Leitsatz (amtlich)

Keine Prozesskostenhilfe für Insolvenzverwalter im zweiten Rechtszug bei Zufluss aus dem Verfahren erster Instanz.

 

Verfahrensgang

LG Dresden (Aktenzeichen 8 O 1780/98)

 

Tenor

Der Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Berufungsverfahren wird abgelehnt.

 

Gründe

I. Sachverhalt:

I. Der Kläger begehrt als Sonderverwalter im Gesamtvollstreckungsverfahren über das Vermögen der Firma Werklohnforderungen von ursprünglich 16.801,51 Euro. Von dem im teilweise zusprechenden Urteil erster Instanz erkannten Betrag von 9.346,32 Euro hat die Beklagte zwischenzeitlich einen Betrag von 4.493,94 Euro bezahlt und den Restbetrag mit der Berufung angefochten. Der Kläger hat mit der Anschlussberufung von 969,92 Euro geltend gemacht.

Im Berufungstermin vom 17.9.2003 haben sich die Parteien auf Zahlung eines Betrages von 8.300 Euro durch die Beklagte an den Kläger verglichen. Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz wurden gegeneinander aufgehoben, von den Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger 1/3.

Der Kläger macht im wesentlichen geltend, die Kosten könnten aus der verwalteten Vermögensmasse nicht aufgebracht werden, den wirtschaftlich Beteiligten sei die Kostentragung nicht zumutbar. Insbesondere seien Masseschulden und Kosten vom Vermögensbestand abzuziehen. Der Vermögensbestand der Gesamtvollstreckung belaufe sich auf 5.816,10 Euro, in denen die Zahlung der Beklagten von 4.493,94 Euro enthalten seien. Hiervon seien Kosten i.H.v. 13.761,75 Euro abzuziehen (Verfahrenskosten: 2.175,29 Euro; Verwaltervergütung netto: 11.586,36 Euro). Dies würde auch gelten, wenn der Restbetrag des geschlossenen Vergleiches einginge. Zudem sei der Gesamtvollstreckungsverwalter nicht wirtschaftlich Beteiligter. Seine Tätigkeit liege im öffentlichen Interesse; müsste er die Masse betreffende Prozesse auf eigenes Kostenrisiko führen, wäre dies daher eine unzulässige Einschränkung der Berufsausübung (Art. 12 Abs. 1 GG). Ohne Prozesskostenhilfe würde die eigene Masse geschmälert und der Gebührenanspruch des Verwalters eingeschränkt.

II. Rechtliche Würdigung:

Der zulässige Antrag ist unbegründet, da es dem Kläger zwischenzeitlich möglich ist, die Kosten des Verfahrens aus der verwalteten Vermögensmasse aufzubringen (§ 116 Abs. 1 Nr. 1, 115 ZPO). Das Ziel einer ordnungsgemäßen Abwicklung des Insolvenzverfahrens wird auch dann erreicht, wenn Erlöse aus Prozessen vorrangig zur Tilgung der Prozesskosten herangezogen werden.

1. Im Rahmen der Gewährung von Prozesskostenhilfe an einen Gesamtvollstreckungsverwalter zur Durchsetzung von Forderungen aus der Insolvenzmasse ist primär zu prüfen, ob die Kosten aus der verwalteten Vermögensmasse nicht aufgebracht werden können (§ 116 S. 1 Nr. 1 ZPO). Für das einzusetzende und zu verwertende Vermögen gelten zumindest die allgemeinen Anforderungen (§ 115 ZPO; vgl. Musielak/Fischer, ZPO, 2. Aufl., § 116 Rz. 4; BGH, Beschl. v. 21.1.2002 – II ZB 2/01, ZIP 2002, 403). In diesem Zusammenhang ist umstritten, ob die Forderung, zu deren Durchsetzung Prozesskostenhilfe begehrt wird, im Rahmen der Vermögensprüfung grundsätzlich außer Betracht zu bleiben hat (vgl. Kalthoener/Büttner, Prozesskostenhilfe und Beratungshilfe, Rz. 234; Uhlenbruck, InsO, 12. Aufl., § 80 Rz. 77, m.w.N.), oder ob auch die zugesprochene Klageforderung dem in zumutbarer Weise einzusetzenden Vermögen zugerechnet werden kann (vgl. OLG Bamberg v. 23.12.1998 – 2 WF 180/98, FamRZ 1999, 996; MünchKomm/ZPO, 4. Aufl., § 115 Rz. 80). Obwohl vieles für die letztgenannte Auffassung spricht, braucht der Senat diese Frage hier nicht abschließend zu entscheiden.

Aus dem konkreten Verfahren ergibt sich nämlich nicht nur eine Forderung, sondern vielmehr bereits ein Zufluss für die Masse i.H.v. 4.493,94 Euro bei einem Streitwert von unter 17.000 Euro. Bei dieser Sachlage besteht nach Auffassung des Senats kein Anlass, die eingetretene Massemehrung nicht zur Bestreitung der angefallenen Kosten des Rechtsstreits heranzuziehen.

2. Zwar soll Prozesskostenhilfe dazu dienen, dass berechtigte Forderungen auch durch den Insolvenzverwalter durchgesetzt werden können; dieses Ziel wird aber auch dann erreicht, wenn Erlöse aus den hierfür angestrengten Verfahren zur Tilgung der Prozesskosten herangezogen werden. Weder die Gewährung von Prozesskostenhilfe noch eine ordnungsgemäße Insolvenzverwaltung erfordern es, die Masse zu Lasten der Staatskasse zu erhöhen (vgl. OLG Bamberg v. 23.12.1998 – 2 WF 180/98, FamRZ 1999, 996 [997], m.w.N.; insoweit als vertretbar angesehen in BGH, Beschl. v. 21.1.2002 – II ZB 2/01, ZIP 2002, 403; in diese Richtung auch MünchKomm/ZPO, 4. Aufl., § 115 Rz 80).

Berücksichtigt hat der Senat dabei, dass gerade der Rechtsverfolgung durch den Verwalter ein eigenständiges schutzwürdiges Interesse durch das Gesetz über die Prozesskostenhilfe vom 13.7.1980 beigemessen wird (vgl. hierzu BGH v. 27.9.1990 – IX ZR 250/89, MDR 1991, 334 = NJW 1991, 40 = ZIP 1990, 1490). Die Gefahr jedoch, der Verwalter werde die erforderlichen...

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