Entscheidungsstichwort (Thema)
Gewährung von Prozesskostenhilfe für den Insolvenzverwalter
Leitsatz (amtlich)
1. Der Insolvenzverwalter hat für die Prozesskostenfinanzierung jedenfalls private Gläubiger heranzuziehen, denen Forderungen in erheblichem Umfang zustehen und die bei Prozesserfolg in nicht nur unerheblichem Umfang mit einer Quote zu rechnen haben.
2. Die Gläubiger bestrittener Forderungen sind nur dann von der Obliegenheit zur Prozessfinanzierung ausgenommen, wenn und soweit der Insolvenzverwalter im Prozesskostenhilfeverfahren erhebliche Einwendungen gegen die jeweils bestrittene Forderung darlegt.
3. Dass die Forderungen privater Gläubiger vom Insolvenzverwalter bestritten sind, rechtfertigt deren Nichtinanspruchnahme für die Prozessfinanzierung nur dann, wenn der Insolvenzverwalter im PKH-Verfahren erhebliche Einwendungen gegen die betreffende Forderung darlegt.
Verfahrensgang
LG Leipzig (Beschluss vom 19.02.2002; Aktenzeichen 4 O 6444/01) |
Tenor
1. Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den seinen Prozesskostenhilfeantrag zurückweisenden Beschluss des LG Leipzig vom 19.2.2002 – Az: 4 O 6444/01 – wird zurückgewiesen.
2. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Gründe
Der Antragsteller ist Insolvenzverwalter über das Vermögen einer Immobiliengesellschaft. Er begehrt Bewilligung von Prozesskostenhilfe für eine gegen die Antragsgegner gerichtete Klage auf Zahlung des Kaufpreises aus der Veräußerung von Eigentumswohnungen. Über das Vermögen der Antragsgegnerin zu 1) – einer Projektentwicklungsgesellschaft – wurde ein vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt.
Das LG hat den Prozesskostenhilfeantrag zurückgewiesen. Im Beschwerdeverfahren geht es um die Frage, ob der Antragsteller die Insolvenzgläubiger zur Finanzierung der Prozesskosten heranzuziehen hat.
Die sofortige Beschwerde ist nicht begründet. Das LG hat dem antragstellenden Insolvenzverwalter Prozesskostenhilfe zu Recht versagt.
Es kann dahin gestellt bleiben, ob Prozesskostenhilfe hinsichtlich der beabsichtigten Klage gegen die Antragsgegnerin zu 1) bereits deshalb versagt werden müsste, weil die Rechtsverfolgung im Hinblick auf deren Vermögenslage – Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters – als mutwillig anzusehen ist. Jedenfalls liegen die Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe gem. § 116 S. 1 Nr. 1 ZPO insgesamt nicht vor, weil es den am Gegenstand des Rechtsstreites wirtschaftlich Beteiligten zuzumuten ist, die Kosten aufzubringen.
1. Wirtschaftlich beteiligt i.S.d. § 116 S. 1 Nr. 1 ZPO sind diejenigen Gläubiger, die bei einem erfolgreichen Abschluss des konkreten Rechtsstreites wenigstens mit einer teilweisen Befriedigung ihrer Ansprüche aus der Masse rechnen können (BGH v. 8.10.1992 – VII ZB 3/92, BGHZ 119, 372 [377] = MDR 1993, 80). Dies sind vorliegend sämtliche Gläubiger, die Ansprüche zur Tabelle angemeldet haben (vgl. Anl. K 10, Bl. 143 f. d.A.). Diesen Gläubigern würden nach dem unstr. Vorbringen des Antragstellers im Falle einer erfolgreichen Einziehung der Klageforderung nach Abzug von Gerichtskosten, der Vergütung des vorläufigen Insolvenzverwalters, der Vergütung des Insolvenzverwalters sowie unter Berücksichtigung sonstiger Masseverbindlichkeiten i.S.v. § 55 Abs. 1 InsO noch 306.775,13 Euro (600.000 DM) zum Zwecke der Verteilung zur Verfügung stehen. Damit verbessern sich die Befriedigungsaussichten sämtlicher Gläubiger in nicht unerheblichem Maße.
2. Den wirtschaftlich Beteiligten ist die Vorfinanzierung der Prozesskosten auch zumutbar:
a) Hierbei kommt es nicht entscheidend auf die Frage an, ob der Steuerfiskus, welcher vorliegend ebenfalls Forderungen angemeldet hat, zur Finanzierung herangezogen werden kann (bejahend BGH v. 24.3.1998 – XI ZR 4/98, BGHZ 138, 188 f. = MDR 1998, 737; v. 16.11.1998 – II ZB 15/98, NJW-RR 1999, 275; ebenso OLG Celle NJW-RR 2000, 728; OLG Koblenz v. 8.3.2002 – 3 W 120/02, OLG-Report Koblenz 2002, 237). Auch kann offen bleiben, ob im Zuge der durch die Insolvenzordnung eingeführten Gleichstellung aller Gläubiger – in Abkehr von der früher in § 61 KO bzw. § 17 GesO vorgenommenen Rangunterscheidung zwischen bevorrechtigten und nicht bevorrechtigten Gläubigern – noch davon ausgegangen werden kann, dass ehemals bevorrechtigten Gläubigern wie Arbeitnehmern, Berufsgenossenschaften oder Sozialversicherungsträgern eine Kostenbeteiligung schlechterdings nicht zugemutet werden kann (KG v. 25.2.2000 – 7 W 602/00, KGReport Berlin 2000, 143 = NJW-RR 2000, 1001 f.; Fischer, in Musielak, ZPO, 3. Aufl., 2002, § 116 Rz. 8).
b) Vorliegend ist nämlich jedenfalls einem Teil der privaten Gläubiger die Leistung eines Kostenvorschusses zumutbar: Nach unwidersprochener Darstellung des Antragstellers ist im Falle des erfolgreichen Einzuges der Klageforderung und bei Feststellung sämtlicher angemeldeter Forderungen unter Berücksichtigung von Gerichtskosten, Verwaltervergütungen und sonstigen Masseverbindlichkeiten mit einer Quote von etwa 10,3 % zu rechnen. Diese ist nicht d...