichtshilfe zu leisten. Hiergegen richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte – auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte – Revision des Angeklagten.

Die Generalstaatsanwaltschaft Dresden hat beantragt, diese gemäß § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet zu verwerfen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision hat bereits mit der zulässig erhobenen Sachrüge Erfolg und führt zur Aufhebung des Berufungsurteils, weshalb es eines Eingehens auf die Verfahrensrüge nicht bedarf. Die Feststellungen des Landgerichtes tragen eine Verurteilung wegen Sachbeschädigung gemäß § 303 StGB nicht.

1. Das Landgericht hat in dem angefochtenen Urteil festgestellt, der Angeklagte habe in der Nacht des 02. April 2000 einen hellgrau und rot lackierten Reisezugwagen großflächig mit lösemittelhaltigem Kunstharzlacken (Alkydharz) mit der schwarz umrandeten, silberfarbenen Großbuchstabenfolge „SNOW” besprüht. Da ein unbekannter Begleiter des Angeklagten rechts daneben ebenfalls großflächig die farbgleiche Großbuchstabenfolge „HOCKEY” anbrachte, sei eine Gesamtfläche von 27 Quadratmetern beeinträchtigt worden. Hierbei habe der Angeklagte gewusst, dass der aufgesprühte Kunstharzlack auf der Lackoberfläche des Reisezugwagens hartnäckig anhaftet, sowie diese verschmutzt und verunstaltet. Die im April 2000 an dem Waggon durchgeführten Arbeiten hätten 21,6 Arbeitsstunden, der Schaden 2.207,49 DM betragen.

2. Diese Festellungen rechtfertigen die Verurteilung des Angeklagten wegen Sachbeschädigung gemäß § 303 StGB nicht.

a) Der Tatbestand des § 303 StGB ist nach derzeitiger Rechtslage nur dann erfüllt, wenn durch das Besprühen mit Farbe neben der Veränderung der äußeren Erscheinung der Sache auch die Substanz der Sache erheblich verletzt oder ihre Brauchbarkeit nachhaltig beeinträchtigt worden ist. Der erheblichen Verletzung der Substanz steht es gleich, wenn diese derart in Mitleidenschaft gezogen wird, dass eine Reinigung zwangsläufig zu einer solchen Substanzverletzung führt. Die bloße Veränderung der äußeren Erscheinungsform einer Sache ist demgegenüber in aller Regel keine Sachbeschädigung, und zwar auch dann nicht, wenn diese Veränderung auffällig (belangreich) ist (BGHSt 29, 129 [132]; BayObLG, StV 1999, 543; OLG Karlsruhe, StV 1999, 544; HansOLG Hamburg, StV 1999, 544; KG, StV 1999, 156; OLG Düssedorf, NJW 1999, 1199; OLG Köln, StV 1995, 592). Von dieser Auffassung ist der Bundesgerichtshof in der in BGHSt 41, 47 veröffentlichten Entscheidung auch nicht abgerückt. Denn er hat in diesem Urteil nicht allgemein das Vorliegen einer Sachbeschädigung bei Farbsprühaktionen bejaht, sondern ist davon ausgegangen, dass derartige Aktionen den Tatbestand des § 303 StGB erfüllen können, und hat im Übrigen entschieden, dass Sachbeschädigungen nicht aus dem Kreis der Straftaten herausfallen, die für § 129 Abs. 1 StGB in Betracht kommen (KG Berlin a.a.O.). Dieser überzeugenden Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und der oben zitierten Oberlandesgerichte schließt sich der Senat an.

b) Damit ist bereits der rechtliche Ausgangspunkt der Kammer falsch, die eine Sachbeschädigung auch dann für gegeben hält, wenn eine Verletzung der Sachsubstanz nicht vorliegt. Abweichendes ergibt sich auch nicht aus der im Urteil erwähnten Entscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt (NJW 1987, 389). Denn dort wurde eine Sachbeschädigung an einem Diensthemd eines Polizeibeamten durch Schütten von Bier auf das Hemd mit der Begründung bejaht, hierdurch sei der bestimmungsgemäße Gebrauch erheblich vermindert. Eine Beeinträchtigung der bestimmungsgemäßen Brauchbarkeit ist durch Aufsprühen von Graffiti auf den Waggon jedoch nicht festgestellt und liegt im konkreten Fall auch fern (so auch BayObLG, StV 1997, 80).

c) Dem Urteil kann aber auch – im Unterschied zu dem vom Oberlandesgericht Düsseldorf (a.a.O.) entschiedenen Fall – nicht mit hinreichender Sicherheit entnommen werden, ob die erforderliche Substanzverletzung tatsächlich eingetreten ist.

Die unter III. des Urteils getroffenen Feststellungen schweigen dazu. Lediglich in der Beweiswürd...

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